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Auszug aus dem Urteil vom 23. Juni 2005 i.S. J.E., Uganda

Art. 20 Abs. 2 und Art. 52 Abs. 2 AsylG: Asylgesuch aus dem Ausland; Asylausschluss bei möglicher Aufnahme in einem Drittstaat.

1. Für die Ablehnung eines Asylgesuchs aus dem Ausland kann nicht alleine die fehlende Beziehungsnähe zur Schweiz ausschlaggebend sein. Zu berücksichtigen sind auch die praktische Möglichkeit und objektive Zumutbarkeit einer anderweitigen Schutzsuche. Liegen Hinweise auf eine aktuelle Gefährdung des Asylsuchenden im Heimatstaat vor und fehlt eine effektive Möglichkeit anderweitiger Schutzsuche, so ist die Einreise zu bewilligen (Erw. 4; vgl. EMARK 2004 Nrn. 20 und 21, EMARK 1997 Nr. 15).

2. Die anderen vorliegend in Frage kommenden Staaten (Japan und Grossbritannien) garantieren keine effektive Möglichkeit der Schutzsuche. Der derzeitige Aufenthaltsstaat Japan bietet keine hinreichende Gewähr für ein ordentliches Asylverfahren (Erw. 5.1.). Grossbritannien kennt die Möglichkeit der Einreichung eines Asylgesuches aus dem Ausland und insbesondere die Möglichkeit der Einreise während hängigem Verfahren nicht (Erw. 5.3.).

Art. 20 al. 2 et 52 al. 2 LAsi : demande d’asile présentée à l’étranger et autorisation d’entrée en Suisse ; refus d’asile en cas de possibilité d’admission dans un Etat tiers.

1. L’absence de relations étroites du demandeur d’asile avec la Suisse n’est pas à elle seule déterminante pour rejeter une demande d’asile présentée à l’étranger. Encore faut-il que l’intéressé ait la possibilité pratique de déposer une demande de protection dans un autre pays et que cette démarche puisse être exigée de lui. S’il existe des indices d’une mise en danger actuelle du demandeur d’asile dans son pays d’origine et que la possibilité effective d’une demande de protection dans un autre pays fait défaut, l’autorisation d’entrée en Suisse doit lui être accordée (consid. 4. ; cf. JICRA 2004 nos 20 et 21, et JICRA 1997 n° 15).

2. Les pays entrant en considération dans le cas d’espèce, soit le Japon et la Grande-Bretagne, ne garantissent ni l’un ni l’autre une possibilité effective de demande de protection : le Japon, pays de résidence actuelle


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du recourant, n’offre pas l’assurance suffisante d’une procédure d’asile régulière (consid. 5.1.) ; quant à la Grande-Bretagne, elle ne connaît ni la demande d’asile présentée à l’étranger ni l’entrée sur son territoire durant une procédure d’asile dans un autre pays (consid. 5.3.).

Art. 20 cpv. 2 e art. 52 cpv. 2 LAsi: domanda d’asilo presentata dall’estero e autorizzazione d’entrata in Svizzera; diniego dell’asilo in caso di possibilità d’ammissione in uno Stato terzo.

1. L’assenza di stretti vincoli di un richiedente l’asilo con la Svizzera non è, di per sé, una condizione sufficiente per il respingimento di una domanda d’asilo presentata dall’estero. Sono da esaminare pure la possibilità pratica e l’esigibilità obiettiva, per il richiedente, di chiedere protezione ad un altro Stato. Allorquando sussistono indizi d’esposizione ad una persecuzione attuale nel Paese d’origine del richiedente, e qualora difetti la possibilità effettiva di domandare protezione ad un altro Stato, dovrà essere accordata l’autorizzazione d’entrata in Svizzera (consid. 4; v. GICRA 2004 ni 20 nonché 21, e GICRA 1997 n. 15).

