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der Stellung des Asylgesuchs einen Monat als Touristen in der Schweiz gelebt, weshalb eine Verfolgung nicht geglaubt werden könne, vermag vorliegend nicht zu überzeugen. Wiewohl tatsächlich Verfolgte in der Regel sofort um Schutz nachsuchen, gibt es durchaus andere Konstellationen. Die Beschwerdeführer haben glaubhaft versichert, dass sie vorerst nur in der Absicht, sich zu erholen, in die Schweiz gekommen seien. Als sie dann telephonisch erfahren hätten, dass in ihrer Abwesenheit Berufskollegen der Beschwerdeführerin ermordet worden seien, hätten sie sich zur Stellung des Asylgesuchs entschlossen. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Drohung durch die G.I.A. erhalten hat, nachdem sie bereits einen Antrag für ein Visum gestellt hat, spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Vorbringen. Der nachfolgenden Prüfung der asylrechtlichen Relevanz der Vorbringen ist demnach folgender Sachverhalt zugrundezulegen: Die Beschwerdeführer haben die allgemeinen Wirren in Algerien im eigenen Umfeld miterlebt und sich deshalb unsicher gefühlt. Die Beschwerdeführerin ist von der G.I.A. konkret mit dem Tode bedroht worden, weil sie Lehrerin ist. Der Beschwerdeführer ist nicht konkret bedroht worden, hat sich aber vor weiteren Überfällen auf das Postamt gefürchtet. Der Einwand der Beschwerdeführer, das BFF habe den Sachverhalt nicht vollständig festgestellt, überzeugt nicht. Das BFF hat die wesentlichen Sachverhaltselemente aufgeführt und diese gewürdigt. Eine Auseinandersetzung mit der "frauenspezifischen Situation" konnte aus der Sicht des BFF unterbleiben, da die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Vorbringen ohnehin nicht als asylrechtlich relevant erachtet wurden. Da der Sachverhalt von der ARK als rechtsgenüglich erstellt erachtet wird, ist der Antrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzuweisen.

c) aa) Insofern die Beschwerdeführerin befürchtet, Nachteile durch islamisch-fundamentalistische Gruppen zu erleiden, ist festzuhalten, dass sich Lehre und Praxis darin einig sind, dass eine nicht vom Staat ausgehende Verfolgung oder Bedrohung asylrechtlich grundsätzlich nicht beachtlich ist. Nur wenn der Staat zum Ausdruck bringen würde, dass er nichts zum Schutz seiner Bürger zu tun gedenke, kann diesem auch ein fehlender Schutzwille unterstellt werden, was unter bestimmten Umständen zur asylrechtlichen Relevanz entsprechender Vorbringen führen kann. Die schweizerische Praxis hat bisher die asylrechtliche Relevanz bei von Dritten ausgehender Verfolgung verneint, wenn der Staat schutzunfähig ist. Die ARK hat hingegen in ihrer jüngeren Praxis diese Frage differenzierter beurteilt. Die ARK hat unter anderem festgehalten, dass Verfolgung durch quasistaatliche Mächte dann asylrechtlich relevant sein kann, wenn im schutzunfähigen Staat eine Gruppierung dauerhaft und effektiv die