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Zürich 1990; A. Grisel, Traité de droit administratif, Vol. I, Neuchâtel 1984; B. Knapp, Précis de droit administratif, 4. Aufl., Basel/Frankfurt a.M. 1991; P. Moor, Droit administratif, Vol. I, 2. Aufl., Bern 1994; H. Deschenaux, Traité de droit civil suisse - Le titre préliminaire du code civil, Fribourg 1969, S. 89 ff.; zur neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung vgl. BGE 121 III 224, Erw. 1d; 120 III 134 f., Erw. 3; 112 Ib 309 ff., E. 2). Im Zusammenhang mit Art. 66 VwVG hat die ARK im weiteren zwar in ihrem Grundsatzurteil vom 29. April 1993 i.S. D.D., Rumänien (= EMARK 1993 Nr. 18), festgehalten, die Revisionsgründe seien im VwVG abschliessend genannt (EMARK, a.a.O., S. 119, Erw. 2a); sie lehnte es daher ab, die geltend gemachte Verletzung der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Verhältnismässigkeitsprinzips beziehungsweise des Willkürverbots als Revisionsgründe anzuerkennen (EMARK, a.a.O., S. 121 f., Erw. 3a). Die Feststellung der grundsätzlich abschliessenden Aufzählung der Revisionsgründe steht indessen einer Prüfung der Frage, ob Art. 66 Abs. 1 Bst. b VwVG durch richterliche Lückenfüllung zu ergänzen ist, nicht im Wege, gelten doch hinsichtlich einer allfälligen Erweiterung der anerkannten Revisionsgründe die allgemeinen Regeln über die Lückenfüllung im öffentlichen Recht (vgl. U. Beerli-Bonorand, Die ausserordentlichen Rechtsmittel in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes und der Kantone, Zürich 1985, S. 90, mit weiteren Hinweisen). Es ist somit im folgenden anhand der immer noch vorherrschenden Unterscheidung von "echten" und "unechten" Gesetzeslücken zu prüfen, ob Art. 66 Abs. 1 Bst. b VwVG hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens vor dem CAT ergänzungsbedürftig ist.

c. aa) Ausgangspunkt der Prüfung des Vorliegens einer "echten" Lücke ist eine Auslegung der fraglichen Gesetzesbestimmung nach den gängigen Kriterien. Von Bedeutung sind dabei neben dem Wortlaut der Norm insbesondere deren Sinn und Zweck, das heisst deren ratio legis, welche sich unter anderem aus den Materialien des Gesetzgebers ergibt (vgl. EMARK 1996 Nr. 18, S. 174 f., Erw. 5c; Gygi, Verwaltungsrecht, S. 134 f.; Fleiner-Gerster, a.a.O., S. 91 ff.). Ergibt diese Auslegung, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Anordnung eine bewusst negative Antwort des Gesetzes bedeutet, liegt ein sogenanntes "qualifiziertes Schweigen" des Gesetzgebers vor. In diesem Fall hat er eine Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend - im negativen Sinne - mitentschieden; für Analogie und richterliche Lückenfüllung besteht diesfalls kein Platz (vgl. Häfelin/Müller, a.a.O., S. 41, Rn 192; Gygi, Verwaltungsrecht, S. 83 f., mit Hinweis auf BGE 108 V 17 f., Erw. 3b und 101 Ib 335; Hutter, a.a.O., S. 79 ff. mit weiteren Hinweisen; vgl. auch BGE 116 II 4 ff., Erw. 3 u. 4a).