EMARK - JICRA - GICRA  2003 / 21


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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 21. Juli 2003 i.S. M.M., Belarus

Art. 32 Abs. 2 Bst. c AsylG: Nichteintreten auf ein Asylgesuch wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht.

1. Bei einem vorgesehenen Nichteintretensentscheid ist die Gewährung des rechtlichen Gehörs zwingend. Dies gilt auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob der Asylbewerber sich noch am zugewiesenen Ort aufhält; in diesem Fall ist die Aufforderung zur Stellungnahme an diese letzte bekannte Adresse zuzustellen (Erw. 3e).

2. Eine grobe Verletzung der Mitwirkungspflicht liegt nur bei Verhinderung einer bestimmten, konkret vorgesehenen Verfahrenshandlung vor (Bestätigung der Praxis, vgl. EMARK 2001 Nr. 19, 2000 Nr. 8, 1994 Nr. 15). Allein die Tatsache, dass der Asylbewerber während einer gewissen Zeit nicht am zugewiesenen Aufenthaltsort anzutreffen ist, genügt dazu nicht (Erw. 3b-d).

3. Ist ein Asylbewerber unbekannten Aufenthaltes, ist die zutreffende verfahrensrechtliche Konsequenz nicht ein Nichteintretensentscheid wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht, sondern die Abschreibung des Verfahrens als gegenstandslos (vgl. EMARK 1997 Nr. 8, S. 58) (Erw. 4).

 Art. 32 al. 2 let. c LAsi : non-entrée en matière sur une demande d'asile pour violation de l'obligation de collaborer.

1. Le droit d'être entendu doit impérativement être garanti lorsqu'il est prévu de rendre une décision de non-entrée en matière. Cette garantie demeure même s'il est douteux que le demandeur d'asile réside encore au lieu qui lui a été assigné ; en pareil cas, l'invitation faite au requérant de déposer ses déterminations doit être notifiée à cette adresse en tant que dernière adresse connue (consid. 3e).

2. Une violation grave du devoir de collaborer ne peut être retenue que lorsqu'un acte de procédure déterminé et prévu concrètement n'a pas pu être exécuté (confirmation de jurisprudence : cf. JICRA 2001 n° 19, 2000 n° 8, 1994 n° 15). Le seul fait que le demandeur d'asile n'ait pu être atteint pendant un certain temps au lieu de résidence qui lui a été assigné ne suffit pas à constituer une telle violation (consid. 3b-d).


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3. Le constat que le lieu de résidence du demandeur d'asile est inconnu, débouche, au plan procédural, non pas sur une décision de non-entrée en matière pour violation du devoir de collaborer, mais sur le classement de l'affaire faute d'objet (cf. JICRA 1997 n° 8, p. 58) (consid. 4).

Art. 32 cpv. 2 lett. c LAsi : non entrata nel merito della domanda d'asilo per violazione del dovere di collaborare.

1. L'UFR deve imperativamente tutelare il diritto d'esser sentito del richiedente l'asilo se prevede di pronunciare una decisione di non entrata nel merito della domanda. Questo vale pure se sussistono dubbi sul fatto se il richiedente soggiorni ancora nel luogo di residenza designato. In simile eventualità, l'atto mediante il quale l'UFR concede al ricorrente il diritto d'essere sentito va inviato al suo ultimo indirizzo conosciuto (consid. 3e).

2. Una violazione grave del dovere di collaborare sussiste unicamente se è impedita l'esecuzione di un determinato atto procedurale già concretamente previsto (conferma di giurisprudenza: GICRA 2001 n. 19, 2000 n. 8 e 1994 n. 15). Non costituisce una siffatta violazione, la circostanza che - durante un certo lasso di tempo - il richiedente non possa essere raggiunto presso il luogo di residenza designato (consid. 3b-d).