2. I Paesi interessati nel caso concreto, Giappone e Gran Bretagna, non garantiscono la possibilità effettiva d’inoltro di una domanda di protezione. Il Giappone, in cui il richiedente soggiorna attualmente, non offre le garanzia d’una procedura d’asilo regolare (consid. 5.1.); la Gran Bretagna non conosce l’istituto della domanda d’asilo presentata dall’estero, né quello della possibilità d’entrata sul territorio durante una procedura d’asilo pendente in un altro Stato (consid. 5.3.).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Am 12. Dezember 2003 ersuchte der ugandische Beschwerdeführer bei der schweizerischen Vertretung in Tokio schriftlich um die Bewilligung der Einreise in die Schweiz und die Gewährung von Asyl. Zur Begründung seines Gesuchs machte er zum einen geltend, in seiner Heimat drohe ihm der Tod, da er von Seiten der ugandischen Sicherheitsdienste der Unterstützung der Opposition verdächtigt werde. Zum andern führte er aus, an seinem derzeitigen Aufenthaltsort drohe ihm von den japanischen Behörden eine Abschiebung nach Uganda. Dabei legte er dar, er sei bisher selbst ein Mitglied der ugandischen Sicherheitskräfte gewesen. Er habe indes Anlass zur Furcht vor seiner Verhaftung gehabt. Aus diesem Grund habe er sich während eines Einsatzes im Vorfeld einer offi-


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ziellen diplomatischen Mission in Japan von seinen Teamkollegen abgesetzt und sich in Japan versteckt. In der Folge sei es zu Interventionen der ugandischen Behörden bei den japanischen Behörden gekommen und er sei in Japan von Ugandern gesucht worden. Da er sich bedroht gefühlt habe, habe er mehrmals beim UNHCR in Tokio vorgesprochen, er sei aber vom UNHCR an die japanischen Immigrationsbehörden verwiesen worden. Nachdem er sich bei dieser Behörde gemeldet habe, sei ihm von japanischer Seite bedeutet worden, er solle das Land umgehend verlassen, ansonsten er eine Verhaftung und Abschiebung nach Uganda zu gewärtigen habe. In seinen Ausführungen verwies der Beschwerdeführer unter anderem auf einen Onkel, welcher unter der früheren Regierung hohe Ämter bekleidet habe und heute - in London lebend - der Opposition angehöre.

Mit Verfügung des BFF vom 30. Dezember 2003 wurde das Asylgesuch gestützt auf Art. 52 Abs. 2 AsylG abgelehnt und dem Beschwerdeführer die Einreise in die Schweiz verweigert. Dabei führte das BFF zur Hauptsache aus, der Beschwerdeführer habe keine nahe Beziehung zur Schweiz, welche es rechtfertige, die Schweiz als einziges mögliches Aufnahmeland zu betrachten. Eine solche nahe Beziehung bestehe nämlich in der Regel dann, wenn sich ein Ehepartner und gemeinsame minderjährige Kinder in der Schweiz aufhalten würden. Andere Verwandte oder ein früherer Aufenthalt würden dagegen für die Annahme einer engen Beziehung nicht genügen. Der Beschwerdeführer mache nicht geltend, in der Schweiz über Verwandte zu verfügen, sondern er führe lediglich aus, ein Onkel lebe in Grossbritannien. Mithin sei es dem Gesuchsteller zuzumuten, in einem anderen Land um Aufnahme zu ersuchen.

Mit Eingabe vom 7. März 2004 erhob der Beschwerdeführer gegen den Entscheid des BFF Beschwerde bei der ARK. Dabei beantragte er sinngemäss die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides, die Bewilligung der Einreise in die Schweiz und die Gewährung von Asyl. In seiner Eingabe bestätigte und bekräftigte er seine bisherigen Gesuchsvorbringen, wobei er seine Angaben zu verschiedene Einzelheiten - insbesondere betreffend sein berufliches Umfeld respektive seine Probleme in diesem Bereich - präzisierte. Daneben machte er weitere Angaben zu den Umständen seines Japan-Besuchs und zu seiner Furcht vor einem Refoulement durch die japanischen Behörden. Betreffend seinen in London lebenden Onkel führte er ferner an, dieser sei als Flüchtling selbst auf Hilfe angewiesen und könne ihn nicht unterstützen. Er machte sinngemäss geltend, wenn alleine auf den Umstand abgestellt werde, dass er keine engen verwandtschaftlichen Beziehungen in der Schweiz habe, werde ihm ein Schutzersuchen verunmöglicht.


