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ee) Sowohl die Hutu wie die Tutsi werden von unüberwindbarem Misstrauen und von der Angst beherrscht, dass die jeweils andere Gemeinschaft einen Genozid anstrebe. Die Hutu haben gegen ihre Ethnie gerichtete Pogrome in der Vergangenheit wiederholt erlebt; nachdem ihnen mit der Ermordung Ndadayes im Oktober 1993 die demokratisch erlangte Macht verloren gegangen war, begannen ihrerseits nun bewaffnete Hutu-Milizen, Massaker gegen Tutsi zu verüben, wobei sie offenbar auf Unterstützung durch das ehemalige Zaire beziehungsweise durch die aus Ruanda geflüchteten und am dortigen Genozid von 1994 verantwortlichen Hutu zurückgreifen konnten. Die Tutsi ihrerseits befürchten, Opfer eines Genozids zu werden angesichts der Tatsache, dass 1994 in Ruanda Hunderttausende von Tutsi umgebracht wurden; die Tutsi-dominierten Sicherheitskräfte sowie "private" Tutsi-Milizen - welche offenkundig eine Tolerierung, wenn nicht gar aktive Zusammenarbeit und Förderung durch Armee und Polizei erfahren - begehen ihrerseits Massaker an den Hutu. Gegenseitig werden seit Oktober 1993 - und bis heute anhaltend - Massaker an der jeweils anderen Ethnie (sowie an Angehörigen der eigenen Ethnie, die als zu gemässigt empfunden werden) verübt. Die Sicherheitskräfte sind, wie erwähnt, an den Massakern beteiligt; zwar stellt die Armee ihre Aktionen unter den Vorwand, Hutu-Guerillas zu bekämpfen oder zu entwaffnen, in Wirklichkeit handelt es sich indessen oftmals um Massaker an unbeteiligten Zivilisten und eine Grosszahl der Getöteten sind Unbewaffnete, Frauen und Kinder. Die Opfer werden offenbar mehr oder weniger wahllos, einzig bestimmt durch ihre jeweilige ethnische Zugehörigkeit, zur Zielscheibe; soweit eine Gezieltheit der Ermordungen gegen bestimmte Personen festgestellt werden kann, handelt es sich um politisch exponierte Persönlichkeiten, um Journalisten, Priester, sodann um Mitarbeiter ausländischer humanitärer Organisationen; unter den Hutu werden offenbar gezielt geschulte und gebildete Personen, die einer potentiellen Hutu-Elite zugehören könnten, umgebracht.

ff) Die Justiz ist nahezu zusammengebrochen und arbeitet kaum noch nach rechtstaatlichen Grundsätzen. Verantwortliche von Massakern werden in keiner Weise zur Verantwortung gezogen und das Morden bleibt gänzlich unbestraft; schon die für die Ermordung Ndadayes im Oktober 1993 Verantwortlichen blieben gänzlich unbehelligt. Soweit Justizorgane noch tätig sind, sind auch sie - wie die Sicherheitskräfte - von den Tutsi dominiert; bei den Personen, die unter dem Vorwurf der Beteiligung an Massakern festgenommen und angeklagt werden, handelt es sich denn auch praktisch ausnahmslos um Hutu, während Tutsi demgegenüber nicht zur Rechenschaft gezogen werden (vgl. etwa "Human Rights Watch World Report" 1997 S. 22; "amnesty interna-