1996 / 21 - 214

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Im Jahre 1989 kam es in zwei Ortschaften der Provinz Punjab, Nankana Sahib und Chak Sikandar, zu pogromartigen Ausschreitungen gegen Ahmadis, bei welchen Dutzende von Mitgliedern dieser Gemeinschaft zu Schaden kamen und welche die offensichtlich parteiischen lokalen Behörden nicht zu verhindern suchten; es wurde bis heute keine offizielle Untersuchung dieser Vorfälle angeordnet. Zwar kommt es unbestrittenermassen immer wieder zu Uebergriffen gegen Ahmadis (vgl. Y. Hassan Bajwa, Zur Situation der Ahmadi-Muslime in Pakistan, in ASYL 1994/3, S. 65 ff.). Dass sich aber gegen Ahmadis pogromartige Ausschreitungen wie im Jahr 1989 wiederholt hätten, wurde nicht bekannt (vgl. unveröffentlichte Urteile der ARK vom 27.4.1993 i.S. F.A.F., vom 17.5.1994 i.S. A.M.; vgl. zum Ganzen beispielsweise R. Marx, Asylrecht, Band 3, Rechtsprechungssammlung mit Erläuterungen, 5. Aufl., Baden-Baden 1991, S. 1022 ff.; R. Marx, Umfang und Grenzen der Religionsfreiheit im Asylrecht unter besonderer Berücksichtigung der pakistanischen Strafpraxis gegenüber Ahmadis, ZDWF-Schriftenreihe Nr. 52, Februar 1993, S. 36 ff.; die Jahresberichte von Amnesty International; Amnesty International on Persecution of Ahmadi Muslims in Pakistan, Genf, Februar 1992).

Am 3. Juli 1993 bestätigte der pakistanische Supreme Court die Verfassungsmässigkeit der "Anti-Ahmadiyya Ordinance No. XX" von 1984. Dieses Urteil bedeutete eine Parteinahme des Staates für das Privileg der islamischen Gesellschaftstradition und eine Verdeutlichung dahingehend, dass eine Verbesserung der rechtlichen Situation der Ahmadiyya-Gemeinschaft einzig allenfalls von politischer Seite ausgehen könnte. Insgesamt konnte bis heute jedoch nicht festgestellt werden, dass jenes Urteil des Supreme Court eine Verschärfung der gerichtlichen Verfolgungspraxis, mithin eine systematische staatliche Unterdrückung, nach sich gezogen hätte. Ob die als Gewinnerin aus den Parlamentswahlen vom Oktober 1993 hervorgegangene PPP ihre im Wahlkampf vertretenen Absichten, den fraglichen Verfassungszusatz zu streichen und damit die Strafbestimmungen gegen Ahmadis hinfällig werden zu lassen, tatsächlich in die Realität umsetzen wird, steht dahin. Die Regierung hat dabei ihre Absicht, die Strafrechtsbestimmungen des Artikels 295-C PPC zu revidieren, um mit jener Strafnorm in Zusammenhang stehende Missbräuche (Flut von Blasphemie-Klagen) zu beseitigen (vgl. Le Monde vom 19.2.1994), nicht in die Tat umgesetzt. Der entsprechende Gesetzesänderungsentwurf wurde zwar im August 1994 dem Parlament zur Diskussion unterbreitet. Aufgrund lautstarker Proteste aus Kreisen islamischer Parlamentsabgeordneter ist eine Beschlussfassung indessen bis auf weiteres zurückgestellt worden. Demzufolge ist in nächster Zeit nicht mit einer Verbesserung der Rechtsgrundlagen für die Ahmadis zu rechnen, zumal die gegenwärtige Koalitionsregierung den Wün-