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In seiner Vernehmlassung vom 27. Mai 2004 hielt das BFF an der angefochtenen Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Dabei führte es ergänzend aus, aufgrund der Akten sei nicht ersichtlich, weshalb es für den Beschwerdeführer nicht zumutbar und möglich sein sollte, sich in einem anderen Staat als der Schweiz um Aufnahme zu bemühen, insbesondere da keine nahe Beziehung zur Schweiz bestehe. Ferner sei der Beschwerdeführer keiner in der Schweiz gesprochenen Sprache mächtig. In einem anglophonen Land - beispielsweise in Kanada, Grossbritannien oder den USA - hätte er viel bessere Assimilationsmöglichkeiten. Zudem lebe in diesen Ländern auch eine nicht unbedeutende ugandische Diaspora. In Grossbritannien sei gemäss den Angaben des Beschwerdeführers bereits einem Onkel Schutz gewährt worden. Schliesslich zeige der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr seit mehreren Monaten in Japan aufhalten könne, dass er dort nicht in dem von ihm vorgebrachten Masse gefährdet sei.

Die ARK heisst die Beschwerde gut, soweit die Frage der Einreiseverweigerung betreffend, und weist das BFM an, dem Beschwerdeführer die Einreise zwecks weiterer Sachverhaltsabklärung zu bewilligen.

Aus den Erwägungen:

3. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz grundsätzlich Flüchtlingen Asyl. Nach der Bestimmung von Art. 3 AsylG werden als Flüchtling Personen anerkannt, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, wo sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden. Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung von Leib, Leben oder Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken; den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.

Wer um Asyl nachsucht, muss nachweisen oder zumindest glaubhaft machen, dass er ein Flüchtling ist. Glaubhaft gemacht ist die Flüchtlingseigenschaft, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (vgl. Art. 7 AsylG).

Das Asylgesuch ist bei einer schweizerischen Vertretung, bei der Einreise an einem geöffneten Grenzübergang oder an einer Empfangsstelle zu stellen. Wird


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ein Asylgesuch im Ausland gestellt, so überweist die schweizerische Vertretung das Asylgesuch mit einem Bericht dem Bundesamt. Das Bundesamt bewilligt Asylsuchenden die Einreise zur Abklärung des Sachverhalts, wenn ihnen nicht zugemutet werden kann, im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat zu bleiben oder in ein anderes Land auszureisen (vgl. Art. 19 Abs. 1 sowie Art. 20 Abs. 1 und 2 AsylG).

4.

4.1. Das BFF stützt sich in seinem Entscheid auf Art. 52 Abs. 2 AsylG. Gemäss dieser Bestimmung - einer Ausschlussklausel - kann einer Person, die sich im Ausland befindet, das Asyl verweigert werden, wenn es ihr zugemutet werden kann, sich in einem andern Staat um Aufnahme zu bemühen.

Mit Art. 52 Abs. 2 AsylG wurde im Rahmen der per 1. Oktober 1999 in Kraft gesetzten Totalrevision die vormalige Bestimmung von Art. 6 Abs. 2 aAsylG ins neue AsylG übernommen. Zwar erfuhr die vormalige Bestimmung eine leichte redaktionelle Änderung; die bisherige gesetzliche Konzeption wurde aber unverändert ins revidierte AsylG überführt. Es kann somit vollumfänglich auf die bisherige Praxis zu dieser Ausschlussklausel abgestützt werden.

4.2. Aus der angefochtenen Verfügung und der Vernehmlassung folgt, dass sich das BFF bei der Anwendung von Art. 52 Abs. 2 AsylG zur Hauptsache mit dem Aspekt der fehlenden Beziehungsnähe des Beschwerdeführers zur Schweiz auseinandergesetzt hat. Dabei geht das BFF davon aus, mangels Beziehungsnähe zur Schweiz - respektive da die Schweiz nicht als einziger möglicher Aufnahmestaat zu erachten sei - könne der Beschwerdeführer einen anderen Staat als die Schweiz um Aufnahme ersuchen. In seiner Vernehmlassung führt das BFF ergänzend aus, der Beschwerdeführer könne sich aus sprachlichen Gründen viel besser in einem anglophonen Land eingliedern respektive integrieren, wobei es (aufgrund verwandtschaftlicher Beziehungen zu einem Onkel) vorab auf Grossbritannien verweist. In seiner Vernehmlassung führt das BFF schliesslich an, der Beschwerdeführer sei in Japan mutmasslich weniger von einer Abschiebung bedroht als von ihm geltend gemacht. Erwägungen betreffend eine mögliche flüchtlingsrechtlich relevante Gefährdung des Beschwerdeführers legt das BFF keine dar.

