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f) In der Botschaft des Bundesrates zum AVB wird festgehalten, dass der Hilfswerksvertreter im wichtigsten Verfahrensabschnitt - an der Befragung - anwesend sein muss. Dass die Anwesenheit eines Hilfswerksvertreters nur bei Anhörungen zu den Asylgründen vorgesehen ist, kann Art. 15a AsylG entnommen werden, in welchem ausdrücklich von der "Anhörung über die Asylgründe gemäss Artikel 15" die Rede ist. Da die Asylgründe der Betroffenen bei den fraglichen Begutachtungen nicht angesprochen werden, handelt es sich klarerweise nicht um solche Anhörungen, für welche die Anwesenheit der Hilfswerksvertreter vorgeschrieben ist. Ziel eines "Lingua-Gutachtens" ist einzig die Ermittlung der tatsächlichen Identität beziehungsweise der Herkunftsregion des Gesuchstellers und Probanden. Die Offenlegung seiner Identität stellt gemäss Art. 12b Abs. 1 Bst. a AsylG denn auch Teil der Mitwirkungspflicht des Asylgesuchstellers dar.

g) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vom Bundesamt in Auftrag gegebenen "Lingua-Gutachten" "Parteigutachten" (exakt: schriftliche Auskünfte im Sinne von Art. 49 BZP i.V.m. Art. 19 VwVG) darstellen, die einzelfallbezogen frei zu würdigen sind. Gleichzeitig soll aber auch festgestellt werden, dass diesen "Parteigutachten" bei Einhaltung der unter Erwägungen 8b - e angeführten Anforderungen - im Vergleich zu gewöhnlichen Parteivorbringen - im Einzelfall durchaus erhöhter Beweiswert zugemessen werden kann, wie er gerichtlichen/amtlichen Sachverständigengutachten im Sinne von Art. 57 ff. BZP generell zukommt (vgl. oben Ziff. 6 Bst. b).

9. a) Gemäss Art. 26 Abs. 1 VwVG hat die Partei oder ihr Vertreter Anspruch darauf, in ihrer Sache alle Eingaben der Parteien und Vernehmlassungen von Behörden, alle als Beweismittel dienenden Aktenstücke sowie alle Niederschriften eröffneter Verfügungen am Sitze der verfügenden oder einer durch diese zu bezeichnenden kantonalen Behörde einzusehen. Diese Einsichtnahme darf nach Art. 27 Abs. 1 VwVG verweigert werden, wenn wesentliche öffentliche Interessen des Bundes oder der Kantone, insbesondere die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft (Bst. a), wesentliche private Interessen (Bst. b) oder das Interesse einer noch nicht abgeschlossenen amtlichen Untersuchung (Bst. c) die Geheimhaltung erfordern. Wird einer Partei die Einsichtnahme in ein Aktenstück verweigert, muss ihr die Behörde nach Art. 28 VwVG von seinem wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich Kenntnis sowie Gelegenheit geben, sich zu äussern und Gegenbeweismittel zu bezeichnen. Die zuständige Behörde hat für jede Beschränkung des Einsichtsrechts eine Entscheidung im Einzelfall zu treffen, welche die konkreten Gegebenheiten berücksichtigt. Sie begeht eine formelle Rechtsverweigerung, wenn sie das Ge-