indexEMARK - JICRA - GICRA  2004 / 20
  


nexttop  2004 / 20 - 128

Auszug aus dem Urteil der ARK vom 26. Februar 2004 i.S. G.J.A.C., Kolumbien

Art. 20 Abs. 2 und 52 Abs. 2 AsylG: Asylgesuch aus dem Heimatstaat; Voraussetzungen der Erteilung einer Einreisebewilligung.

1. Beim Entscheid über die Erteilung einer Einreisebewilligung sind neben dem Erfordernis einer Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG die Beziehungsnähe zur Schweiz, die Möglichkeit der Schutzgewährung durch einen anderen Staat, die Beziehungsnähe zu anderen Staaten, die praktische Möglichkeit und objektive Zumutbarkeit zur anderweitigen Schutzsuche sowie die voraussichtlichen Integrationsmöglichkeiten zu berücksichtigen (Erw. 3, Bestätigung der Rechtsprechung; EMARK 1997 Nr. 15).

2. Asylgesuch aus Kolumbien: Möglichkeit der Schutzgewährung durch einen anderen südamerikanischen Staat, namentlich einen der Nachbarstaaten Kolumbiens (Erw. 4).

Art. 20 al. 2 et 52 al. 2 LAsi : demande d’asile présentée depuis le pays d’origine ; conditions mises à l’octroi d’une autorisation d’entrée.

1. Lors de la délivrance d’une autorisation d'entrée, outre l’existence d’un danger au sens de l’art. 3 LAsi, doivent également être prises en considération l’existence de relations étroites avec la Suisse ou avec un pays tiers, l’assurance d’une protection dans un autre Etat, la possibilité pratique et l’exigibilité objective de rechercher une protection ailleurs qu’en Suisse et, enfin, les possibilités d’intégration (consid. 3, confirmation de la jurisprudence JICRA 1997 n° 15).

2. Demande d’asile présentée depuis la Colombie : possibilité d’une protection dans un autre pays d’Amérique latine, notamment dans un pays voisin de la Colombie (consid. 4).


nextprevioustop  2004 / 20 - 129

Art. 20 cpv. 2 nonché 52 cpv. 2 LAsi: domanda d’asilo inoltrata dal Paese d’origine; condizioni per l’ottenimento dell’autorizzazione d’entrata in Svizzera.

1. Per l’ottenimento dell’autorizzazione d’entrata in Svizzera, sono presi in considerazione, oltre ai rischi d’esposizione a seri pregiudizi giusta l’art. 3 LAsi, gli stretti vincoli con la Svizzera, la possibilità d’ottenere protezione in uno Stato terzo, gli stretti vincoli con altri Stati, l’esigibilità e la possibilità pratica della ricerca di protezione in altri Stati nonché le possibilità d’integrazione (consid. 3; conferma della giu-risprudenza di cui a GICRA 1997 n. 15).

2. Esigibilità e possibilità pratica, per un richiedente l’asilo colombiano, di chiedere e d’ottenere l’appropriata protezione in un altro Stato dell’America latina (consid. 4).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Mit an die Schweizerische Botschaft in Bogotá gerichteten Schreiben vom 21. Januar 2003 sowie vom 5. März 2003 ersuchte der Beschwerdeführer für sich und seine Familie um Gewährung von Asyl in der Schweiz. Dabei machte er im Wesentlichen geltend, er habe im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeit für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften Artikel verfasst, in welchen er sowohl die subversiven Gruppen als auch die Regierung kritisiert habe. Zur Stützung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer Kopien diverser von ihm verfasster Zeitungsartikel sowie ein Schreiben des "Periodicó de Suiza" vom 15. April 2002 ein.