4.3. Das BFF folgt damit zur Hauptsache einer Argumentationslinie, welche bereits in EMARK 1997 Nr. 15 ausdrücklich abgelehnt wurde. In diesem Grundsatzurteil hat die ARK festgehalten, dass für eine Ablehnung eines Asylgesuchs unter dem obgenannten Titel nicht alleine die fehlende Beziehungsnähe zur Schweiz ausschlaggebend sein kann. Zwar sind die Voraussetzungen zur Erteilung einer Einreisebewilligung restriktiv zu umschreiben und es kommt den


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Behörden ein weiter Ermessensspielraum zu. Bei der Anwendung der Ausschlussklausel gemäss Art. 52 Abs. 2 AsylG ist indes - falls eine Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG nicht auszuschliessen ist - den Aspekten der Möglichkeit der Schutzgewährung durch einen anderen Staat, der Beziehungsnähe zu anderen Staaten sowie der praktischen Möglichkeit und objektiven Zumutbarkeit zur anderweitigen Schutzsuche ebenso gebührend Beachtung zu schenken (vgl. a.a.O., S. 131 f.).

Dass der Beschwerdeführer keine besondere Beziehungsnähe zur Schweiz hat, erscheint aufgrund der Akten als offensichtlich. Es ist nichts ersichtlich, was einen Vorrang der Schweiz vor anderen Staaten begründen würde. Auf der anderen Seite vermögen jedoch die Erwägungen der Vorinstanz, welche sinngemäss von einem allgemeinen Nachgang der Schweiz gegenüber anderen Staaten ausgehen, nicht zu überzeugen. Die von der Vorinstanz gewählte Argumentation - als einzige Grundlage zur Anwendung der Ausschlussklausel gemäss Art. 52 Abs. 2 AsylG - führt faktisch zur Aufhebung der mindestens in der schweizerischen Asylgesetzgebung vorgesehenen Möglichkeit der Einreichung eines Asylgesuches aus dem Ausland (aus der Heimat oder einem Drittstaat) in den Fällen, in denen keine offensichtliche Beziehung zur Schweiz vorliegt.

4.4. Vor weiteren Ausführungen zur Anwendbarkeit von Art. 52 Abs. 2 AsylG ist festzuhalten, dass im Falle des Beschwerdeführers durchaus nachvollziehbare Hinweise auf ein flüchtlingsrechtlich relevante Gefährdungslage vorhanden sind.

Aufgrund der vorgelegten Ausweise und Beweismittel liegen hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Angehörigen der ugandischen Sicherheitskräfte handeln könnte, welcher einen offiziellen Auslandeinsatz ausgenutzt hat, um von seiner bisherigen Tätigkeit im Staatsdienst abzuspringen. Zwar wurden die in diesem Zusammenhang vorgelegten Ausweise und Beweismittel noch keiner näheren Prüfung unterzogen. Es sind jedoch keine Indizien ersichtlich, welche Anlass geben könnten, an deren Authentizität zu zweifeln. In den schriftlichen Ausführungen des Beschwerdeführers sind keine wesentlichen Widersprüche ersichtlich; in den relevanten Grundzügen erscheinen seine Schilderungen als in sich schlüssig. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Sachverhalt und seine Gesuchsgründe im Einzelnen, wie auch die von ihm geltend gemachten Ereignisse und Vorfälle betreffend nähere Verwandte bedürfen indes sicher noch einer näheren Prüfung.

Vor dem Hintergrund der in Uganda herrschenden Verhältnisse kann jedoch bereits an dieser Stelle gesagt werden, dass der Beschwerdeführer mit seinem Absprung im Vorfeld einer offiziellen diplomatischen Mission respektive eines


