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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 3. Juni 1999 i.S. N.U., Sri Lanka

[English Summary]

Art. 3 und 22 KRK (vgl. auch Art. 17 Abs. 3 nAsylG), Art. 14 Abs. 4 ANAG: Begriff des unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden; Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs eines Minderjährigen nach Sri Lanka.

  1. Befindet sich ein Elternteil oder eine erziehungsberechtigte Person eines Minderjährigen in der Schweiz, besteht für das BFF keine Pflicht, diesem für die Dauer des Verfahrens eine rechtskundige Person beizugeben (Erw. 4a).

  2. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Rückkehr des Minderjährigen kann mitberücksichtigt werden, dass es den im Heimatland verbliebenen Angehörigen nach den Umständen zuzumuten ist, ihren Wohnsitz landesintern an einen sicheren Ort zu verlegen und dort ihr minderjähriges Familienmitglied bei sich aufzunehmen (Erw. 6f dd).

Art. 3 et 22 Conv. droits enfant (cf. art. 17, al. 3 nouvelle LAsi), art. 14, al. 4 LSEE ; définition du demandeur d’asile mineur non accompagné, exigibilité de l’exécution du renvoi d’un mineur au Sri Lanka.

  1. Lorsqu’un mineur a, en Suisse, un de ses parents ou une personne chargée de son éducation, il n’y a aucune obligation pour l’ODR de lui désigner, pour la durée de la procédure, une personne au bénéfice de connaissances juridiques particulières (consid. 4a).

  2. Le renvoi d’un mineur est réputé exigible lorsque, d’après les circonstances, on peut exiger de proches parents restés au pays qu’ils transfèrent leur domicile à l’intérieur du territoire national en un lieu sûr où ils pourront accueillir l’enfant (consid. 6f dd).


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Art. 3 e 22 Conv. diritti del fanciullo (vedi anche nuovo art. 17 cpv. 3 LAsi), art. 14 cpv. 4 LDDS: nozione di minorenne non accompagnato; esigibilità dell’esecuzione dell’allontanamento di un minorenne verso lo Sri-Lanka.

  1. Allorquando un genitore, o una persona incaricata dell’educazione del richiedente l’asilo minorenne, si trova in Svizzera, non sussiste obbligo alcuno per l’UFR di nominare al minorenne medesimo un consulente giuridico per tutta la durata della procedura (consid. 4a).

  2. Il rinvio di un minorenne è esigibile allorquando, tenuto conto delle circostanze del caso, si possa esigere dai familiari restati nel Paese che abbiano a trasferirsi in un luogo sicuro all’interno del territorio nazionale ove accogliere il fanciullo (consid. 6f dd).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Die Beschwerdeführerin verliess ihren Heimatstaat im Juli 1998 im Alter von 15 ½ Jahren und stellte am 30. Juli 1998 in der Schweiz ein Asylgesuch. Am 7. Oktober 1998 fand die kantonale Anhörung statt. Nach ihren Ausreisegründen gefragt, gab sie an, bereits ihr Vater, der seit 1991 in der Schweiz sei, sei für die EPRLF (Eelam People Revolutionary Liberation Front) tätig gewesen. Die EPRLF habe sie auf die Sympathien ihres Vaters für diese Gruppierung angesprochen und seit 1996 beziehungsweise 1997 auch ihren Beitritt verlangt. Zudem hätten die "Tiger", welche ihrer ganzen Familie in den Jahren 1992 bis 1994 ebenfalls Probleme gemacht hätten, nicht gewollt, dass sie die EPRLF unterstütze. Diese hätten sie auf der Strasse bedroht und gesagt, sie würden wegen der EPRLF-Unterstützung des Vaters die ganze Familie ins Gefängnis stecken. Auch die "Tiger" hätten ihren Beitritt verlangt. Nach ihrer Befürchtung im Falle einer Rückkehr nach Sri Lanka gefragt, gab die Beschwerdeführerin an, sie habe Angst, wegen ihrer Weigerung, der EPRLF beizutreten, von deren Anhängern erschossen zu werden.