3. L'irreperibilità del richiedente l'asilo è unicamente motivo di stralcio dai ruoli della causa; non è per contro consentita la pronunzia di una decisione di non entrata nel merito per violazione grave del dovere di collaborare (GICRA 1997 n. 8, pag. 58) (consid. 4).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Der Beschwerdeführer stellte am 2. Januar 2003 ein Asylgesuch. Am 17. Februar 2003 und 17. März 2003 meldete die Leitung des Asylbewerberzentrums X. dem kantonalen Amt für Migration, der Beschwerdeführer halte sich aus unbekannten Gründen nicht mehr in der Unterkunft auf. Beide Male meldete das Zentrum den Rekurrenten nach einer respektive zweieinhalb Wochen wieder beim Amt für Migration an.

Mit Schreiben vom 4. April 2003 teilte das Amt für Migration dem BFF gestützt auf eine entsprechende Meldung des Asylbewerberzentrums X. vom gleichen  


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Tag mit, der Beschwerdeführer halte sich seit längerer Zeit nicht mehr in der zugewiesenen Unterkunft auf und sei unbekannten Aufenthaltes; die Vorladung für den 15. April 2003 habe ihm aber abgegeben werden können. Die kantonale Behörde beantragte der Vorinstanz die Abschreibung des Asylverfahrens.

Das BFF trat mit Verfügung vom 9. April 2003 auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht ein und ordnete unter Entzug der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Beschwerde seine sofortige Wegweisung an.

Mit einer als "Wiedererwägungsgesuch" bezeichneten und an das BFF gerichteten Eingabe vom 8. Mai 2003 beantragte der Beschwerdeführer im Wesentlichen, die Nichteintretensverfügung sei aufzuheben und die aufschiebende Wirkung dieses Gesuchs anzuerkennen.

Das BFF überwies die Eingabe am 11. Juni 2003 zuständigkeitshalber an die ARK (Eingang ARK: 16. Juni 2003), und hielt in einem Begleitschreiben fest, beim "Wiedererwägungsgesuch" handle es sich offensichtlich um eine Beschwerde gegen die Nichteintretensverfügung des BFF vom 9. April 2003.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2003 teilte das kantonale Amt für Migration dem BFF mit, der Beschwerdeführer halte sich seit dem 11. Juni 2003 nicht mehr in der zugewiesenen Unterkunft auf und sei unbekannten Aufenthaltes. Am 13. Juni 2003 setzte das Amt für Migration das BFF davon in Kenntnis, dass der Beschwerdeführer sich wieder in der zugewiesenen Unterkunft aufhalte, weshalb die Meldung vom 12. Juni 2003 hinfällig geworden sei.

Der zuständige Instruktionsrichter der ARK nahm die Eingabe mit Verfügung vom 16. Juni 2003 als frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde gegen die Nichteintretensverfügung des BFF entgegen und hiess das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels mit Verfügung vom 16. Juni 2003 gut.

Am 13. Juni 2003 verfügte das kantonale Amt für Migration die Eingrenzung des Beschwerdeführers auf das Gebiet der Gemeinde Y. mit der Begründung, dieser habe während seiner kurzen Aufenthaltsdauer in der Schweiz zu etlichen polizeilichen Klagen und gerichtlichen Verurteilungen Anlass gegeben. Mit Verfügung vom 23. Juni 2003 versetzte das kantonale Amt für Migration den Beschwerdeführer für die Dauer von drei Monaten in Ausschaffungshaft, welche Anordnung vom kantonalen Verwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Juni 2003 bestätigt wurde.


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Das BFF hielt in seiner Vernehmlassung vom 14. Juli 2003 an seiner Nichteintretensverfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Die ARK heisst die Beschwerde gut, hebt die angefochtene Verfügung auf und weist das BFF an, das Asylverfahren des Beschwerdeführers weiterzuführen.

Aus den Erwägungen:

3. a) Gemäss Art. 32 Abs. 2 Bst. c AsylG wird auf Asylgesuche nicht eingetreten, wenn Asylsuchende ihre Mitwirkungspflicht - auf andere als der in Art. 32 Abs. 2 Bst. a (Nichtabgabe von Identitätspapieren) und b AsylG (Täuschung über die Identität) genannten Weise - schuldhaft grob verletzen.

b) Nach Art. 8 Abs. 3 AsylG müssen sich Asylsuchende, die sich in der Schweiz aufhalten, während des Verfahrens den Behörden von Bund und Kantonen zur Verfügung halten. Sie müssen ihre Adresse und jede Änderung der nach kantonalem Recht zuständigen Behörden des Kantons oder der Gemeinde sofort mitteilen.

