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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 22. März 1999 i.S. A.H., Staatsangehörigkeit unbekannt

[English Summary]

Art. 13d AsylG und Art. 4a Abs. 4 letzter Satz AsylV 1: Bedeutung der Zustimmung des UNHCR zum sofortigen Vollzug der Wegweisung; Erfordernis dieser Zustimmung bei unbekannter Staatsangehörigkeit des Gesuchstellers; Schriftenwechsel im Flughafenverfahren.

  1. Bei der Zustimmung des UNHCR zum sofortigen Vollzug der Wegweisung handelt es sich um eine Sachurteilsvoraussetzung für das Verfahren nach Art. 13d Abs. 4 AsylG; sie ist auch dann einzuholen, wenn die vom Gesuchsteller behauptete Staatsangehörigkeit unglaubhaft ist (Präzisierung der Praxis, vgl. EMARK 1997 Nr. 19, S. 163; Erw. 3a-d).

  2. Art. 4a Abs. 4 letzter Satz AsylV 1 ("Es findet kein Schriftenwechsel statt") schliesst nicht aus, dass die ARK im Einzelfall die Vorinstanz zur Vernehmlassung einladen kann (Erw. 4).

Art. 13d LAsi et art. 4a, al. 4 dernière phrase OA 1 : portée de l'accord du HCR quant à l'exécution immédiate du renvoi ; exigence de cet accord dans le cas où la nationalité du requérant est inconnue ; échange d'écritures dans le cadre de la procédure d'aéroport.

  1. Dans le cadre de la procédure selon l'art. 13d, al. 4 LAsi, l'accord du HCR quant à l'exécution immédiate du renvoi est une condition préalable à l'examen du fond de la cause ; cet accord doit également être requis lorsqu'il n'est pas vraisemblable que le requérant possède la nationalité qu'il dit avoir (précision de la jurisprudence, cf. JICRA 1997 n° 19, p. 163; consid. 3a-d).

  2. L'art. 4a, al. 4 dernière phrase OA 1 ("Aucun échange d'écritures n'a lieu.") n'exclut pas que la Commission puisse, de cas en cas, inviter l'autorité de première instance à se prononcer (consid. 4).


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Art. 13d LAsi e art. 4a cpv. 4 ultima frase OA 1: significato dell'accordo dato dall'ACNUR all'esecuzione immediata dell'allontanamento; necessità dell'accordo in caso d'ognota cittadinanza del richiedente l'asilo; scambio di scritti nella procedura d'aeroporto.

  1. L'accordo dell'ACNUR per l'esecuzione immediata dell'allontanamento è un presupposto processuale per la procedura ai sensi dell'art. 13d cpv. 4 LAsi ; l'accordo dell'ACNUR va richiesto pure allorquando la vantata cittadinanza è inverosimile (precisazione della giurisprudenza; cfr. GICRA 1997 n. 19, pag. 163; consid. 3a-d).

  2. L'art. 4 cpv. 4 ultima frase OA 1 - "Non vi è scambio di scritti" - non esclude che nel singolo caso, la CRA possa ordinare uno scambio di scritti (consid. 4).

 Zusammenfassung des Sachverhalts:

Der Beschwerdeführer reichte am 8. März 1999 bei den schweizerischen Grenzbehörden am Flughafen Zürich-Kloten ein Asylgesuch ein. Im Rahmen der Befragung durch die Flughafenpolizei machte er unter anderem geltend, er sei irakischer Staatsangehöriger kurdischer Ethnie und stamme aus Mosul. Als Nachweis seiner Identität reichte er eine irakische Identitätskarte ein.

Mit Verfügung vom 18. März 1999 stellte das BFF fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, und lehnte das Asylgesuch ab. Gleichzeitig verfügte es die Wegweisung, erklärte diese als sofort vollstreckbar, beauftragte die Flughafenpolizei des Flughafens Zürich-Kloten mit dem Vollzug der Wegweisung und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Die als gefälscht erachtete irakische Identitätskarte zog es zudem ein.

Am 21. März 1999 reichte der Beschwerdeführer Rekurs ein und ersuchte um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

Die ARK heisst die Beschwerde gut und weist die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das BFF zurück.


