1998 / 24  - 214

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zwingend, dass ein Nichteintreten nicht möglich ist, wenn das Asylgesuch im Drittstaat nicht mehr hängig ist - es sei denn, der Drittstaat sei vertraglich zuständig. Es besteht somit ein Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Schweiz.

Im sog. Zweiten Schengener Abkommen (Art. 34) und entsprechend im Dubliner Abkommen (Art. 10 Ziff. 1 Bst. e) ist vorgesehen, dass der Staat, der für ein Asylverfahren zuständig ist und dieses durchgeführt hat, auch nach negativem Abschluss des Asylverfahrens bis zum Vollzug der Wegweisung (durch Ausschaffung aus dem Gebiet der Vertragsstaaten) weiterhin zuständig bleibt und somit gegenüber den Vertragsstaaten zur Rücknahme der betreffenden Person verpflichtet ist. Wäre die Schweiz einem solchen Erstasylabkommen angeschlossen, müsste eine Vertragspartei einen Asylbewerber mit negativem Asylentscheid wieder zurücknehmen - unter Ausschluss eines Asylverfahrens in der Schweiz. Solange die Schweiz aber keine solchen Abkommen abgeschlossen hat, bleiben Zweitgesuche nach Abschluss des ausländischen Verfahrens erlaubt (Kälin, a.a.O., S. 263).

Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht um einen Nichteintretensentscheid, sondern nur um eine vorsorgliche Wegweisung in einen Drittstaat. Die genannte Feststellung ist gleichwohl von Bedeutung, weil damit einerseits gesagt ist, dass die Tatsache eines bereits durchgeführten Asylverfahrens im Drittstaat für sich allein keineswegs die Zumutbarkeit (bzw. Zulässigkeit) der Wegweisung dorthin begründet. Gegenteils stellt sich jedoch die Frage, ob ein im Drittstaat bereits durchgeführtes Verfahren mit definitivem negativen Ergebnis nicht vielmehr einen Grund darstellt, um die Wegweisung in diesen Drittstaat als unzumutbar bzw. unzulässig erscheinen zu lassen, weil dann - wie im vorliegenden Fall - offensichtlich keine Möglichkeit des weiteren Verbleibs im Drittstaat besteht. Da die Praxis bei Anwendung von Art. 6 AsylG eine solche Möglichkeit des weiteren Verbleibs voraussetzt, ist nachfolgend zu untersuchen, ob diese Voraussetzung auch bei einer vorsorglichen Wegweisung nach Art. 19 Abs. 2 AsylG gilt.

d) aa) Bezüglich der "materiellen" Drittstaatsklausel im Sinne von Art. 6 Abs. 1 AsylG besteht eine klare und publizierte Praxis der ARK in dem Sinne, dass die Anwendung dieser Bestimmung die Möglichkeit eines "dauernden Aufenthaltes" ("séjour durable") im Drittstaat voraussetzt. Diese Praxis wurde aus der in EMARK 1994 Nr. 28, S. 202, und 1995 Nr. 22, S. 214 publizierten Interpretation abgeleitet, wonach die Wegweisung in einen Drittstaat voraussetzt, dass "l'interessé a la possibilité à la fois effective et légale de s'y