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Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 2005 i.S. A.A., K.S. und Kinder, Jemen

Art. 7, Art. 8, Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG; Art. 1 AsylV 1; Art. 14a ANAG; Beweismass bezüglich Staatsangehörigkeit; Hinweise auf Verfolgung.

1. Die Staatsangehörigkeit - als Begriffselement der Identität (vgl. EMARK 2004 Nr. 30) - ist auch bei Nichteintretensentscheiden nach dem Beweismass der Glaubhaftigkeit und nicht nach den für die Prüfung von Hinweisen auf Verfolgung geltenden herabgesetzten Beweismassanforderungen zu beurteilen (Erw. 3.).

2. Die Frage der Haltlosigkeit von Hinweisen auf Verfolgung kann im Anwendungsbereich des weiten Verfolgungsbegriffs (vgl. EMARK 2003 Nr. 18) offen bleiben, wenn sich diese Hinweise auf Nachteile beziehen, welche von so geringer Intensität sind, dass sie offensichtlich weder flüchtlings- noch wegweisungsrechtlich bedeutsam sind (Erw. 4).

Art. 7, 8 et 32 al. 2 let. a LAsi ; art. 1 OA 1 ; art. 14a LSEE ; degré de la preuve exigée quant à la nationalité alléguée ; indices de persécutions.

1. En cas de décision de non-entrée en matière, la preuve de la nationalité - composante de l’identité (cf. JICRA 2004 n° 30) - doit s’apprécier selon les critères de vraisemblance retenus par l’art. 7 LAsi ; dans ce cas, le degré de preuve réduit, prévu en matière d’indices de persécutions, ne s’applique pas (consid. 3).

2. Lorsqu’il s’agit d’appliquer la notion de persécution au sens large (JICRA 2003 n° 18), la question du caractère manifestement infondé des indices de persécution peut demeurer indécise, si ces indices se réfèrent à des préjudices d’une intensité si faible qu’ils ne sauraient avoir aucune portée déterminante que ce soit en matière d’asile ou d’exécution du renvoi (consid. 4).


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Art. 7, 8 e 32 cpv. 2 lett. a LAsi; art. 1 OAsi 1; art. 14a LDDS; grado della prova dell’allegata cittadinanza; indizi di persecuzione.

1. Nelle decisioni di non entrata nel merito, la dimostrazione della cittadinanza, quale elemento dell’identità (GICRA 2004 n. 30), va valutata secondo i criteri della verosimiglianza di cui all’art. 7 LAsi. In tal caso, non si applica il grado di prova ridotto previsto in materia d’indizi di persecuzione (consid. 3).

2. Nell’applicazione della nozione di persecuzione in senso lato (GICRA 2003 n. 18), la questione della manifesta inattendibilità degli indizi di persecuzione può rimanere indecisa allorquando siffatti indizi si riferiscono a pregiudizi di un’intensità talmente esigua da non rivestire alcuna rilevanza né dal profilo della qualità di rifugiato né da quello dell’esecuzione dell’allontanamento (consid. 4).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Zur Begründung ihres am 10. September 2003 eingereichten Asylgesuchs machten der Beschwerdeführer und die Beschwerdeführerin geltend, sie stammten beide von einem Somali und einer Jemenitin ab und seien daher somalische Staatsbürger. Sie hätten beide seit ihrer Geburt in Aden im Jemen gewohnt, wo der Beschwerdeführer einen kleinen Laden betrieben und die Beschwerdeführerin als Hausfrau gewirkt habe. Sie seien ethnische Araber und würden beide ausschliesslich Arabisch sprechen. Der Beschwerdeführer habe die Schule in Aden bis zur neunten Klasse besucht, während die Beschwerdeführerin keine Schulbildung genossen habe und Analphabetin sei. Mehrere Versuche, die jemenitische Staatsbürgerschaft zu erlangen, seien gescheitert. Sie hätten sich nie ausserhalb Jemens aufgehalten, insbesondere nicht in ihrem angeblichen Heimatland Somalia. Identitätspapiere hätten sie nie besessen.