Mit Verfügung vom 12. November 1998 lehnte das BFF das Asylgesuch der Beschwerdeführerin ab und verfügte deren Wegweisung aus der Schweiz. Den Wegweisungsvollzug erklärte es als zulässig, zumutbar und möglich. Den ablehnenden Asylentscheid begründete das BFF damit, dass die Vorbringen der Beschwerdeführerin mangels Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht sowie mangels Intensität die Anforderungen an die Asylrelevanz nicht zu erfüllen vermöchten. Hinsichtlich des Wegweisungsvollzugs hielt die Vorin-


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stanz fest, die Beschwerdeführerin könne aus der KRK nichts für sich ableiten. So enthalte Art. 22 KRK bloss Programmsätze, wonach die Staaten verpflichtet seien, einerseits im Rahmen des innerstaatlichen Rechts die geeigneten Massnahmen zu treffen und andererseits an den internationalen Bemühungen mitzuarbeiten, um die familiären Beziehungen dieser Personen zu bestimmen. In diesem Zusammenhang sei der Vollzug nur dann unzulässig, wenn er auf einer Bestimmung des schweizerischen Rechts oder einer Behördenpraxis beruhe, die mit allgemeinen Richtlinien der KRK, namentlich Art. 22, nicht vereinbar sei. Die Behörden seien folglich gehalten, die Tragweite der erwähnten Verpflichtungen im innerstaatlichen Recht zu konkretisieren. Zum einen seien diese Verpflichtungen gegenwärtig im Rahmen gewisser gesetzlicher und reglementarischer Normen im Ausländerrecht präzisiert; im ZGB sei sodann der Schutz der ausländischen Minderjährigen während ihres Aufenthaltes in der Schweiz geregelt. Diese Bestimmungen genügten bereits den internationalen Verpflichtungen der Schweiz. Gestützt auf diese Ausführungen erweise sich der Vollzug der Wegweisung als zulässig. Die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs betreffend hielt die Vorinstanz fest, in Gebieten des Nordens und Ostens Sri Lankas würden zwar kriegsähnliche Zustände herrschen, wodurch eine Niederlassung der Beschwerdeführerin in diesen Gebieten erschwert sei. Gestützt auf die Niederlassungsfreiheit könne sie sich jedoch in den von den Auseinandersetzungen nicht betroffenen Teilen ihres Heimatlandes aufhalten, weshalb vom Vorhandensein einer innerstaatlichen Wohnsitzalternative auszugehen sei. Ferner ergäben sich aus der Aktenlage keine Hinweise auf eine existenzbedrohende Situation. Auch der Umstand der Minderjährigkeit spreche nicht gegen die Zumutbarkeit des Vollzugs, würden sich doch noch die Mutter und die Brüder an der früheren Adresse aufhalten und könne sie somit mit diesen in Kontakt treten. Da sie dort auch noch über Grosseltern verfüge, könne von einem tragfähigen Beziehungsnetz für die Gesuchstellerin ausgegangen werden. Nachdem die Mutter ihre Tochter nach Colombo gebracht habe, sei sie auch in der Lage, diese wieder nach Hause zu bringen. Somit könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin zu ihrer Familie zurückkehren könne.

Mit Eingabe vom 5. Januar 1999 beantragt die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertreterin den Verzicht auf den Vollzug der Wegweisung, die Feststellung der Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs und die Anordnung der vorläufigen Aufnahme.

Das BFF beantragt in seiner Vernehmlassung vom 3. Februar 1999 die Abweisung der Beschwerde.


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Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

4. a) Die ARK hat in einem Grundsatzurteil vom 31. Juli 1998 (vgl. EMARK 1998, Nr. 13) festgelegt, dass unbegleitete Minderjährige spätestens im Zeitpunkt der Anhörung durch die kantonale Behörde durch eine von der zuständigen Behörden zu ernennende rechtskundige Person vertreten sein müssen, falls ihnen kein Vormund oder Vertretungsbeistand ernannt worden ist und sie nicht selbst eine rechtskundige Person zur Wahrung der Interessen beauftragt haben. Gemäss diesem Urteil gilt ein Minderjähriger als unbegleitet, wenn er ohne einen gesetzlichen Vertreter (mindestens ein Elternteil oder eine andere erziehungsberechtigte Person) in die Schweiz gelangt beziehungsweise wenn er infolge Verhinderung des Elternteils oder Erziehungsberechtigten an der gesetzlichen Vertretung gemäss Art. 368 ZGB unter Vormundschaft oder gemäss Art. 392 Ziff. 3 ZGB unter Vertretungsbeistandschaft gestellt werden müsste.

