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sämtliche Umstände einzubeziehen und zu würdigen, die im Hinblick auf eine
Wegweisung wesentlich erscheinen. Mithin ist der Persönlichkeit des Kindes und seinen
Lebensumständen umfassend Rechnung zu tragen. Dabei können namentlich folgende Kriterien
in dieser gesamtheitlichen Beurteilung von Bedeutung sein: Alter, Reife, Abhängigkeiten,
Art (Nähe, Intensität, Tragfähigkeit) seiner Beziehungen, Eigenschaften seiner
Bezugspersonen (insbes. Unterstützungsbereitschaft und -fähigkeit), Stand und Prognose
bezüglich Entwicklung/Ausbildung, Grad der erfolgten Integration bei einem längeren
Aufenthalt in der Schweiz usw. Gerade letzterer Aspekt, die Dauer des Aufenthaltes in der
Schweiz, ist im Hinblick auf die Prüfung der Chancen und Hindernisse einer Reintegration
im Heimatland bei einem Kind als gewichtiger Faktor zu werten, da Kinder nicht ohne guten
Grund aus einem einmal vertrauten Umfeld wieder herausgerissen werden sollten. Wie in
allen Zumutbarkeitsprüfungen sind zudem in einer Analyse der Situation, die sich für die
betroffene Person nach Vollzug der Wegweisung im Heimatland ergäbe, die damit verbundenen
humanitären Aspekte dem öffentlichen Interesse der Schweiz am Wegweisungsvollzug
gegenüberzustellen (vgl. EMARK 1994 Nr. 18).
bb) Für die Asylbehörden ergibt sich daraus die Verpflichtung, von Amtes wegen
abzuklären, welche Situation sich für den unbegleiteten Minderjährigen im Falle der
Rückkehr realistischerweise ergeben könnte. In der Praxis ist deshalb nicht nur
abzuklären, ob das Kind im Falle der Rückkehr in den Heimat- oder Herkunftsstaat im
Sinne von Art. 14a Abs. 4 ANAG konkret gefährdet wäre, sondern auch, ob das Kind zu
seinen Eltern oder anderen Angehörigen zurückgeführt werden kann und ob diese in der
Lage sind, seine (dem Alter, der physischen und psychischen Verfassung, der Herkunft etc.
entsprechenden) Bedürfnisse abzudecken. Können die Angehörigen nicht ausfindig gemacht
werden oder ergibt sich, dass die Rückkehr zu diesen dem Kindeswohl nicht entspricht, ist
weiter abzuklären, ob das Kind in der Heimat allenfalls in einer geeigneten Anstalt oder
bei einer Drittperson untergebracht werden kann. Dabei genügt es selbstverständlich
nicht, bloss festzustellen, dass im Heimat- oder Herkunftsland Eltern oder andere
Angehörige leben beziehungsweise es im betreffenden Land Einrichtungen gebe, die sich um
alleinstehende Kinder oder Jugendliche kümmern würden. Es ist vielmehr konkret
abzuklären, ob das betreffende Kind tatsächlich in sein familiäres Umfeld
zurückgeführt werden kann beziehungsweise ob es - wo das nicht möglich ist oder nicht
dem Wohl des Kindes entspricht - anderweitig untergebracht werden kann.
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