Diese Verpflichtung bedeutet nach Praxis der ARK nicht, dass sie sich an der ihnen zugewiesenen Adresse dauernd physisch aufzuhalten haben. Gemäss Art. 12 AsylG müssen sie aber jederzeit über eine Zustelladresse postalisch erreichbar sein (EMARK 1994 Nr. 15, Erw. 6, S. 126).

c) Bei Durchsicht der vorinstanzlichen Akten fällt vorab auf, dass die Begründung der angefochtenen Verfügung die Feststellung enthält, das Aufgebot für die kantonale Anhörung zu den Asylgründen, vorgesehen für den 15. April 2003, habe dem Beschwerdeführer wegen unbekannten Aufenthaltes nicht ausgehändigt werden können. Wie der Beschwerdeführer zu Recht festhält, ist diese Feststellung aktenwidrig: Beide Abwesenheitsmeldungen des Zentrums X. vom 17. Februar 2003 und 17. März 2003 enthalten den - durch Fettschrift und Unterstreichen optisch hervorgehoben - Satz: "Das Aufgebot für die Vorladung für den 15.04.03 konnte abgegeben werden!".

Den Akten ist weiter zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 15. April 2003 ordnungsgemäss zum vorgeladenen Termin beim [kantonalen Amt für Migration] vorsprach. Dieses Amt führte in der Folge nach Erlass der Nichteintretensverfügung nicht eine Asylanhörung, sondern ein "Ausreisegespräch" mit dem Beschwerdeführer durch.


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d) Aus welchem Grund die Verletzung der Mitwirkungspflicht vorliegend als grob (Art. 32 Abs. 2 Bst. c AsylG) zu bezeichnen sei, ergibt sich auch aus der Begründung der angefochtenen Verfügung nicht. Nach Lehre und konstanter, publizierter Praxis der ARK ist eine Verletzung der Mitwirkungspflicht nur dann als "grob" zu qualifizieren, wenn sie sich auf die Verhinderung einer bestimmten, konkret vorgesehenen Verfahrenshandlung bezieht. Die Verunmöglichung einer theoretisch denkbaren Amtshandlung reicht nicht aus (vgl. EMARK 1994 Nr. 15, Erw. 6, S. 126 f., m.w.H.; EMARK 2000 Nr. 8, S. 59 ff., insb. Erw. 5, S. 68 f., zur Frage der Weitergeltung dieser Praxis unter dem 1999 in Kraft getretenen revidierten Asylgesetz).

Eine erhebliche Erschwerung der Abklärungen des Asylverfahrens respektive die Verhinderung einer konkreten Verfahrenshandlung durch den Beschwerdeführer ergibt sich aus den Akten nach dem Gesagten weder im Hinblick auf die Anhörung zu den Asylgründen noch in anderer Hinsicht. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen auf Art. 32 Abs. 2 Bst. c AsylG abgestützten Nichteintretensentscheid waren und sind vorliegend offenkundig nicht erfüllt.

An dieser Feststellung vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer offenbar bereits verschiedentlich deliktisch in Erscheinung getreten ist.

e) Die Vorinstanz führt in ihrer Verfügung vom 9. April 2003 aus, dass dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör im Hinblick auf die Mitwirkungspflichtverletzung nicht habe gewährt werden können, weil dieser unbekannten Aufenthalts gewesen sei und über keinen Rechtsvertreter verfügt habe.

