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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 3. November 1999 i.S. S.S. (Tschechische Republik)

[English Summary]

Art. 63 Abs. 1 Bst. b AsylG; Art. 1 C Ziff. 1 und 5 Abs. 1 FK: Widerruf des Asyls; Beanspruchen des Schutzes des Heimatstaates; Frage der Staatsangehörigkeit nach Auflösung der früheren Tschechoslowakei.

Ehemalige Bürger der Tschechoslowakei, welche bei Teilung dieses Staates in die Tschechische und in die Slowakische Republik (1.1.1993) nicht zugleich die Staatsangehörigkeit einer der beiden bisherigen Teilrepubliken besassen, können nach tschechischem Recht durch einfache Erklärung die Staatsangehörigkeit der Tschechischen Republik erlangen. Im konkreten Fall ist daher - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers, staatenlos zu sein - Tschechien als dessen Heimatstaat zu betrachten. Die veränderten Verhältnisse in diesem Staat wie auch Kontaktnahmen mit dessen Behörden gelten daher als Widerrufsgründe gemäss Art. 1 C Ziff. 1 und 5 FK.

Art. 63 al. 1 let. b LAsi ; art. 1 C ch. 1 et 5 al. 1 Conv. : révocation de l'asile ; revendication de la protection du pays d'origine ; question de la nationalité après la partition de l'ancienne Tchécoslovaquie.

Les citoyens de l'ex-Tchécoslovaquie qui, lors de la partition de cet Etat en Républiques tchèque et slovaque, au 1er janvier 1993, ne possédaient pas la nationalité de l'un de ces deux Etats, peuvent, selon le droit tchèque, obtenir la nationalité tchèque par simple déclaration. En l'espèce, contrairement aux allégations du recourant qui prétend être apatride, la République tchèque doit être considérée comme son pays d'origine. Le changement de situation dans ce pays et le fait que le recourant a pris contact avec les autorités de celui-ci constituent un motif de révocation au sens de l'art. 1 C ch. 1 et 5 al. 1 Conv.. 


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Art. 63 cpv. 1 lett. b LAsi; art. 1 C n. 1 e 5 cpv. 1 Conv.: revoca dell‘asilo; rivendicazione della protezione dello Stato d‘origine; questione della cittadinanza dopo la dissoluzione dell'ex Cecoslovacchia.

Gli ex cittadini della Cecoslovacchia, che al momento della partizione di tale Stato nella Repubblica Ceca e nella Slovacchia (1.1.1993), non possedevano la cittadinanza di una delle due ex repubbliche che componevano la Cecoslovacchia, possono ottenere la cittadinanza della Repubblica Ceca con una semplice dichiarazione. Nel caso concreto, detto Paese, contrariamente a quanto preteso dal ricorrente, deve essere considerato siccome il suo Stato d'origine. La nuova situazione creatasi in tale Stato e i contatti con le sue autorità costituiscono motivi di revoca ai sensi dell‘art. 1 C n. 1 e 5 cpv. 1 Conv.

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Der 1945 geborene Beschwerdeführer verliess die ehemalige Tschechoslowakei im Dezember 1976 und stellte im Januar 1977 in der Schweiz ein Asylgesuch. Die damals zuständige Polizeiabteilung des EJPD anerkannte den Beschwerdeführer am 3. Mai 1977 als Flüchtling und gewährte ihm Asyl in der Schweiz. Der Beschwerdeführer besitzt heute eine Niederlassungsbewilligung.

Unter Bezugnahme auf die veränderte Lage in der ehemaligen Tschechoslowakei und mehrmalige Aufenthalte in diesem Land gewährte das BFF dem Beschwerdeführer am 1. März 1995 das rechtliche Gehör im Hinblick auf eine Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft und einen Widerruf des Asyls. Mit Eingabe vom 30. März 1995 liess sich der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter dazu vernehmen und machte im Wesentlichen geltend, die Voraussetzungen für den Asylwiderruf seien nicht gegeben. Er sei in den letzten zwei Jahren weder mehrmals in der ehemaligen Tschechoslowakei gewesen noch habe er sich unter deren Schutz gestellt. Zudem sei er nicht mehr tschechischer Staatsangehöriger. In seiner Eingabe vom 12. April 1995 an das BFF zwecks Ausstellung eines neuen Reiseausweises für Flüchtlinge führte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter an, dass ihm die tschechische Botschaft in Bern einen provisorischen Reisepass ausgestellt habe. Vorgängig habe er am 1. November 1994 um die Ausstellung eines ordentlichen tschechischen Passes ersucht. Dieses Gesuch sei aber am 31. Januar 1995 abgelehnt worden, weshalb in der Folge der provisorische Pass nicht mehr verlängert worden sei. In