Zu ihren Fluchtgründen befragt, führten sie aus, sie seien von der Polizei aus ihrem Haus vertrieben worden, da dieses im Hinblick auf den Bau einer neuen Strasse hätte eingerissen werden sollen. Einsprachen hätten nichts genützt, und eine Wohnalternative habe sich nicht angeboten. So wären sie gezwungen gewesen, mit ihren Kindern als Obdachlose auf der Strasse zu leben. Im Übrigen fürchte der Beschwerdeführer, dass seine Söhne von den zahllosen religiösen Gruppierungen, die in Jemen tätig seien, rekrutiert würden. Zur Untermauerung ihrer Ausführungen reichten die Beschwerdeführer diverse Dokumente ein.


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Das Bundesamt trat mit Verfügung vom 21. September 2004 gestützt auf Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG nicht auf die Asylgesuche der Beschwerdeführer ein und ordnete die Wegweisung und deren Vollzug an. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführer hätten innerhalb von 48 Stunden nach Stellen des Asylgesuchs keine Identitätspapiere vorgelegt. Hierfür hätten sie keine entschuldbaren Gründe vorgebracht, da aufgrund ihrer Aussagen und den Erkenntnissen des Bundesamtes davon ausgegangen werden müsse, sie seien nicht somalische, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach jemenitische Staatsbürger. In Jemen seien keine Hinweise auf Verfolgung auszumachen, die Vorbringen der Beschwerdeführer seien offensichtlich unglaubhaft. Schliesslich seien auch keine Wegweisungshindernisse ersichtlich.

Auf Beschwerdeebene beantragten die Beschwerdeführer neben der Aufhebung des Nichteintretensentscheides eine Abklärung zu ihrer allfälligen Staatenlosigkeit.

Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

3.

3.1. Asylsuchende sind im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht gemäss Art. 8 Abs. 1 Bst. a AsylG gehalten, ihre Identität offen zu legen. Die Staatsanghörigkeit fällt als Begriffselement der Identität im Sinne von Art. 1 Bst. a AsylV 1 unter diese Offenlegungspflicht. Sie muss in jedem Asylverfahren erstellt werden. Dies ergibt sich einerseits aus der systematischen Stellung von Art. 8 AsylG und andererseits aus dem Zweck des Asylverfahrens, das der Ermittlung von Verfolgung beziehungsweise von Wegweisungshindernissen mit Bezug auf einen konkreten Heimatstaat dient. Ein Asylverfahren kann nicht sinnvoll geführt werden, wenn die Asylsuchenden ihre Staatsangehörigkeit nicht offen legen.

Die ARK hatte in EMARK 2004 Nr. 30 Gelegenheit, sich anhand eines anderen Begriffselementes der Identität im Sinne von Art. 1 Bst. a AsylV 1 - des Alters - ausführlich mit Beweislast, Beweisführungspflicht und Beweismass im Rahmen der Offenlegungspflicht nach Art. 8 Abs. 1 Bst. a AsylG auseinanderzusetzen. Sie hat im Wesentlichen festgehalten, nach Art. 12 VwVG i.V.m. Art. 6 AsylG obliege es grundsätzlich der zuständigen Behörde, den Sachverhalt von Amtes wegen zu erstellen. Dieser Grundsatz finde indessen in der Mitwirkungspflicht nach Art. 8 AsylG seine Grenze. Der Mitwirkungspflicht komme bei der Erstellung von Tatsachen, bezüglich derer die Asylsuchenden über bessere Kenntnisse verfügten als die Behörde, naturgemäss ein besonderes Gewicht zu, so


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dass in diesen Bereichen die Asylsuchenden die Folgen der Beweislosigkeit zu ihren Lasten zu tragen hätten. Das anzuwendende Beweismass richte sich nach der allgemeinen Regel von Art. 7 AsylG, selbst wenn das erstinstanzliche Verfahren mit einem Nichteintretensentscheid abgeschlossen werde. Es müsse daher weder der strikte Beweis geführt werden noch genügten blosse Hinweise auf bestimmte Identitätsmerkmale, sondern diese müssten glaubhaft gemacht werden. Bei Fehlen von Identitätspapieren - sollten solche vorliegen, müsste die Identität in der Regel als bewiesen anerkannt werden und die vorliegend interessierenden Fragen würden sich so nicht stellen - seien nach der zitierten Rechtsprechung, die sich auf das Identitätsmerkmal des Alters bezog, in erster Linie die Aussagen der Asylsuchenden als Beweismittel zu berücksichtigen, da von den übrigen in Art. 12 VwVG genannten Beweismitteln in der Regel keine verwertbaren Erkenntnisse erwartet werden könnten. Würden die Aussagen der Asylsuchenden bezweifelt, obliege es der Behörde, durch gezielte Fragen die wahre Identität zu ermitteln oder aber die anfänglichen Zweifel zu fundieren. Sie könne im Rahmen dieser Glaubhaftigkeitsprüfung auch Vorbringen werten, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem angezweifelten Identitätsmerkmal stünden, die Glaubhaftigkeit der diesbezüglichen Aussagen indessen beeinflussen könnten (vgl. ausführlich EMARK 2004 Nr. 30).

