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8. a) Als verfügende und damit in erster Instanz rechtsanwendende Behörde ist das BFF ein zur Objektivität verpflichtetes Organ. Daraus kann gefolgert werden, dass seine Berichte und "Gutachten" grundsätzlich fachlich zuverlässig, objektiv und unparteiisch sein müssen. Ferner müssen sie auch schlüssig und in sich widerspruchsfrei sein und nachvollziehbar begründet werden. Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung der "Lingua-Gutachten" im Asylverfahren ist sowohl an die fachliche Zuverlässigkeit als auch an die Neutralität des Sachverständigen ein strenger Massstab anzulegen.

b) Zunächst sollten nur bestens qualifizierte und möglichst amtsexterne Gutachter beigezogen werden. Amtsexterne Gutachter sind der Weisungsbefugnis des BFF nicht unterstellt und haben deshalb keinen Anstrich von Parteilichkeit. Hohe fachliche Qualifikation heisst aber nicht, dass jeder Gutachter über eine bestimmte Ausbildung zu verfügen hat. Betreffend der fachlichen Kompetenz eines Gutachters lassen sich keine allgemein gültigen Kriterien festlegen, sondern er muss - aus neutraler Sicht beurteilt - zweifelsfrei geeignet sein, die abzuklärende Herkunftsfrage kompetent zu beantworten.

c) Ferner ist die Geeignetheit von "Lingua-Gutachten" als Beweismittel nicht ausschliesslich von der Person und fachlichen Qualifikation des Gutachters abhängig, sondern es muss bei den rein sprachlichen "Lingua-Gutachten" auch berücksichtigt werden, dass Sprachproben nicht unabhängig von der konkreten Sprache in gleicher Weise geeignet sind, Rückschlüsse auf die Herkunft des Probanden zu ziehen (Bsp.: rund 460 Sprachen in Nigeria).

d) Die Erstellung eines "Lingua-Gutachtens" sollte sodann möglichst durch eine direkte Anhörung des Betroffenen (Unmittelbarkeitsprinzip) erfolgen. Abklärungen mittels elektronischer Hilfsmittel (Telefon oder Tonbandaufnahmen) sind zwar ebenfalls denkbar und können im Einzelfall rechtsgenüglich sein. Allfällige Einwände betreffend technischer Störungen oder nicht einwandfreier Übermittlung oder Registrierung müssten im Rahmen der freien Beweiswürdigung berücksichtigt werden.

e) Schliesslich sind die Grundlagen und Schlussfolgerungen im "Lingua-Gutachten" protokollarisch oder berichtsmässig festzuhalten und zusammen mit den Personalien des Experten aktenkundig zu machen. Nur so ist es der Rechtsmittelinstanz möglich, dem Gutachter allenfalls ergänzende Fragen zu stellen.