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Staatsbesuchs mit Sicherheit für erhebliche Irritationen - auf ugandischer Seite mithin für einen Gesichtsverlust - gesorgt hätte. Aufgrund des vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeitungsberichts (in welchem sein Name leicht falsch zitiert wurde) ist zu schliessen, dass sein Absprung durchaus einer Erklärung von offizieller Seite bedurfte. Dabei ist anzumerken, dass sich Japan in erheblichem Umfang in Uganda engagiert und dass den Beziehungen zu Japan von ugandischer Seite ein besonderes Gewicht zugemessen wird. Vor diesem Hintergrund würde der Beschwerdeführer - sollte sich der von ihm geltend gemachte Sachverhalt bestätigen - im Falle einer Rückschiebung nach Uganda mit Sicherheit eine besondere Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden auf sich ziehen. Die Erwähnung seiner Person im ugandischen "The Monitor", einer grundsätzlich seriösen, unabhängigen und oft auch regimekritischen Zeitung, lässt das Risiko nicht als geringer erscheinen. Alleine von daher kann der Beschwerdeführer nicht damit rechnen, als bekannte Persönlichkeit habe er weniger gravierende Nachteile zu gewärtigen. Unter Berücksichtigung der notorisch schlechten Menschenrechtslage in Uganda kann mithin eine aktuelle, flüchtlingsrechtlich relevante Gefährdung nicht ausgeschlossen werden. Ob die Vorbringen des Beschwerdeführers den Anforderungen von Art. 3 AsylG genügen, lässt sich aufgrund der derzeitigen Aktenlage nicht abschliessend beurteilen. In dieser Hinsicht bedarf er weiterer Abklärungen; der Sachverhalt ist noch nicht hinreichend erstellt.

4.5. Für die Frage der Anwendbarkeit von Art. 52 Abs. 2 AsylG bleibt nach vorstehenden Erwägungen zu prüfen, ob es andere Staaten gibt, in welchen es dem Beschwerdeführer - prioritär vor der Schweiz - zugemutet werden kann, sich um eine Schutzgewährung respektive um Asyl zu bemühen.

5.

5.1. Da sich der Beschwerdeführer bereits in Japan befindet, liegt es grundsätzlich auf der Hand, dass er sich vorab dort um eine Schutzgewährung bemüht. Aufgrund der gesamten Aktenlage ist indes nicht davon auszugehen, Japan stelle für den Beschwerdeführer eine zumutbare Alternative dar.

Anlässlich der Einladung zur Vernehmlassung wurde die Vorinstanz unter anderem auf die der ARK zur Verfügung stehenden Informationen zum Asylsystem in Japan aufmerksam gemacht. Dabei wurde unter Verweis auf diverse Quellen auf den Umstand hingewiesen, dass Japan verglichen mit anderen Industriestaaten eine besonders niedrige Anzahl an Asylanträgen aufweist (laut UNHCR wurden in den Jahren 1990 bis 2001 nur knapp 1’600 Anträge bzw. für das Jahr 2001 genau 353 Anträge ausgewiesen) und dass das japanische Verfahren zur Anerkennung von Flüchtlingen hinter internationalen Standards zurück bleibt (vgl. Amnesty International, Jahresbericht 2003). Die vorhandenen Quellen be-


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schreiben das japanische Asylverfahren als sehr restriktiv, von erheblichen Verzögerungen und strenger Geheimhaltung gekennzeichnet. Ferner scheine es vielen Asylsuchenden gar nicht erst zu gelingen, ein Asylgesuch zu stellen. Schliesslich würden die Behörden - so Amnesty International unter Berufung auf weitere Berichte - unter Missachtung des international anerkannten Prinzips des Non-Refoulement Abschiebungen von Asylsuchenden in Länder durchführen, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohten. Dabei würden viele Rückführungen heimlich stattfinden.

In seiner Vernehmlassung hat das BFF nichts eingebracht, was das japanische Asylverfahren in einem günstigeren Lichte darstellen würde. Das BFF belässt es bei der Feststellung, da sich der Beschwerdeführer mittlerweile seit mehreren Monaten in Japan aufhalten könne, sei davon auszugehen, dass er dort nicht in dem von ihm vorgebrachten Masse gefährdet sei. Vor dem Hintergrund der greifbaren Informationen zum japanischen Asylverfahren ist dieser Schluss jedoch als blosse Mutmassung zu erkennen. Die Vorbringen des Beschwerdeführers, ihm sei anlässlich seiner Gesuchseinreichung mit einer Abschiebung nach Uganda gedroht worden und schliesslich hätten die Behörden sein Asylgesuch nur unter der Bedingung entgegen genommen, dass er umgehend seine Weiterreise in ein anderes Land organisiere, lassen sich demgegenüber mit den zum japanischen Asylverfahren vorhandenen Angaben grundsätzlich vereinbaren.