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seiner zweiten Stellungnahme vom 21. April 1995 zum angekündigten Asylwiderruf bestritt der Beschwerdeführer nochmals, je in sein Heimatland zurückgekehrt zu sein und machte unter Vorlage von tschechischen Dokumenten (in Kopie) geltend, dass ihm die Tschechische Republik die Staatsbürgerschaft aberkenne. Auf Aufforderung des BFF hin reichte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15. Juni 1995 eine Kopie des bis 31. März 1995 befristeten Reisepasses der Tschechischen Republik, einen Entscheid der "Polizei der Tschechischen Republik" vom 4. April 1995 sowie ein Schreiben der Botschaft der Slowakischen Republik vom 10. Mai 1995 ein. In diesem Zusammenhang machte er geltend, aus den beiden letztgenannten Dokumenten gehe hervor, dass er weder Bürger der Tschechischen noch der Slowakischen Republik sei. Wie er in einer weiteren Eingabe an das BFF vom 9. August 1995 anführte, sei aus dem eingereichten Dokument vom 15. März 1995 zu entnehmen, dass er sich gegen die Verweigerung der Staatsbürgerschaft beim Verfassungsgericht der Tschechischen Republik erfolglos beschwert habe.

Mit Verfügung vom 15. Juli 1997 widerrief das BFF dem Beschwerdeführer das Asyl und aberkannte ihm die Flüchtlingseigenschaft. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, die politische Situation in der ehemaligen Tschechoslowakei habe sich seit der Ausreise des Beschwerdeführers grundlegend verändert und entspreche nicht mehr jener, die seinerzeit die Flucht verursacht und zur Asylgewährung in der Schweiz geführt habe. Zudem sei dem BFF mitgeteilt worden, dass sich der Beschwerdeführer in den letzten Jahren mehrmals in seinem Heimatstaat aufgehalten haben solle. Weiter stehe fest, dass er sich im Besitz eines Reisepasses der tschechischen Republik befunden habe. Gemäss Art. 41 Abs. 1 Bst. b aAsylG werde das Asyl widerrufen aus Gründen nach Art. 1 C Ziffn. 1 - 6 FK. Art. 1 C Ziff. 5 FK halte fest, dass eine Person nicht mehr unter das Abkommen falle, wenn sie nach Wegfall der Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden sei, es nicht mehr ablehnen könne, den Schutz ihres Heimatstaates in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der veränderten Situation in der ehemaligen Tschechoslowakei sei diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt. Gemäss Ziff. 1 derselben Bestimmung falle eine Person ebenfalls nicht mehr unter das Abkommen, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz des Landes, dessen Staatsangehörigkeit sie besitze, gestellt habe. Durch die Annahme heimatlicher Ausweispapiere habe sich der Beschwerdeführer bereits freiwillig wieder unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt und diesen Schutz erhalten.


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Mit Beschwerde vom 15. September 1997 beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter, es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben.

Mit Zwischenentscheid vom 12. November 1997 forderte der Instruktionsrichter der ARK den Beschwerdeführer unter Fristansetzung auf, mitzuteilen, was er bisher für den Erwerb der tschechischen oder slowakischen Staatsbürgerschaft (nicht bloss bezüglich Reisepapiere) unternommen habe.

Die Vorinstanz beantragte in ihren Vernehmlassungen vom 12. Januar 1998 und 15. Juli 1999 die Abweisung der Beschwerde.

Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

3.  a) Gemäss Art. 63 Abs. 1 Bst. b AsylG wird das Asyl aus den in Art. 1 C Ziffn. 1 - 6 FK genannten Gründen widerrufen. Art. 1 C Ziff. 5 Abs. 1 FK hält fest, dass eine Person nicht mehr unter das Abkommen fällt, wenn sie nach Wegfall der Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Landes in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Gemäss Art. 1 C Ziff. 6 Abs. 1 FK gilt dies auch für staatenlose Personen. Diese müssen indes in der Lage sein, in den ehemaligen Verfolgerstaat zurückzukehren (vgl. UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Genf 1993, Rz. 139, S. 38).

b)  Der Beschwerdeführer macht geltend, das BFF habe ihm im Schreiben vom 1. März 1995 (Gewährung des rechtlichen Gehörs zum beabsichtigten Asylwiderruf) geraten, sich mit der heimatlichen Vertretung in der Schweiz in Verbindung zu setzen und einen neuen Reisepass zu beantragen, um zu vermeiden, dass er nach Erlass der Verfügung des BFF über kein Reisepapier mehr verfüge. Wenn nun das Bundesamt in der angefochtenen Verfügung jene Handlung (Passantrag) als Grund für den Asylwiderruf bezeichne, zu welcher es dem Beschwerdeführer schon im Vorfeld der Verfügung geraten habe, verstosse es gegen das Gebot der Fairness. Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht, zumal dem Beschwerdeführer bereits am 29. Dezember 1994 bei der Vertretung der Tschechischen Republik in der Schweiz ein Pass ausgestellt worden war. Ein Pass ist eine öffentliche, internationale Anerkennung geniessende Urkunde eines Staates. Er dient einerseits als Beweis der Identität


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seines Inhabers, berechtigt aber auch zur Annahme, dass der Inhaber - bis zum Beweis des Gegenteils - die Staatsangehörigkeit des ausstellenden Staates besitzt (vgl. EMARK 1998 Nr. 15, S. 128 f., Erw. 10b). Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, im Zusammenhang mit dem Versuch, einen tschechischen Pass zu erlangen, hätten die tschechischen Behörden festgestellt, dass er nicht tschechischer Staatsangehöriger sei. Die slowakischen Behörden ihrerseits hätten eine slowakische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers verneint. Deshalb würde ihm kein Staat Schutz gewähren. Der Beschwerdeführer beruft sich somit im Ergebnis auf eine angebliche Staatenlosigkeit, welche einem Asylwiderruf und der Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegenstünde, weil ihm eine - auch rein hypothetische - Rückkehr in den Heimatstaat aus rechtlichen Gründen unmöglich wäre. Angesichts des Umstandes, dass der tschechische Pass des Beschwerdeführers am 31. März 1995 abgelaufen ist und die Direktion der Dienste der Fremden- und Grenzpolizei der Tschechischen Republik in ihrem Entscheid vom 4. April 1995 die tschechische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers verneinte, ist zu prüfen, ob es sich beim Beschwerdeführer tatsächlich um einen Staatenlosen handelt.

c)  Die ursprünglichen Nachkriegsregelungen der Staatsbürgerschaft von 1949 und 1958 wurden in der ehemaligen Tschechoslowakei durch die Staats- und Verfassungsreform von 1968 in wesentlichen Teilen aufgehoben (siehe zum Folgenden A. Bergmann/M. Ferid/D. Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, Frankfurt/Berlin, 6. Aufl. 1983 ff. {Loseblattform}, 134. Lieferung, abgeschlossen am 31. März 1999, Tschechische Republik, S. 7 ff.). Die Gründung der Föderation brachte drei neue Gesetze über die Staatsangehörigkeit mit sich. Nach dem damals geltenden Recht bestand eine einheitliche tschechoslowakische Staatsbürgerschaft, wobei jeder tschechoslowakische Staatsbürger gleichzeitig der Bürger einer der beiden Teilrepubliken (Böhmen und Mähren oder Slowakei) war. Für den Erwerb der Staatsangehörigkeit galt das Prinzip des ius sanguinis, d.h. die Staatsbürgerschaft wurde durch Geburt - unabhängig vom Geburtsort - erworben, wenn wenigstens ein Elternteil tschechoslowakischer Staatsbürger war. Weiterhin konnte die Staatsbürgerschaft durch Heirat (nur Frauen und auf Antrag) oder durch Verleihung erworben werden. Ein tschechoslowakischer Staatsbürger konnte nicht auf seine Staatsbürgerschaft verzichten; möglich war nur entweder eine Entlassung aus dem Staatsverband oder die Aberkennung der Staatsbürgerschaft. Über den Antrag auf Entlassung entschieden die Bezirksnationalausschüsse (zweitniedrigste Verwaltungsstufe), für die Aberkennung der Staatsbürgerschaft galten noch die alten Bestimmungen der Staatsangehörig-