Mit Bezug auf die Staatsangehörigkeit sind die Grundsätze, die der dargelegten Rechtsprechung zugrunde liegen, insofern anwendbar, als ein Identitätsmerkmal zu erstellen ist, von dem die Asylsuchenden bessere Kenntnis haben als die Behörden und über das - bei Fehlen von Identitätspapieren - keines der in Art. 12 VwVG genannten Beweismittel Erkenntnisgewinn verspricht, ausser den Auskünften der Asylsuchenden selbst (Art. 12 Bst. b VwVG). Insbesondere der Augenschein (Art. 12 Bst. d VwVG) oder Auskünfte von Drittpersonen (Art. 12 Bst. c VwVG) - wie beispielsweise Gutachten der Fachstelle Lingua (vgl. EMARK 1998 Nr. 34) - sind, wenn überhaupt, bloss in einem sehr beschränkten Rahmen geeignet, die Staatsangehörigkeit zu ermitteln. Dies gilt insbesondere, wenn wie im vorliegenden Fall die Asylsuchenden nicht geltend machen, in ihrem Heimatstaat sozialisiert worden zu sein (vgl. EMARK 2004 Nr. 4).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es den Asylsuchenden obliegt, ihre Staatsangehörigkeit offen zu legen. Sie tragen die Folgen der Beweislosigkeit, wobei nicht der strikte Beweis erforderlich ist, sondern die Glaubhaftmachung ausreicht. Hat die Behörde Zweifel an den Aussagen der Asylsuchenden zu ihrer Staatsangehörigkeit, hat sie diese durch gezielte Fragen zu ermitteln oder, wenn dies nicht gelingt, die Zweifel zu fundieren.

3.2. Vorliegend bezweifelte die Vorinstanz die Behauptung der Beschwerdeführer, sie seien somalische Staatsangehörige. Zur Begründung führte sie im We-


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sentlichen aus, ausser dieser Behauptung gebe es keinerlei Hinweise auf ihre somalische Herkunft beziehungsweise Staatsbürgerschaft, während andererseits zahlreiche Indizien gegen die Glaubhaftigkeit dieser Behauptung auszumachen seien. So sei es realitätsfremd anzunehmen, dass der Beschwerdeführer achtundzwanzig Jahre lang mit seinem somalischen Vater im selben Haushalt gelebt habe, ohne dass ihm wenigstens die Grundzüge der somalischen Sprache, seiner Clanzugehörigkeit, der somalischen Geografie oder Gesellschaft vermittelt worden wären. Dieser Umstand sei umso bemerkenswerter, als nach Erkenntnissen des Bundesamtes Somalier im Ausland grossen Wert auf Kontakt mit Landsleuten legten und ihre Bräuche pflegten. Darüber hinaus sei das Vorbringen der Beschwerdeführer, sie hätten sich vergeblich um die jemenitische Staatsbürgerschaft bemüht, angesichts der jemenitischen Gesetze über den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht nachvollziehbar. Als ethnische Araber und als Kinder jemenitischer Mütter, die ihr ganzes Leben im Jemen verbracht hätten, hätten sie Anspruch auf die Staatsbürgerschaft. Schliesslich unterstütze die Schilderung des Reisewegs die Annahme, sie seien Jemeniten. Die Beschwerdeführer hätten nämlich dargelegt, sie seien ohne Problem mit gefälschten jemenitischen Pässen nach Europa gelangt.

3.3. [Die ARK kommt zum Schluss, dass die von den Beschwerdeführern eingereichten Beweismittel deren Staatsangehörigkeit nicht zu beweisen vermögen.]