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Aus den Erwägungen:

3. (...)

a) Die Verfahren am Flughafen kennen für den Fall der Einreiseverweigerung zwei Erledigungsformen: Entweder wird mittels Zwischenverfügung eine Drittlandwegweisung verfügt (Art. 13d Abs. 2 AsylG) oder es wird unter Verneinung der Flüchtlingseigenschaft und Verweigerung des Asyls respektive als Folge eines Nichteintretensentscheides eine Wegweisung in den tatsächlichen oder mutmasslichen Heimat- oder Herkunftsstaat angeordnet (Art. 13d Abs. 4 AsylG) - tertium non datur.

b) Gemäss Art. 13d Abs. 4 AsylG kann der sofortige Vollzug der Wegweisung in den Heimat- oder Herkunftsstaat angeordnet werden, wenn dem Gesuchsteller dort nach übereinstimmender Auffassung des Bundesamtes und des Hochkommissariates der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge (UNHCR) offensichtlich keine Verfolgung droht.

Offensichtlichkeit ist dann anzunehmen, wenn schon aufgrund der am Flughafen durchgeführten Befragung und der weiteren Aktenlage kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass der Ausländer nicht Flüchtling ist und auch sonst nicht gefährdet ist (vgl. EMARK 1997 Nr. 19, S. 162 f. Erw. 5a und S. 164 f. Erw. 7; 1993 Nr. 30, S. 215 f. Erw. 8).

c) Das BFF hat das Asylgesuch abgelehnt mit der Begründung, es sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer wie behauptet irakischer Staatsangehöriger sei, denn er habe verschiedene tatsachenwidrige und realitätsfremde Angaben zum angeblichen Heimatstaat Irak gemacht; bei der eingereichten irakischen Identitätskarte handle es sich zudem um eine Totalfälschung. Den sofortigen Vollzug der Wegweisung hat das BFF - ohne dies ausdrücklich zu erwähnen - offensichtlich gestützt auf Art. 13d Abs. 4 AsylG angeordnet, allerdings ohne die Zustimmung des UNHCR einzuholen.

d) Bei der Erklärung des UNHCR, wonach es in Übereinstimmung mit dem BFF der Auffassung ist, dem Ausländer drohe in seinem Heimat- oder Herkunftsstaat offensichtlich keine Verfolgung, handelt es sich um ein formelles Erfordernis für die Annahme der Offensichtlichkeit der fehlenden Flüchtlingseigenschaft und damit um eine Sachurteilsvoraussetzung für die Anord-


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nung des sofortigen Vollzuges der Wegweisung im Flughafenverfahren gemäss Art. 13d Abs. 4 AsylG (EMARK 1997 Nr. 19, S. 163 Erw. 5a).

Vorliegend hat es das BFF unterlassen, die Stellungnahme des UNHCR gemäss Art. 13d Abs. 4 AsylG einzuholen. Da die Erklärung des UNHCR, wonach der Beschwerdeführer offensichtlich in dem von ihm als Heimatstaat bezeichneten Land, dem Irak, nicht verfolgt sei, fehlt, mangelt es demnach an einem formalen Erfordernis für die Anordnung des sofortigen Vollzuges der Wegweisung im Flughafenverfahren gemäss Art. 13d Abs. 4 AsylG.

4. Im Beschwerdeverfahren ist ein Schriftenwechsel durchzuführen, sofern nicht beim Vorliegen einer offensichtlich unbegründeten Beschwerde darauf verzichtet werden kann (vgl. Art. 46d AsylG). Gemäss Art. 4a Abs. 4 letzter Satz AsylV 1 soll jedoch im Verfahren am Flughafen kein Schriftenwechsel stattfinden. Die ARK erachtet diese Verordnungsbestimmung indes als nicht bindend, da sie sich mit dem übergeordneten Gesetzesrecht nicht vereinbaren lässt. Hingegen versteht die ARK Art. 4a Abs. 4 letzter Satz AsylV 1 als Bestimmung, in der für das BFF im Flughafenverfahren generell der Verzicht auf die Abgabe einer Vernehmlassung erklärt wird, so dass es damit der ARK überlassen bleibt, ob sie die Vorinstanz im Einzelfall dennoch zur Vernehmlassung einladen will.

Im vorliegenden Fall ist angesichts der klaren Rechtslage auf die Durchführung eines Schriftenwechsels zu verzichten und die Beschwerde ist als offensichtlich begründet im einzelrichterlichen Verfahren gutzuheissen (Art. 10 Bst. d und 25 Abs. 3 VOARK). Die angefochtene Verfügung ist demnach aufzuheben und die Angelegenheit ist an das BFF zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Es bleibt dem BFF unbenommen, bis zum 23. März 1999, dem Tag, bis zu dem der Beschwerdeführer im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens längstens dem Transit des Flughafens Zürich-Kloten zugewiesen bleiben kann, die erforderliche Zustimmung des UNHCR allenfalls noch einzuholen und neu zu entscheiden.

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