1996 / 16 - 144

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bb) Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Vorbringen der Rekurrentin handelt es sich hingegen um eine Rechtsfrage, deren Beantwortung - wie im übrigen auch die Beweiswürdigung - Aufgabe des Richters ist. Aufgabe des Experten ist es dagegen, aufgrund seiner Sachkunde entweder Erfahrungs- oder Wissenssätze seiner Disziplin mitzuteilen, für das Gericht erhebliche Tatsachen zu erforschen oder sachliche Schlussfolgerungen aus bereits bestehenden Tatsachen zu ziehen (vgl. BGE 118 Ia 144 ff.). Im Rahmen dieser Aufgabenteilung ist es durchaus zulässig, dass sich der Sachverständige aus seiner Sicht auch zur Frage äussert, welchen Grad von Wahrscheinlichkeit er den von der Rekurrentin geltend gemachten sexuellen Übergriffen beimisst. Der Richter hat diesfalls im Sinne des Verbotes willkürlicher Beweiswürdigung zu gewährleisten, dass diese Äusserung des Sachverständigen im Rahmen der Beweiswürdigung in Beziehung zu anderen für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit bedeutsamen Elemente (übrige Beweismittel, Parteivorbringen, etc.) gesetzt und entsprechend ihrer Beweis- respektive Indizkraft gewichtet wird. Die vom BFF in seiner Vernehmlassung geäusserte Kritik an der von den Sachverständigen festgestellten hohen Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Angaben der Rekurrentin erscheint der Kommission im übrigen nicht berechtigt, denn die Ärzte haben diese Schlussfolgerung mit diversen Feststellungen durchaus nachvollziehbar begründet. Im Bericht vom 16. Januar 1995 wurde unter anderem ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei vor den geltend gemachten Repressalien psychisch weitgehend unauffällig gewesen; dann wurde auf die geschilderten Beschwerden sowie den psychopathologischen Befund verwiesen; letztlich wurde ausgeführt, dass auch keine Anzeichen dafür auszumachen gewesen seien, dass sich die Vergewaltigungen nicht oder zumindest nicht in der dargestellten Form abgespielt haben könnten. Nach Auffassung der Asylrekurskommission stellt die vorerwähnte Aussage der Sachverständigen demnach ein weiteres Indiz für die Glaubhaftigkeit der geltend gemachten Vergewaltigungen dar. 

f) Im Sinne einer Gesamtwürdigung ist schliesslich festzuhalten, dass die Mutter der Beschwerdeführerin sowohl die polizeilichen Behelligungen als auch die dreimalige Mitnahme ihrer Tochter durch die Polizei bestätigt. Hinsichtlich der behaupteten Vergewaltigungen lässt sich ihren Akten indessen nichts entnehmen, was die Aussage der Rekurrentin bestätigt, wonach sie ihrer Mutter nichts erzählt habe. Im weiteren macht die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin zu Recht geltend, es lägen Erkenntnisse dafür vor, dass im Kosovo Verfolgungsmuster existierten, welche der sogenannten "Reflexverfolgung" ähnlich seien, indem Angehörige von gesuchten Personen - in letzter Zeit sind offenbar auch Frauen vermehrt davon betroffen - befragt,