3.4. Die Abklärungen der Vorinstanz genügen den eingangs (Erw. 3.1.) dargelegten Kriterien, wie sie sich aus der Rechtsprechung der ARK (EMARK 2004 Nr. 30) ergeben. Anlässlich der Befragungen in der Empfangsstelle und durch die kantonalen Behörden wurden die Beschwerdeführer wiederholt und gezielt zu ihrem angeblichen Heimatstaat befragt. Aufgrund der auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse teilt die ARK die Zweifel der Vorinstanz. Die Beschwerdeführer haben keine noch so rudimentären Kenntnisse der somalischen Sprache. Das Clanwesen ist ihnen nicht nur mit Bezug auf die eigene Zugehörigkeit, sondern auch als allgemeine gesellschaftliche Realität in Somalia fremd. Allgemein scheinen sie - abgesehen von der Feststellung, Somalia sei ein muslimisches Land, in dem Krieg herrsche - keine Kenntnisse von ihrem angeblichen Heimatstaat zu haben.

Selbst wenn anerkannt wird, dass die Beschwerdeführer ihr ganzes Leben in Jemen verbracht haben, ist dieses absolute Fehlen von Kenntnissen über die ursprüngliche Heimat nicht mit den übrigen Vorbringen der Beschwerdeführer in Einklang zu bringen. Der Beschwerdeführer führte nämlich zunächst aus, sein Vater, der somalische Elternteil, sei im Jahr 1997 gestorben, nachdem er zuletzt bei ihm gewohnt habe. Angesichts einer solch engen Beziehung ist es nicht nachvollziehbar, dass der Vater dem Beschwerdeführer weder einzelne Worte in


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der somalischen Sprache noch wenigstens rudimentäre Kenntnisse von seiner Herkunft vermittelt haben soll. Weiter machte er im Zusammenhang mit seinen Fluchtgründen geltend, er sei als Somalier Angehöriger einer rechtlosen Minderheit gewesen. In diesem Zusammenhang ist in Erinnerung zu rufen, dass sich die Beschwerdeführer als ethnische Araber beschrieben und arabischer Muttersprache sind. Sie unterscheiden sich somit äusserlich nicht von der jemenitischen Bevölkerung. Wenn sie trotzdem als Somalier wahrgenommen worden wären, wäre dies aufgrund ihres gesellschaftlichen Umfelds geschehen. Die Zugehörigkeit zu einer benachteiligten Minderheit hätte die Beschwerdeführer indessen prägen müssen. Es ist nicht vorstellbar, dass sie sich ihr ganzes Leben lang unter Somaliern in der Diaspora bewegt haben sollen, ohne auch nur ein Grusswort oder den Namen eines typischen Gerichts gelernt zu haben.

Angesichts dieser Überlegungen hält die ARK das Vorbringen der Beschwerdeführer, sie stammten von somalischen Vätern ab, für unglaubhaft. Der Vorinstanz ist beizupflichten, wenn sie feststellt, es sei davon auszugehen, die Beschwerdeführer besässen die somalische Staatsbürgerschaft nicht.

3.5. Des Weiteren sieht die ARK keinen Anlass zu zweifeln, dass die Beschwerdeführer die jemenitische Staatsbürgerschaft besitzen, was bereits von der Vorinstanz als Vermutung geäussert wurde, aufgrund derer sie sowohl die Hinweise auf Verfolgung als auch die Wegweisungshindernisse mit Bezug auf diesen Staat geprüft hat. Die Aussagen der Beschwerdeführer, sie hätten ihr ganzes Leben in Jemen gewohnt und im Falle des Beschwerdeführers dort gearbeitet und die Schulen besucht, sind grundsätzlich glaubhaft. Ebenso ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die geschilderte problemlose Flugreise von Jemen nach Europa mit echten jemenitischen Pässen plausibler ist als mit gefälschten. Schliesslich teilen die Beschwerdeführer Ethnie und Sprache mit der überwiegenden Mehrheit der jemenitischen Staatsanghörigen. Unter diesen Bedingungen besteht kein Anlass, eine unbekannte andere Staatsangehörigkeit in Betracht zu ziehen. Im Folgenden werden die Vorbringen der Beschwerdeführer somit unter der Annahme, sie seien jemenitische Staatsangehörige, geprüft.