Das BFF verweigerte den Beschwerdeführern mit Verfügung vom 28. März 2003 die Einreise in die Schweiz und lehnte deren Asylgesuche ab. Zur Begründung führte das Bundesamt aus, die Beschwerdeführer würden keine besonders nahen Beziehungen zur Schweiz geltend machen. Es sei ihnen daher zuzumuten, in einem anderen Land um Asylgewährung nachzusuchen, beispielsweise in Spanien, wo sich bereits nahe Angehörige aufhalten würden, oder in einem anderen Staat Südamerikas. Die meisten Länder Südamerikas hätten die Flüchtlingskonvention ratifiziert und würden sich an die damit verbundenen Verpflichtungen halten. Diese Staaten würden zudem bereits aus geografischen, sprachlichen und kulturellen Gründen als offensichtlich näher liegend erscheinen. Im Weiteren handle es sich beim Beschwerdeführer nicht um eine landesweit bekannte Persönlichkeit, weshalb seine Verfolger gar nicht in der Lage wären, ihn an einem beliebigen Ort in Kolumbien ausfindig zu machen. Zudem sei-


nextprevioustop  2004 / 20 - 130

en die kritischen Artikel unter einem Pseudonym veröffentlicht worden. Es sei den Beschwerdeführern daher möglich, durch eine Wohnsitzverlegung innerhalb Kolumbiens den befürchteten Nachstellungen zu entgehen. Da im vorliegenden Fall überdies grundsätzlich vom Schutzwillen des Staates auszugehen sei, könne den Beschwerdeführern zugemutet werden, sich bei allfälligen Schwierigkeiten um den Schutz der staatlichen Behörden zu bemühen.

Gegen diese Verfügung reichten die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 28. Mai 2003 bei der ARK Beschwerde ein. Zur Begründung der Rekurseingabe führten sie im Wesentlichen aus, die Schweiz unterhalte ebenso enge diplomatische Beziehungen zu Kolumbien wie Spanien. Die Vorinstanz habe namentlich dem Umstand nicht genügend Rechnung getragen, dass diejenigen Personen, die sich in Kolumbien gegen die bewaffneten Gruppierungen direkt oder indirekt auflehnten, unweigerlich zu deren militärischem Ziel würden. Der Beschwerdeführer gehöre zwar selber keiner politischen Partei an, doch seine Artikel würden politischen Charakter aufweisen. Schliesslich sei die kolumbianische Justiz nicht in der Lage, den Beschwerdeführer und seine Familie wirksam vor Verfolgung zu beschützen.

Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

3. a) Das BFF kann ein im Ausland gestelltes Asylgesuch ablehnen, wenn die asylsuchenden Personen keine Verfolgung glaubhaft machen können oder ihnen die Aufnahme in einem Drittstaat zugemutet werden kann (vgl. Art. 3, Art. 7 und Art. 52 Abs. 2 AsylG). Gemäss Art. 20 Abs. 2 AsylG bewilligt das BFF Asylsuchenden die Einreise zur Abklärung des Sachverhaltes, wenn ihnen nicht zugemutet werden kann, im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat zu bleiben oder in ein anderes Land auszureisen.

b) Bei diesem Entscheid sind die Voraussetzungen zur Erteilung einer Einreisebewilligung grundsätzlich restriktiv zu umschreiben, wobei den Behörden ein weiter Ermessensspielraum zukommt. Neben der erforderlichen Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG sind namentlich die Beziehungsnähe zur Schweiz, die Möglichkeit der Schutzgewährung durch einen anderen Staat, die Beziehungsnähe zu anderen Staaten, die praktische Möglichkeit und objektive Zumutbarkeit zur anderweitigen Schutzsuche sowie die voraussichtlichen Eingliederungs- und Assimilationsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen (vgl. EMARK 1997 Nr. 15, S. 129 ff., insbesondere S. 131 ff., welcher angesichts bloss redaktioneller Änderungen bei der letzten Totalrevision des Asylgesetzes nach wie vor Gültigkeit


nextprevioustop  2004 / 20 - 131

hat). Ausschlaggebend für die Erteilung der Einreisebewilligung ist dabei die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Personen (vgl. EMARK 1997 Nr. 15, S. 130, Erw. 2c), mithin die Prüfung der Fragen, ob eine Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG glaubhaft gemacht wird und ob der Verbleib am Aufenthaltsort für die Dauer der Sachverhaltsabklärung zugemutet werden kann.