Den Akten sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, wonach der Vater der Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen wäre, im Rahmen des Asylverfahrens als gesetzlicher Vertreter zu handeln. Die Beschwerdeführerin wurde mit Zuweisungsentscheid vom 4. August 1998 dem Aufenthaltskanton ihres Vaters zugewiesen und ist seither bei diesem in B. wohnhaft. Der Erhalt der Vorladung zur kantonalen Anhörung wurde sowohl vom Vater als auch von der Tochter schriftlich bestätigt. Zwar ist den Akten nicht zu entnehmen, dass der Vater der Beschwerdeführerin der Anhörung beigewohnt (...) oder ihr jemanden zur Seite gestellt hätte. Nichtsdestotrotz kann daraus nicht geschlossen werden, er sei in der Wahrnehmung seiner Verantwortung verhindert gewesen. Entscheidend ist allein, dass die Beschwerdeführerin über eine erziehungsberechtigte Person verfügt, die in der Lage ist, für ein der Reife des Kindes adäquates Vorgehen und allenfalls für eine gewillkürte Vertretung zu sorgen. Dieser steht es somit frei zu entscheiden, ob auf eine Begleitung zur Anhörung verzichtet werden könne oder nicht.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin nicht als unbegleitete Minderjährige im Sinne des Grundsatzentscheides (EMARK 1998 Nr. 13) betrachtet werden kann, weshalb das BFF nicht verpflichtet war, ihr für das Verfahren eine rechtskundige Person beizuordnen. Die Beschwerdeführerin hat folgerichtig auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht.


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5. a) Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Eingabe im Wesentlichen geltend, sie sei von ihrer Familie weggeschickt worden, weil ihr Leben auch im Familienverband nicht mehr sicher gewesen sei. Die Familie könne sie nicht schützen und sie wisse auch nicht, ob sie diese in M. noch antreffen würde. Es sei anzunehmen, dass ihre Brüder auch bald ins Alter kämen, in welchem sie sich ausserhalb Sri Lankas in Sicherheit bringen müssten. Die Beschwerdeführerin könne sich auch nicht allein in Colombo, wo sie keine Angehörigen habe, aufhalten, dies sei physisch und im Rahmen der hinduistischen tamilischen Kultur undenkbar. Die Einschätzung der Lage durch das BFF sei sehr verharmlosend und sei zum Teil diametral verschieden von derjenigen gewichtiger Organisationen. Es sei nicht vorstellbar, dass die srilankischen Behörden das UNHCR oder die Schweizerische Vertretung informieren würden, wenn sie einer Person Schlechtes zufügen wollten. Wenn sich Rückkehrer nicht melden würden, heisse dies nicht, dass sie keine Probleme hätten. Ein Rückkehrer habe nur dann die Möglichkeit, sich in Sri Lanka ein neues Leben aufzubauen, wenn er in Colombo ein soziales Netz habe. Ohne dies wären Rückkehrer gezwungen, sich in ein Flüchtlingslager zu begeben, womit die Rückkehr unzumutbar wäre. Die wachsenden Sicherheitsmassnahmen brächten die zivile (tamilische) Bevölkerung in immer grössere Not. Die Überprüfung der Vorgehensweise der Sicherheitskräfte, welche von Willkür gekennzeichnet sei, gestalte sich schwierig. Es sei auch schwierig, eine Wohnung zu finden, zumal Lodge-Besitzer angewiesen worden seien, nicht mehr an Tamilen zu vermieten, die jünger als 35 Jahre alt seien. Zudem dürften Rückkehrer keine Arbeit finden. Zahlreiche Menschenrechtler hätten berichtet, dass eine "substanzielle Anzahl von Personen" über längere Zeit inhaftiert worden sei. Es gehe darum, junge tamilische Personen bewusst ihrer Menschenrechte zu berauben. Die Vorgehensweise der Sicherheitskräfte schränke auch das in der Verfassung garantierte Recht auf freie Wahl des Wohnortes erheblich ein. Insbesondere sei eine innerstaatliche Fluchtalternative für einzelne Flüchtlinge oder für kleine Familien schwierig bis unmöglich. Für Rückkehrer sei es momentan nicht ohne Weiteres möglich, ihren Wohnsitz dauerhaft in Colombo zu begründen. Eine Rückführung ohne gültigen Personalausweis stehe nicht im Einklang mit den Empfehlungen des UNHCR. Die tamilische Bevölkerung sei auch in Bezug auf die staatlichen Wohlfahrtsmassnahmen klar benachteiligt. Es sei für Tamilen schwierig, soziale Unterstützung zu erhalten. Die Beschwerdeführerin verweist auf verschiedene Quellen, die ihre Ausführungen belegen würden. Die Beschwerdeinstanz sei gehalten, die oben erwähnten, sorgfältig recherchierten Berichte bei der Beurteilung von Beschwerden nicht einfach zu ignorieren. Obwohl sich das BFF und der Bundesrat auf das UNHCR berufen würden, erachte dieses eine Rückkehr nach Colombo nur unter bestimmten Voraussetzungen als möglich. 


