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ten ums Leben. Im August 1991 wurde M. K. letztmals auf den Polizeiposten verbracht und - insbesondere auch wegen der politischen Aktivitäten seines verstorbenen Sohnes - während 15 Tagen festgehalten und gefoltert. Unmittelbar nach diesem Ereignis verliess er die Türkei und stellte am 9. September 1991 in der Schweiz ein Asylgesuch, welches in der Folge erstinstanzlich gutgeheissen wurde. Nach seiner Ausreise wurde sodann am 5. Juli 1992 - wiederum bei einem Gefecht zwischen PKK-Aktivisten und Sicherheitskräften - sein Cousin getötet, worauf seine Ehefrau, sein "jüngerer" Sohn (eigene Angabe von M. K.) und sein älterer Bruder auf den Polizeiposten verbracht und geschlagen wurden.

Aufgrund dieser Umstände ergibt sich, wie von der Beschwerdeführerin zu Recht vorgebracht, dass die Angehörigen des engeren und weiteren Familienverbandes K. bei den türkischen Sicherheitskräften offensichtlich als mutmassliche PKK-Sympathisanten gelten und deswegen teilweise bereits erhebliche Nachteile erlitten haben. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass Y. K. zumindest begründeten Anlass zur Furcht vor drohender Reflexverfolgung im Sinne der in Erwägung 6a hievor angeführten Rechtsprechung (EMARK 1994 Nrn. 5 und 17) hat. Diese Feststellung wird auch von der Vorinstanz nicht bestritten: In ihrer Vernehmlassung vom 3. Mai 1996 hat sie festgehalten, dass Y. K. "(...) nicht finales Opfer mit eigenem Schutzbedürfnis, sondern nur reflexartig betroffen (war)". Das BFF scheint damit zwar die Auffassung zu vertreten, dass das alleinige Vorliegen von Reflexverfolgung für die Erfüllung der Flüchtlingseigenschaft nicht genüge und ein darüber hinausgehendes Schutzbedürfnis bestehen müsse; diese Ansicht vermag indessen angesichts der Tatsache, dass Reflexverfolgung per se flüchtlingsrechtlich relevant ist, nicht zu überzeugen. Schliesslich erhellt aus den bisherigen Ereignissen (Tod zweier Familienangehöriger, welche sich der PKK angeschlossen hatten, bei Gefechten mit staatlichen Einheiten; Anhebung eines Strafverfahrens gegen das Familienoberhaupt vor einem Staatssicherheitsgericht wegen Unterstützung der Guerilla), dass die Familie K. von Reflexverfolgung betroffen ist, deren Ausmass nicht bloss regionalen Charakter aufweist. Unter Würdigung sämtlicher Umstände gelangt die Kommission daher zum Schluss, dass Y. K. die Voraussetzungen gemäss Artikel 3 Absätze 1 und 2 AsylG an die Flüchtlingseigenschaft erfüllt; er ist demnach nicht bloss Flüchtling im formellen Sinne (aufgrund des Einbezugs gemäss Art. 3 Abs. 3 AsylG in die Flüchtlingseigenschaft seines Vaters), sondern ebenso Flüchtling im materiellen Sinne. Bei diesem Ergebnis erübrigen sich im vorliegenden Fall weitere Beweiserhebungen.