4. a) Zunächst ist festzuhalten, dass die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, die Beschwerdeführer hätten in ihrem Gesuch keine besonders nahen Beziehungen zur Schweiz geltend gemacht. Die Kommission kommt zudem in Übereinstimmung mit dem BFF auch zum Schluss, es sei den Beschwerdeführern zuzumuten, in einem anderen Land um Asylgewährung nachzusuchen (vgl. Art. 52 Abs. 2 AsylG). So sind beispielsweise die Nachbarstaaten Brasilien, Ecuador, Panama und Peru Vertragsparteien sowohl des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 als auch des betreffenden Zusatzprotokolls vom 31. Januar 1967; Venezuela wiederum hat zwar das Abkommen selbst nicht ratifiziert, wohl aber das Protokoll. Diese Länder verfügen mit Ausnahme Venezuelas über ein eigenes, gesetzlich geregeltes Verfahren zur Anerkennung von Flüchtlingen. Zudem halten sie sich gemäss den Erkenntnissen der ARK grundsätzlich an das Gebot des Non-Refoulement von Art. 33 FK, auch wenn als Einschränkung festgestellt werden muss, dass es in den Grenzgebieten - insbesondere denjenigen zu Panama und Venezuela - in den letzten Jahren zu unkontrollierten Rückschiebungen durch die Grenzbehörden gekommen ist. Für die praktische Möglichkeit und die Zumutbarkeit der anderweitigen Schutzsuche spricht im Weiteren die Möglichkeit der visumsfreien Einreise nach Brasilien, Ecuador und Peru sowie der Umstand, dass jährlich mehrere tausend kolumbianische Staatsangehörige in den Nachbarländern - namentlich in Ecuador - um Asyl ersuchen und dort zu einem beträchtlichen Teil auch tatsächlich als Flüchtlinge anerkannt werden. Aus der Beschwerdeschrift ergeben sich schliesslich keine Anhaltspunkte, die darauf schliessen liessen, es sei den Beschwerdeführern praktisch unmöglich oder objektiv unzumutbar, sich in einen anderen Staat, insbesondere einen der Nachbarstaaten Kolumbiens, zu begeben (vgl. EMARK 1997 Nr. 15, S. 132, Erw. 2f). Dies umso mehr, als aus den Akten ersichtlich ist, dass es sich beim Beschwerdeführer nicht um eine landesweit bekannte Persönlichkeit handelt, welche aufgrund ihrer besonders exponierten Stellung auch bei einer Flucht ins nahe Ausland allenfalls befürchten müsste, weiterhin verfolgt zu werden. Die in der Beschwerde sinngemäss angeführte, angeblich fehlende besondere Beziehungsnähe zu Spanien ist daher ebenfalls nicht geeignet glaubhaft zu machen, die Beschwerdeführer seien auf den Schutz der Schweiz angewiesen.

b) Bei dieser Sachlage kann letztlich offen bleiben, ob die angebliche Bedrohung des Beschwerdeführers und seiner Familie durch die FARC-EP oder an-


previoustop  2004 / 20 - 132

dere Gruppierungen unter den Flüchtlingsbegriff von Art. 3 AsylG fällt beziehungsweise ob die Beschwerdeführer allenfalls innerhalb ihres Heimatlandes über eine valable inländische Fluchtalternative verfügen. Es erübrigt sich daher, auf die entsprechenden Ausführungen in der Beschwerdeschrift näher einzugehen, da diese am Ausgang des vorliegenden Verfahrens nichts zu ändern vermögen.

5. Nach dem Gesagten ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Beschwerdeführer aufgrund der Akten über keine Beziehungsnähe zur Schweiz verfügen, hingegen die Möglichkeit der anderweitigen Schutzsuche haben. Unter diesen Umständen hat das BFF den Beschwerdeführern zu Recht die Erteilung der Einreisebewilligung verweigert und die Asylgesuche abgewiesen.

 

 

 

 

topprevious


© 24.09.04