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zwingend, dass ein Nichteintreten nicht möglich ist, wenn das Asylgesuch im
Drittstaat nicht mehr hängig ist - es sei denn, der Drittstaat sei vertraglich
zuständig. Es besteht somit ein Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der
Schweiz.
Im sog. Zweiten Schengener Abkommen (Art. 34) und entsprechend im Dubliner Abkommen (Art.
10 Ziff. 1 Bst. e) ist vorgesehen, dass der Staat, der für ein Asylverfahren zuständig
ist und dieses durchgeführt hat, auch nach negativem Abschluss des Asylverfahrens bis zum
Vollzug der Wegweisung (durch Ausschaffung aus dem Gebiet der Vertragsstaaten) weiterhin
zuständig bleibt und somit gegenüber den Vertragsstaaten zur Rücknahme der betreffenden
Person verpflichtet ist. Wäre die Schweiz einem solchen Erstasylabkommen angeschlossen,
müsste eine Vertragspartei einen Asylbewerber mit negativem Asylentscheid wieder
zurücknehmen - unter Ausschluss eines Asylverfahrens in der Schweiz. Solange die Schweiz
aber keine solchen Abkommen abgeschlossen hat, bleiben Zweitgesuche nach Abschluss des
ausländischen Verfahrens erlaubt (Kälin, a.a.O., S. 263).
Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht um einen Nichteintretensentscheid, sondern
nur um eine vorsorgliche Wegweisung in einen Drittstaat. Die genannte Feststellung ist
gleichwohl von Bedeutung, weil damit einerseits gesagt ist, dass die Tatsache eines
bereits durchgeführten Asylverfahrens im Drittstaat für sich allein keineswegs die
Zumutbarkeit (bzw. Zulässigkeit) der Wegweisung dorthin begründet. Gegenteils stellt
sich jedoch die Frage, ob ein im Drittstaat bereits durchgeführtes Verfahren mit
definitivem negativen Ergebnis nicht vielmehr einen Grund darstellt, um die Wegweisung in
diesen Drittstaat als unzumutbar bzw. unzulässig erscheinen zu lassen, weil dann - wie im
vorliegenden Fall - offensichtlich keine Möglichkeit des weiteren Verbleibs im Drittstaat
besteht. Da die Praxis bei Anwendung von Art. 6 AsylG eine solche Möglichkeit des
weiteren Verbleibs voraussetzt, ist nachfolgend zu untersuchen, ob diese Voraussetzung
auch bei einer vorsorglichen Wegweisung nach Art. 19 Abs. 2 AsylG gilt.
d) aa) Bezüglich der "materiellen" Drittstaatsklausel im Sinne von Art. 6 Abs.
1 AsylG besteht eine klare und publizierte Praxis der ARK in dem Sinne, dass die Anwendung
dieser Bestimmung die Möglichkeit eines "dauernden Aufenthaltes" ("séjour
durable") im Drittstaat voraussetzt. Diese Praxis wurde aus der in EMARK 1994 Nr. 28,
S. 202, und 1995 Nr. 22, S. 214 publizierten Interpretation abgeleitet, wonach die
Wegweisung in einen Drittstaat voraussetzt, dass "l'interessé a la possibilité à
la fois effective et légale de s'y
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