aa) Letztere Feststellung erstaunt insofern, als dem kantonalen Protokoll des "Ausreisegesprächs" vom 15. April 2003 zu entnehmen ist, dass dieser Anhörung neben einer Hilfswerksvertreterin eine "rechtskundige Person, [...]", beiwohnte. Offensichtlich handelt es sich dabei um eine rechtskundige Vertrauensperson im Sinne von Art. 17 Abs. 3 AsylG, die dem Beschwerdeführer infolge dessen Eigenschaft als unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber zugeteilt worden war (vgl. EMARK 1998 Nr. 13, Erw. 4b; 2003 Nr. 1, S. 4 ff.). Der präzise Zeitpunkt dieser Zuteilung ergibt sich aus den der ARK vorliegenden Akten zwar nicht. Der zuständige Kanton ist indessen von Gesetzes wegen verpflichtet, diese Person "unverzüglich" nach der (vorliegend am 17. Januar 2003 verfügten) Zuweisung des minderjährigen Asylsuchenden zu bestimmen; es darf daher vermutet werden, dass die Vertrauensperson des Beschwerdeführers am Tag der Ausfällung der angefochtenen Verfügung, sechs Tage vor der Anhörung vom 15. April 2003, bereits definiert war. Diesfalls wäre die Vertrauensperson einerseits für die Gewährung des rechtlichen Gehörs anzuschreiben gewesen; ande­


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rerseits hätte selbstverständlich auch die angefochtene Verfügung an sie eröffnet werden müssen.

bb) Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör, wie aus der erwähnten Formulierung sowie aus den Akten zu schliessen ist, offenbar bewusst nicht gewährt: sie führt aus, dem Beschwerdeführer habe das rechtliche Gehör entgegen der gesetzlichen Verpflichtung von Art. 36 Abs. 2 AsylG nicht gewährt werden können. Diesbezüglich ist - von der soeben erwähnten Problematik der offenbar unterlassenen Berücksichtigung der Vertrauensperson einmal abgesehen - Folgendes festzustellen:

Das Asylgesetz sieht für Fälle der Unzustellbarkeit von Postsendungen ausdrücklich eine Regelung vor. Nach Art. 12 Abs. 1 AsylG wird eine Zustellung oder Mitteilung an die letzte den Behörden bekannte Adresse von Asylsuchenden nach Ablauf der ordentlichen siebentägigen Abholfrist rechtsgültig, namentlich auch wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt. Nach dieser Bestimmung gilt eine Zustellung oder Mitteilung an die letzte Adresse eines Gesuchstellers als rechtsgültig eröffnet; dies auch dann, wenn der Gesuchsteller die Sendung nicht zur Kenntnis nimmt (vgl. hierzu auch EMARK 1993 Nr. 13, Erw. 3a, S. 82 f., und EMARK 1995 Nr. 3, Erw. 3b, S. 27).

Aus dem Gesagten folgt, dass das BFF gemäss Art. 12 Abs. 1 AsylG den Beschwerdeführer zwecks Gewährung des rechtlichen Gehörs jedenfalls hätte an dessen letztbekannte Adresse anschreiben müssen. Nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist hätte die nach Art. 36 Abs. 2 AsylG vorgeschriebene Gehörsgewährung als fingiert zugestellt gegolten (zum gleichen Ergebnis kam die ARK bereits im Urteil vom 20. März 2001 i.S. M.K., ehemaliges Jugoslawien [unveröffentlichte Erw. 3d des in EMARK 2001 Nr. 19 publizierten Urteils]).

Im Übrigen ist der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass es in der Praxis offenbar durchaus üblich ist, dass (auch) Asylsuchende dafür besorgt sind, bei einem Wechsel ihres Aufenthaltsorts für die Behörden postalisch erreichbar zu bleiben - sei es, dass sie konkret jemanden in der Asylbewerberunterkunft damit beauftragen, ihre Post zu sichten oder weiterzuleiten, sei es dass sie bei der Schweizerischen Post einen Nachsendeauftrag hinterlegen (vgl. auch hierzu das erwähnte Urteil der ARK vom 20. März 2001, EMARK 2001 Nr. 19, Erw. 4a, S. 142). Selbst unter diesem praktischen Gesichtspunkt vermag die Feststellung der Vorinstanz nicht zu überzeugen, dem Beschwerdeführer habe das rechtliche Gehör grundsätzlich nicht gewährt werden können, weil er unbekannten Aufenthalts gewesen sei. Dies vorliegend umso weniger, als der Beschwerdeführer sich jeweils nur für kurze Zeit nicht im Asylbewerberheim aufgehalten hat.