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keitsgesetze von 1949 und 1958; zuständig waren die Innenministerien der Teilrepubliken. Nach den Novemberereignissen 1989 wurde das Staatsbürgerschaftsrecht in seinen Grundzügen beibehalten und zunächst nur soweit verändert, als die zwischenzeitlich durch Gesetzesmassnahme Nr. 124/1969 Sb nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt Staaten wegen der grossen Flüchtlingswelle eingeführte Möglichkeit der Zwangsausbürgerung durch das Gesetz Nr. 92/1990 Sb wieder aufgehoben wurde. Am 1. Januar 1993 trat gleichzeitig mit der Entstehung eines souveränen tschechischen Staates auch ein neues Gesetz über den Erwerb und Verlust der tschechischen Staatsbürgerschaft in Kraft, das die vorhergehenden Bestimmungen der Slowakischen Sozialistischen Republik und der Tschechischen Sozialistischen Republik mit Geltung für die Tschechische Republik aufhob. Das geltende Gesetz über den Erwerb und Verlust der Staatsbürgerschaft der Tschechischen Republik geht nach wie vor vom Grundsatz des ius sanguinis aus. Darüberhinaus enthält es Bestimmungen, die eine Kontinuität der Staatsbürgerschaft für die Bürger der früheren Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik (CSFR) gewährleisten sollen. Tschechische Staatsbürger im Sinne des neuen Gesetzes werden nicht nur Staatsbürger der früheren Tschechoslowakei, die gleichzeitig die Staatsbürgerschaft der Tschechischen Republik hatten, sondern durch Option auch die Staatsbürger der CSFR, die zum 31. Dezember 1992 weder die tschechische noch die slowakische Staatsbürgerschaft besassen. Gemäss § 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Erwerb und den Verlust der Staatsbürgerschaft der Tschechischen Republik Nr. 40/1993 Sb (in der Fassung der Gesetze Nr. 272/1993 Sb, Nr. 140/1995 Sb und Nr. 139/1996 Sb; Staatsbürgerschaftsgesetz) kann eine natürliche Person, die am 31. Dezember 1992 die Staatsbürgerschaft der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik hatte, jedoch weder die Staatsbürgerschaft der Tschechischen noch die der Slowakischen Republik besass, die Staatsbürgerschaft der Tschechischen Republik durch Erklärung annehmen. Im Ausland ist diese Erklärung vor der diplomatischen Vertretung der Tschechischen Republik abzugeben (§ 6 Abs. 2 Staatsbürgerschaftsgesetz). Aus den im Beschwerdeverfahren eingereichten Schreiben der tschechischen und slowakischen Behörden geht nicht hervor, dass dem Beschwerdeführer die Staatsangehörigkeit der früheren Tschechischen Sozialistischen Republik und der Slowakischen Sozialistischen Republik (CSSR) abgesprochen wird. Die Staatsbürger der damaligen Teilrepubliken waren gleichzeitig Staatsbürger der damals kommunistischen Tschechoslowakei (vgl. Bergmann/Ferid/Henrich, a.a.O, S. 2). Beim Übergang der CSSR zur Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik (CSFR) blieb die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit bestehen, d.h. aus Bürgern der CSSR wurden automatisch Bürger der CSFR. Folglich besass der Beschwerdeführer am 31. Dezember 1992 die


