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caractère objectivement profondément traumatisant de l'expérience vécue; une instruction individualisée devra cependant avoir été préalablement conduite (consid. 6, let. c).



Grundsatzentscheid:
[2]

1. Art. 3 AsylG: Kollektivverfolgung durch quasi-staatliche Organe im Rahmen eines Bürgerkrieges; Analyse der Situation in Srebrenica, wie sie im Juli 1995 bestand (Präzisierung der Rechtsprechung zur Kollektivverfolgung - EMARK 1995 Nr. 1 - und zur quasi-staatlichen Verfolgung - EMARK 1997 Nr. 6).

Die Geschehnisse, welche die Bevölkerung von Srebrenica vom 11. Juli 1995 an erleiden musste, können nicht den "gewöhnlichen" Folgen eines Krieges gleichgesetzt werden. Vielmehr erfüllen sie in bezug auf Intensität, Motiv und Urheberschaft die gesetzlichen Erfordernisse von "ernsthaften Nachteilen" im Sinne von Artikel 3 AsylG. Da die Verfolgung durch die serbischen Truppen auf systematische, organisierte und massive Weise verübt wurde und sie sich unterschiedslos gegen jeden Muslim im betreffenden Gebiet richtete, kommt ihr kollektiver Charakter zu (Erw. 4 und 5).

2. Art. 1 C Ziffer 5 Abs. 2 FK: Begriff der "zwingenden Gründe", welche auch nach einer grundlegenden Aenderung der Situation zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen (Bestätigung der Rechtsprechung, vgl. EMARK 1996 Nr. 42, S. 369 ff., 1993 Nr. 31, S. 220 ff.); Anwendung dieser Ausnahmebestimmung auf Ueberlebende der Massaker von Srebrenica vom Juli 1995 (Weiterentwicklung der Praxis gemäss EMARK 1995 Nr. 16, S. 153 ff.).

Die Opfer einer sezessionistischen Gruppierung, welche nur einen Teil des Staatsgebiets besetzt hält, können sich auf "zwingende Gründe" im Sinne von Artikel 1 C Ziffer 5 Absatz 2 FK berufen, wenn ihre Erlebnisse extremer Gewalt zu einem Langzeit-Trauma geführt haben, welches ihre Rückkehr ins Herkunftsland aus psychischen Gründen

2  Entscheid über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäss Art. 12 Abs. 2 und 6 VOARK.