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cc) Auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich nach dem Gesagten als berechtigt.

f) Gemäss Art. 8 Abs. 1 VwVG überweist die Behörde eine Eingabe, für deren Behandlung sie sich als unzuständig erachtet, ohne Verzug an die zuständige Behörde. Diese gesetzliche Verpflichtung zur Eile muss in gesteigertem Masse gelten, wenn es sich bei der konkreten Eingabe um ein Rechtsmittel handelt, dessen aufschiebende Wirkung entzogen worden ist; dies umso mehr, wenn, wie im Asylverfahren, höchste Rechtsgüter betroffen sind und die Ausschaffung eines Asylsuchenden in den behaupteten Verfolgerstaat nach unbenutztem Ablauf der 24-stündigen Frist zur Einreichung eines Gesuchs um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung spezialgesetzlich für zulässig erklärt ist (vgl. Art. 112 Abs. 1 AsylG).

Vorliegend hat der Beschwerdeführer seine Eingabe vom 8. Mai 2003 zwar fälschlicherweise als "Wiedererwägungsgesuch gegen den Entscheid des Bundesamtes für Flüchtlinge vom 9. April 2003" bezeichnet. Angesichts der Form und des Inhalts dieser Eingabe, namentlich der präzise formulierten und, wie oben dargelegt, berechtigten formalen und materiell-rechtlichen Rügen, handelte es sich indessen klarerweise um eine bloss falsch bezeichnete und bei der unzuständigen Behörde eingereichte Verwaltungsbeschwerde, was bezüglich der Wahrung der Rechte des Beschwerdeführers nicht grundsätzlich schadet (vgl. diesbezüglich Art. 8 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 2 VwVG). Erstere Auffassung bestätigt auch die Vorinstanz in ihrer Übermittlungsnotiz vom 11. Juni 2003, wonach die Eingabe vom 8. Mai 2003 "offensichtlich als Beschwerde aufzufassen" sei.

Die erwähnte Notiz enthält keinerlei Anhaltspunkte für die Beantwortung der nahe liegenden Frage, aus welchem Grund die am 9. Mai 2003 beim BFF eingegangene Beschwerde erst viereinhalb Wochen später an die zuständige ARK überwiesen worden ist. Dieses Vorgehen erweckt den Eindruck eines bewussten Zurückhaltens der Beschwerde. Dies umso mehr, als hätte erwartet werden dürfen, dass die Eingabe - bei unterstelltem Realisieren der Dringlichkeit der Sache (erst) am 11. Juni 2003 - der ARK vorab per Telefax zur Kenntnis gebracht worden wäre; vorliegend wurde die Beschwerde mit den Akten per Kurier übermittelt und ging erst am 16. Juni 2003 bei der ARK ein.

Nachdem die angefochtene Verfügung bereits aus andern Gründen aufzuheben ist, kann die Frage nach der diesbezüglichen Motivation der Vorinstanz ebenso offen bleiben, wie diejenige nach denkbaren (rechtlichen) Konsequenzen der erheblich verspäteten Überweisung an die zuständige Behörde.


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4. Zusammenfassend ist nach dem Gesagten festzustellen, dass die Voraussetzungen für einen Nichteintretensentscheid gestützt auf Art. 32 Abs. 2 Bst. c AsylG nicht erfüllt sind. Wenn schon hätte das BFF, wie von der ARK in analogen Konstellationen bereits wiederholt festgestellt, das Asylgesuch als gegenstandslos geworden abschreiben müssen respektive können. Dies im Einklang mit dem korrekten kantonalen Antrag vom 4. April 2003.

Dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Ausfällung einer gleichen Verfügung gestützt auf einen der anderen gesetzlichen Nichteintretensgründe gegeben wären, ergibt sich jedenfalls aus den vorliegenden Asylakten nicht (das für die Bestätigung der Ausschaffungshaft zuständige kantonale Verwaltungsgericht hatte, anders als das BFF, in seinem Urteil vom 24. Juni 2003 die Identität respektive Nationalität sowie die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers in Zweifel gezogen, ohne sich in dieser Frage allerdings abschliessend zu äussern).

Die Beschwerde ist damit gutzuheissen, die angefochtene Verfügung aufzuheben und das BFF anzuweisen, das Asylverfahren des Beschwerdeführers weiterzuführen.

 

 

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© 26.11.03