Damit erscheint die Befürchtung, es drohe eine Abschiebung in den Heimatstaat, als grundsätzlich nachvollziehbar. Eine hinreichende Grundlage für die Annahme, es bestehe Gewähr dafür, dass der Beschwerdeführer in Japan ein ordentliches Asylverfahren durchlaufen kann, besteht demgegenüber nicht.

5.2. In seiner Vernehmlassung geht das BFF davon aus, der Beschwerdeführer weise aufgrund seiner Sprache - viel eher als zur Schweiz - eine Nähe zu anglophonen Staaten auf. Aufgrund eines verwandtschaftlichen Bezugspunktes zu einem Onkel verweist es dabei vorab auf Grossbritannien. Diese Erwägungen überzeugen nicht. Es ist viel mehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht nur zur Schweiz keine besondere, enge, persönliche Beziehung hat, sondern überhaupt zu keinem anderen Staat ausserhalb seiner Heimat.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die englische Sprache beherrscht, spricht zwar mit Blick auf die Integrationsmöglichkeiten durchaus für eine Gesucheinreichung eher in einem anglophonen Staat als in der Schweiz. Damit ist jedoch noch kein konkreter persönlicher Anknüpfungspunkt zu einem bestimmten Staat ersichtlich gemacht. Für sich alleine ist die Sprache, mangels Individualität, als sehr schwacher Ansatz zu bezeichnen. Die vom BFF weiter herangezogenen Umstände - ugandische Diaspora in anglophonen Ländern, Aufenthalt


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eines Onkels in Grossbritannien - stellen ebenso bloss schwache Ansätze dar. (…).

5.3. In seinen Erwägungen verkennt das BFF schliesslich, dass ohnehin nur wenige Staaten die Möglichkeit einer Gesuchseinreichung aus dem Ausland und insbesondere die Möglichkeit einer Einreise während Hängigkeit des Verfahrens kennen. Das britische Asylverfahren - auf welches der Beschwerdeführer vom BFF sinngemäss verwiesen wird - kennt diese Möglichkeit grundsätzlich nicht. Die Einreichung eines Asylgesuchs aus dem Ausland ist im Vereinigten Königreich grundsätzlich nicht möglich; wurde gelegentlich dennoch ein solches Gesuch behandelt, wurde während des Verfahrens keine Einreisebewilligung erteilt (vgl. dazu "Asylum Practice and Procedure, Country-by-Country Handbook", G. Care, Kapitel "United Kingdom", London, 1999, S. 170).

6. Von der Vorinstanz wird nicht bestritten, dass gemäss den zu beachtenden Bestimmungen einer gesuchstellenden Person die Einreise in die Schweiz zugestanden werden muss, wenn nach Prüfung im Einzelfall festgestellt wird, dass diese nicht in der Lage ist, den Schutz eines Drittstaates zu erhalten, und dass dies auch ohne das Bestehen einer besonderen Beziehungsnähe zur Schweiz gilt. Erforderlich ist zudem, dass eine Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG glaubhaft gemacht worden ist, oder zumindest, dass der gesuchstellenden Person ein Verbleib am Aufenthaltsort für die Dauer der weiteren Sachverhaltsabklärungen nicht zugemutet werden kann (vgl. dazu EMARK 1997 Nr. 15, S. 129 f.).

Aufgrund der vorliegenden Akten kann nicht davon ausgegangen werden, der Beschwerdeführer habe vorrangig vor der Schweiz zu irgendeinem anderen Staat eine besondere Beziehung respektive er verfüge tatsächlich - im Sinne einer effektiven Alternative - über die Möglichkeit, in einem anderen Land um Schutz zu ersuchen. Das BFF hat demnach die Ausschlussklausel gemäss Art. 52 Abs. 2 AsylG zu Unrecht angewandt. Da zumindest aufgrund der derzeitigen Aktenlage von einer aktuellen Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers auszugehen ist, ist die angefochtene Verfügung aufzuheben und dem Beschwerdeführer die Einreise in die Schweiz zu bewilligen. Da die derzeitige Aktenlage für eine abschliessende Beurteilung des Asylgesuches nicht genügend erstellt ist, ist dem Beschwerdeführer indes die Einreise zwecks weiterer Sachverhaltsabklärung zu bewilligen.

 

 

 

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