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Staatsangehörigkeit der CSFR und kann nach § 6 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz durch (einfache) Erklärung die Staatsbürgerschaft der Tschechischen Republik annehmen. Der durch die Entstehung der Tschechischen Republik (1.1.1993) - welche ein Nachfolgerstaat der CSFR ist - ausgelöste Schwebezustand bei der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ist somit rein formeller Natur, zumal dieser Staatsangehöriger der ehemaligen Tschechoslowakei beziehungsweise der CSFR war. Im Weiteren ist zu beachten, dass die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft infolge einer neu erworbenen Staatsangehörigkeit gemäss Art. 1 C Ziff. 3 FK keinen freiwilligen Erwerb voraussetzt, wenn dem Flüchtling im Rahmen einer Staatennachfolge und in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht von einem neu gebildeten Staat kraft Gesetzes und ohne Mitwirkung des Betroffenen dessen Staatsangehörigkeit verliehen wird (vgl. EMARK 1998 Nr. 15, S. 123 ff., Erw. 8 und 9). Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstandes, dass der Erwerb der Staatsbürgerschaft der Tschechischen Republik nach § 6 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz zwar nicht automatisch, aber neben einer entsprechenden Erklärung des Betroffenen lediglich den Nachweis der Staatsangehörigkeit der CSFR bis zum 31. Dezember 1992 voraussetzt und diese bei allen Staatsangehörigen der ehemaligen CSSR bis zum Beweis des Gegenteils zu vermuten ist, liegt beim Beschwerdeführer keine Staatenlosigkeit im materiellen Sinne vor. Dass seine bisherigen Schritte für die Annahme der tschechischen Staatsangehörigkeit erfolglos waren, spricht angesichts seines mangelnden Willens, diese zu erwerben, nicht von vornherein gegen die objektiv bestehende Möglichkeit, diese zu erlangen. Gegen die Staatenlosigkeit des Beschwerdeführers spricht auch die Tatsache, dass er gemäss Auskunft der Konsularabteilung der tschechischen Botschaft in Bern vom 14. Mai 1999 Wohnsitz in Prag (...) verzeichnete. Die Erklärung des Beschwerdeführers, es handle sich dabei lediglich um ein Zustelldomizil, vermag nicht zu überzeugen, zumal die amtliche Erfassung einer Adresse den Aufenthalt des Betroffenen im entsprechenden Hoheitsgebiet voraussetzt. Es ist aber unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer in Tschechien eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätte, falls die Behörden dieses Landes ihn als staatenlos betrachten würden, zumal auch die tschechische Republik bestrebt ist, die Einwanderung von Ausländern zu kontrollieren und dabei gegenüber Staatenlosen unter Berücksichtigung allfälliger Fürsorgerisiken eine restriktive Zulassungspraxis betreibt.

d)  In Tschechien ist die generelle Situation über den Zeitraum der letzten Jahre derart demokratisch, rechtsstaatlich, menschenrechtskonform, stabil und dauerhaft geworden, dass eine grundlegende Verbesserung der Verhältnisse an-


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genommen wird, welche die Anwendung von Art. 1 C Ziff. 5 Abs. 1 FK bei tschechischen Staatsangehörigen grundsätzlich rechtfertigt (vgl. EMARK 1995 Nr. 16, S. 160, Erw. 5a). Dies gilt auch für Staatsangehörige der ehemaligen Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik, die durch eine entsprechende Erklärung die Staatsangehörigkeit der tschechischen Republik annehmen können. Überdies ist die Registrierung eines Wohnsitzes in Prag ein gewichtiges Indiz dafür, dass sich der Beschwerdeführer auf das Hoheitsgebiet eines der Nachfolgestaaten seines ehemaligen Verfolgerstaates begeben und sich somit unter dessen Schutz gestellt hat. Durch dieses Verhalten hat der Beschwerdeführer selbst bewiesen, dass ihm dort keine asylrechtlich relevante Verfolgung droht. Damit erweisen sich die von Art. 1 C Ziff. 5 Abs. 1 FK beziehungsweise Art. 63 Abs. 1 Bst. b AsylG statuierten Voraussetzungen für die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft beziehungsweise den Widerruf des Asyls als erfüllt, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die weiteren im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Argumente und als Beweismittel eingereichten Dokumente im Einzelnen einzugehen, da sie nicht zu einem anderen Entscheid führen.

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