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Gemäss einem Bericht des UNO-Berichterstatters könnten länger andauernde Inhaftierungen ohne Gerichtsverfahren angeordnet werden. Die 1996 etablierte Menschenrechtskommission sei noch nicht funktionsfähig und könne Übergriffe der Sicherheitskräfte nicht verhindern. Nachdem die srilankische Präsidentin Verhandlungen mit der LTTE abgelehnt und den Ausnahmezustand über das ganze Land verhängt habe, sei jeder Tamile ohne gültige Aufenthaltspapiere potentiell gefährdet.

b) Das BFF führt in seiner Vernehmlassung aus, dass die minderjährige Beschwerdeführerin über die Mutter und weitere Verwandte im Norden des Landes verfüge. Bei dieser Konstellation sei davon auszugehen, dass diese die Verantwortung für die minderjährige Beschwerdeführerin wahrnehmen und sie nach der Ankunft in Colombo abholen würden. Falls sie nicht in den Norden oder Osten des Landes zurückkehren wollten, sei es ihnen zuzumuten, den Wohnsitz in den Süden zu verlegen. Zudem könne eine minderjährige Person bei einer Rückkehr nach Sri Lanka im Rot-Kreuz-Heim in Colombo untergebracht und betreut werden, bis sie von den Eltern oder Verwandten abgeholt werde. Der in der Regel zeitlich befristete Aufenthalt von Rückkehrern im Heim könne bei Minderjährigen verlängert werden.

6. (...) [Wiedergabe der Praxis der ARK betreffend Abklärungen im Heimatland; vgl. EMARK 1998 Nr. 13, Erw. 5 e.bb, S. 99 f. und 1999 Nr. 2, Erw. 6 b-c, S. 12 f.]

f) aa) Vorliegend hat das BFF den Vollzug der Wegweisung als zumutbar bezeichnet, wobei es in der angefochtenen Verfügung erst ausführte, die Beschwerdeführerin verfüge in M. über ihre Mutter, Brüder und Grosseltern und es sei der Mutter zuzumuten, ihre Tochter in Colombo abzuholen und wieder nach Hause zu bringen. Den Einwänden in der Beschwerdeschrift Rechnung tragend, führte die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung sodann aus, der Verwandtschaft der Rekurrentin, von welcher erwartet werden dürfe, dass sie die Verantwortung wahrnehme, sei zuzumuten, ihren Wohnsitz in den Süden des Landes zu verlegen, wolle sie nicht mehr in den Norden oder Osten des Landes zurückkehren.

bb) Die heute 16 ½-jährige Beschwerdeführerin ist bei ihrer Familie, die seit der Ausreise ihres Vaters in die Schweiz vor acht Jahren aus der Mutter und zwei jüngeren Brüdern bestand, im Norden Sri Lankas im Dorf M. aufgewachsen und hat dort bis im Juli 1998 die Primar- und Sekundarschule besucht. Weder aus den Akten der Beschwerdeführerin noch denjenigen ihres


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Vaters geht hervor, dass sie im Süden Sri Lankas Verwandte oder Bekannte hat. Die Mutter, die die Beschwerdeführerin nach Colombo begleitete, ist den Angaben der Beschwerdeführerin zufolge inzwischen wieder nach M. zu ihren minderjährigen Söhnen zurückgekehrt.

cc) Was die allgemeine Situation in Sri Lanka betrifft, kann zunächst auf die ständige Praxis der ARK verwiesen werden (vgl. EMARK 1994 Nr. 3, S. 21 f., Nr. 19 und 20, S. 145 ff. sowie 1998 Nr. 23, S. 196 ff.). Danach gilt eine Rückführung abgewiesener Asylgesuchsteller aus Sri Lanka in die Nordprovinz ihres Heimatlandes als unzumutbar - und nicht etwa nur "erschwert", wie das BFF in der angefochtenen Verfügung in Verkennung der geltenden Praxis geschrieben hat. Die ARK geht indessen davon aus, dass Tamilen aus dem Norden in den südlicheren Provinzen, insbesondere im Grossraum Colombo in der Regel eine zumutbare Aufenthaltsalternative zur Verfügung steht. Die von der Beschwerdeführerin zitierten Berichte werden von der ARK bei der Beurteilung der Lage in Sri Lanka nicht ignoriert, hingegen zieht die ARK aus dem gesamten ihr vorliegenden Material andere Schlüsse als die Beschwerdeführerin (vgl. EMARK 1998 Nr. 23).

