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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 23. Februar 1999 i.S. O. E., Türkei

[English Summary]

Art. 14a Abs. 4 ANAG: Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs.

Situation in den südöstlichen Provinzen der Türkei; teilweise Neubeurteilung und Überblick (vgl. EMARK 1998 Nr. 2, S. 16 ff., 1997 Nr. 2, S. 13 und 1996 Nr. 2, S. 14).

Art. 14a, al. 4 LSEE : exigibilité de l'exécution du renvoi.

Analyse de la situation dans les provinces du sud-est de la Turquie ; réévaluation partielle et synthèse (cf. JICRA 1998 no 2, p. 16 ss., 1997 no 2, p. 13, et 1996 no 2, p. 14).

Art. 14 cpv. 4 LDDS: esigibilità dell'esecuzione dell'allontanamento.

Analisi della situazione nelle province del sud-est della Turchia; parziale nuovo apprezzamento e sintesi (cfr. GICRA 1998 n. 2, pag. 16 e segg., 1997 n. 2, pag. 13 e 1996 n. 2, pag. 14).

Aus den Erwägungen:

4.b [...]

aa) Die Entwicklung der Lage in den südöstlichen Provinzen der Türkei wird von der ARK kontinuierlich überwacht und analysiert. Diese Beurteilung basiert auf einer umfassenden Auswertung sämtlicher der Kommission zur Verfügung stehenden Meldungen und Berichte, welche diese Region der Türkei betreffen. Als Quellen dienen der ARK dabei sowohl die einschlägigen in- und ausländischen Presseberichte, wie auch die Lageanalysen von Menschenrechtsorganisationen, der Vorinstanz, der Schweizer Vertretung in der Türkei u.Ä. (vgl. auch EMARK 1997, Nr. 2, S. 14 ff.; EMARK 1998, Nr. 2, S. 16 ff.).


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Im Herbst 1997 hat die ARK letztmals eine Beurteilung der Situation im Südosten der Türkei vorgenommen und im Urteil vom 9. Dezember 1997 i.S. A.R.D. (publiziert in: EMARK 1998 Nr. 2, S. 16 ff.) ihre Einschätzung der Lage in diesem Gebiet festgehalten. Aufgrund der seither eingegangenen Berichte und registrierten Meldungen beurteilt die ARK in der neusten Lageanalyse die aktuelle Situation in den von ihr ständig beobachteten Provinzen im Südosten der Türkei wie folgt:

Der Vollzug von Wegweisungen in die heutigen sechs unter Ausnahmezustand stehenden Provinzen Diyarbakir, Hakkari, Siirt, Sirnak, Tunceli und Van wird weiterhin als unzumutbar erachtet.

Der Vollzug der Wegweisung in die 11 als "Quasi-Ausnahmezustandsgebiete" qualifizierten Provinzen Agri, Batman, Bingöl, Bitlis, Elazig, Erzincan, Mardin, Mus, Sivas, Sanli Urfa und Tokat wird als unzumutbar erachtet.

Was die Frage der Zumutbarkeit eines Wegweisungsvollzuges anbelangt, ergeben sich gegenüber der Lageanalyse vom Herbst 1997 somit folgende Änderungen der bisherigen Einschätzung:

Die Provinz Tokat wird neu als Quasi-Ausnahmezustandsgebiet betrachtet, in welches der Wegweisungsvollzug als unzumutbar erachtet wird.

In die Provinzen Adana, Hatay, Malatya, und Osmaniye wird angesichts der dort festgestellten Beruhigung der Lage der Wegweisungsvollzug als zumutbar erachtet.

bb) Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Sanli Urfa. Diese Provinz ist - trotz zahlenmässigem Rückgang der einzelnen Zwischenfälle - nach wie vor durch eine grosse Anzahl von gewalttätigen Auseinandersetzungen geprägt. In der Provinz Sanli Urfa ist insbesondere eine massive polizeiliche Repression augenfällig. Aus den dargelegten Gründen erachtet die ARK - wie bereits festgehalten - eine Rückkehr in die Provinz Sanli Urfa im heutigen Zeitpunkt als nicht zumutbar.

Es bleibt zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Zufluchtsmöglichkeit offensteht. Eine solche ist für kurdische Gewaltflüchtlinge aus dem Südosten der Türkei grundsätzlich als gegeben zu betrachten, es sei denn, dass die individuelle Prüfung der persönlichen Kriterien die Unzumutbarkeit einer Ausweichmöglichkeit in den Westen der Türkei für den betreffenden Asyl- 


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bewerber ergibt. Dabei sind nach Praxis der ARK die Kriterien massgebend, welche in EMARK 1996 Nr. 2, S. 12 ff. wiedergegeben sind und worauf hier verwiesen werden kann. In Berücksichtigung dieser Kriterien kommt die ARK zum Schluss, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Zufluchtsalternative zur Verfügung steht. Den Akten zufolge beherrscht der Beschwerdeführer die türkische Sprache. Er ist jung und ledig. Ausserdem hat er zwei Schwestern, die in der Provinz Gaziantep leben. Es liegen aufgrund der Akten keine Hinweise dafür vor, dass es dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden könnte, sich zu den Familien seiner Schwestern in Gaziantep zu begeben, wo sich der Beschwerdeführer gemäss seinen Angaben auch unmittelbar vor seiner Ausreise für kurze Zeit aufgehalten hat. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei der Wiederansiedlung in diesem Gebiet auf die Starthilfe und Unterstützung der in der Türkei verbliebenen Verwandten zählen kann. Es liegen ferner keine Umstände vor, die darauf schliessen liessen, dass der Beschwerdeführer von den türkischen Behörden konkret im Zusammenhang mit einer illegalen politischen Tätigkeit oder Organisation verdächtigt würde. In Anbetracht der gesamten Umstände ist der Vollzug der angeordneten Wegweisung somit als zumutbar zu bezeichnen.

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