3.6. Nach dem Gesagten bleibt auf der Grundlage der bestehenden Aktenlage kein Raum für die Ansicht der Beschwerdeführer, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie weder in Somalia noch im Jemen noch in einem Drittstaat Anspruch auf Anerkennung als Staatsbürger hätten und daher staatenlos seien. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass nach Art. 3 AsylG im Falle von Staatenlosen Verfolgung durch jenen Staat zu prüfen ist, in dem die Betroffenen zuletzt wohnten. Die Vorbringen der Beschwerdeführer wären somit ohnehin mit Bezug auf Jemen zu prüfen.


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4.

4.1. Auf Asylgesuche wird in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG nicht eingetreten, wenn die betroffene Person innerhalb von 48 Stunden nach Einreichen des Asylgesuchs keine Identitätspapiere einreicht, es sei denn, sie sei hierzu aus entschuldbaren Gründen nicht in der Lage oder es ergäben sich Hinweise auf eine Verfolgung, die nicht offensichtlich haltlos sind.

4.2. Die Beschwerdeführer haben keine Identitätspapiere zu den Akten gereicht.

4.3. Wie bereits ausgeführt, müssen die Angaben der Beschwerdeführer dazu, weshalb sie keine Identitätspapiere abgeben könnten - sie seien somalischer Staatsangehörigkeit, in Jemen sei ihnen die Staatsangehörigkeit verweigert worden - als unglaubhaft gelten (vgl. ausführlich oben Erw. 3.2. - 3.5.). Bei dieser Sachlage ist das Bundesamt somit zu Recht davon ausgegangen, es bestünden keine entschuldbaren Gründe für die Nichteinreichung von Identitätsdokumenten.

4.4. Im Anwendungsbereich von Art. 32 Abs. 2 Bst. a AsylG ist ein weiter Verfolgungsbegriff zu prüfen, der neben flüchtlingsrechtlich relevanten Nachteilen im Sinne von Art. 3 AsylG auch Wegweisungshindernisse umfasst, sofern diese von Menschenhand geschaffen wurden (vgl. EMARK 2004 Nr. 5 und die dort zitierten Entscheide).

Die Beschwerdeführer machen geltend, die örtlichen Behörden hätten ihr Haus enteignet und sie gezwungen auszuziehen, weil eine neue Strasse durch das Quartier habe errichtet werden sollen. Der Beschwerdeführer habe einen Anwalt mit der Wahrung seiner diesbezüglichen Interessen beauftragt. Die Beschwerdeführer hätten Obdachlosigkeit und soziale Ächtung fürchten müssen und seien deshalb geflohen. Vorliegend kann offen bleiben, ob dieses Vorbringen glaubhaft ist, denn die geltend gemachten Nachteile sind von so geringer Intensität, dass sie weder unter dem Titel der Flüchtlingseigenschaft noch unter dem Titel der Unzumutbarkeit oder Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs Bedeutung erlangen können. Der Beschwerdeführer hätte die Bedrohung von sich und seiner Familie abwenden können, indem er sich um ein neues Haus gekümmert hätte. Dies hätte - insbesondere, wenn er mit seiner Beschwerde beziehungsweise Klage auf Ersatz des Wertes seines Hauses unterlegen wäre - zweifelsohne finanzielle Konsequenzen gehabt. Solche sind indessen auch unter dem weiten Verfolgungsbegriff nur dann von Bedeutung, wenn sie einer konkreten Gefährdung im Sinne von Art. 14a Abs. 4 ANAG gleichkommen. Dies kann vorliegend ausgeschlossen werden, da davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer mit seinem Laden ein regelmässiges Einkommen erzielte.


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Schliesslich ist die mögliche Rekrutierung der Söhne durch Islamisten nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu befürchten und genügt auch bezüglich der Intensität den relevanten Erfordernissen offensichtlich nicht.

4.5. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschwerdeführer ohne entschuldbaren Grund keine Identitätspapiere einreichten und sich keine Hinweise auf Verfolgung ergeben haben. Die Vorinstanz ist zu Recht nicht auf die Asylgesuche eingetreten.

 

 

 

 

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