1997 / 6  - 42

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und den zentralasiatischen Republiken verbinden zu können; und ein in der Agenturmeldung zitierter Sprecher Dostoms kündigte an, die Fluglinie werde "bald" ihren Betrieb gemäss internationalen Luftverkehrsregeln aufnehmen (vgl. Deutsche Welle Monitor Asien, 12. Juni 1996). Ob dies mittlerweile geschehen ist, und ob insbesondere eine Rückkehr - beziehungsweise zwangsweise Rückschaffung - abgewiesener afghanischer Asylbewerber in den Nordteil ihres Heimatlandes auf diesem (Luft-) Weg möglich wäre, steht zur Zeit jedoch nicht fest.

Die Taliban traten in Afghanistan militärisch erstmals im Frühling 1994 in Erscheinung. Die Bewegung verfolgt das Ziel, Afghanistan unter dem Mantel des Islams wiederzuvereinigen und kämpft für eine kompromisslose sunnitische Theokratie. In einer ersten Phase konnten die Taliban-Milizen sich zunächst fast ungehindert im Süden und Westen des Landes ausbreiten und beherrschten bereits im Herbst 1995 mehr als 50% des Territoriums Afghanistans. Bis Herbst 1996 hatten sie den südlichen, westlichen, zentralen und östlichen Landesteil und damit insgesamt zwei Drittel des Staatsgebietes unter ihre Kontrolle gebracht. Am 27. September 1996 besetzten die Taliban nach langer Belagerung die Hauptstadt Kabul und kurz darauf auch weiter nördlich liegende Gebiete. Nach einem Gegenstoss der Mitte Oktober 1996 gebildeten sogenannten "Dreier-" oder "Dostom-Allianz" der über die nördlichen Provinzen herrschenden Führer (General Dostom, Anführer der ethnisch usbekischen Milizen Nordwestafghanistans; Ahmad Shah Masud, Armeechef der im September aus Kabul vertriebenen Regierung; Abdul Karim Khalili, Chef der das schiitische Volk der Hazara vertretenden Partei Hezb-e Wahdat) sowie einem erneuten Vorrücken der Taliban, setzte sich die Hauptfront einige Dutzend Kilometer nördlich von Kabul fest. Nach der Übernahme der Hauptstadt setzten die neuen Machthaber einen provisorischen Rat von sechs Mullahs unter Führung des Oberhauptes der Taliban, Mullah Mohamed Omar, ein, welcher in der Folge - wie zuvor in den anderen Taliban-kontrollierten Landesteilen - eine radikale Umstellung der Alltagstätigkeit auf die strenge Einhaltung islamischer Regeln anordnete. Letztere beinhalten insbesondere äusserst rigide Kleidungs- und Gebetsvorschriften, die praktisch vollständige Entfernung aller Frauen aus dem Arbeitsprozess beziehungsweise aus dem öffentlichen Leben überhaupt, den Ausschluss der Mädchen und Frauen von jeglicher Bildung sowie beispielsweise ein generelles Alkohol-, Fernseh-, Kino- und Musikverbot.

In den von den Taliban beherrschten Gebieten prägen Patrouillen bewaffneter Koranschüler das Strassenbild. Die Taliban üben in den von ihnen eroberten Landesteilen eine archaische Gerichtsbarkeit aus, in deren Rahmen geistliche