dd) Aus den bisherigen Ausführungen wird klar, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführerin zu der im Heimatland verbliebenen Mutter und den jüngeren Brüdern an den bisherigen Wohnort, welcher in einem Bürgerkriegsgebiet liegt, in konstanter Praxis als unzumutbar zu erachten ist. Es bleibt demnach zu prüfen, ob ihr im Falle einer Rückkehr eine innerstaatliche Zufluchtsmöglichkeit offensteht.

Aufgrund der Aktenlage ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in Sri Lanka über ein gefestigtes verwandtschaftliches Beziehungsnetz verfügt. Insbesondere leben engste Verwandte, die Mutter als erziehungsberechtigte Person und die Brüder, nach wie vor dort. Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerdeschrift zwar geltend, sie wisse nicht, ob ihre Mutter noch in M. lebe und ob sie diese im Falle einer Rückkehr ausfindig machen könne, was jedoch als nicht substantiiertes Argument nicht zu überzeugen vermag, waren die Beschwerdeführerin und ihr Vater doch offenbar bisher in der Lage, die Verbindung zu ihren Familienangehörigen aufrecht zu erhalten. Nach dem Gesagten ist nicht davon auszugehen, die jugendliche Beschwerdeführerin wäre bei einer Rückkehr in finanzieller und familiärer Hinsicht völlig auf sich selber gestellt. Vielmehr gelangt die ARK zur Überzeugung, dass vorliegend dem Kindswohl besser gedient ist, wenn die noch jugendliche Beschwerdeführerin in ihren angestammten Familien- und Kulturkreis heimkehren kann. Es dürften 


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sich für sie bessere Zukunftsperspektiven ergeben, wenn sie zu den Familienangehörigen zurückkehrt, mit welchen sie über 15 Jahre lang zusammengelebt hat. Die Beschwerdeführerin ist im für die Integration schwierigsten Alter der Pubertät in die Schweiz gekommen. Sie ist nicht mehr schulpflichtig, wird auf dem Stellenmarkt kaum vermittelbar sein und lebt bei ihrem erwerbstätigen Vater, welchen sie acht Jahre lang nicht mehr gesehen hat. Den Eltern der Beschwerdeführerin wird es in Zusammenarbeit mit den Vollzugsbehörden mit Sicherheit gelingen, eine Rückreise nach und eine Inempfangnahme in Sri Lanka zu organisieren. Dabei ist es der heute 16 ½-jährigen Beschwerdeführerin durchaus zumutbar, mittels eines von behördlicher Seite zu organisierenden Direktfluges von Zürich nach Colombo zurückzukehren. Dort kann sie von der Mutter oder einer anderen, von der Mutter bezeichneten Person, in Obhut genommen werden; sollte es diesbezüglich zu Wartezeiten für die Beschwerdeführerin kommen, kann sie sich allenfalls an die staatlich geführte Institution "Child Protection Service" wenden, die sich bei Bedarf um Minderjährige kümmert, oder es steht ihr im Raum Colombo ein von der Heilsarmee in privater Initiative geführtes Heim für Minderjährige offen (die genauen Adressen wären im Rahmen der Vorbereitungen der Heimreise bei der Vorinstanz zu erfahren). Zu Recht verweist die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung auf die Möglichkeit der vorübergehenden Unterbringung im Rot-Kreuz-Heim in Colombo sowie auf die Möglichkeit, die befristete Aufenthaltsdauer in diesem Heim bei Minderjährigen zu verlängern. Sodann wird es der Mutter und den Brüdern der Beschwerdeführerin möglich und zumutbar sein, mit finanzieller Unterstützung ihres in der Schweiz erwerbstätigen Vaters den Wohnsitz in ein nicht von kriegerischen Auseinandersetzungen betroffenes Gebiet Sri Lankas zu verlegen. In Anbetracht all dieser Umstände kommt die Kommission zum Schluss, dass sich der Wegweisungsvollzug der Beschwerdeführerin aus der Schweiz als zumutbar im Sinne der Praxis zu Art. 14a Abs. 4 ANAG erweist.

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