1996 / 16 - 143

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Dazu ist zunächst grundsätzlich festzustellen, dass der Richter gemäss der bundesgerichtlichen Praxis in Sachfragen nur aus triftigen Gründen von einer gerichtlichen Expertise abweicht (vgl. BGE 118 Ia 144 ff.). Sachfragen stellen in diesem Kontext insbesondere die Diagnose und die wahrscheinliche Reaktion der Beschwerdeführerin im Fall einer Ausreise in den Kosovo dar, nicht aber die Frage der Glaubhaftigkeit der Vergewaltigungen. Hinsichtlich der vorinstanzlichen Einwände im Zusammenhang mit diesen Sachfragen ist festzuhalten, dass die Dauer und die Häufigkeit der Befragung der Patientin durch die Ärzte keine oder nur sehr beschränkt Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit der Diagnose zulässt, da diesbezüglich sehr viele andere Faktoren - Eindeutigkeit der Symptome, Erfahrung der Ärzte, etc. - mitentscheidend sind. Die Vorinstanz hält denn auch fest, dass die psychiatrische Untersuchung der Rekurrentin hinsichtlich der Einmaligkeit der Befragung für die Darstellung der Gründe ähnlich wie die Situation beim BFF sei; nachdem in letzterer Hinsicht unter Berücksichtigung der für die Sachverhaltsermittlung geltenden Untersuchungsmaxime kaum geringere Anforderungen an die Sorgfalt gestellt werden dürfen, kommt diese Feststellung einer (wohl unbeabsichtigten) Anerkennung des Gesagten gleich. Ferner trifft es nach Auffassung der Asylrekurskommission nicht zu, dass die Diagnose nicht nachvollziehbar und medizinisch erklärt begründet worden ist; das Zeugnis vom 16. Januar 1995 beruft sich unter anderem auf die psychopathologischen Befunde und verweist im übrigen auf die bereits im Arztzeugnis vom 12. Dezember 1994 festgestellten gesundheitlichen Beschwerden. Richtig ist indessen, dass die Kürze der Begründung nicht derjenigen eines ausführlichen psychiatrischen Gutachtens entspricht; dies wird von der ärztlichen Leitung des sozialpsychiatrischen Dienstes des Kantons X. sinngemäss auch eingestanden, wobei zutreffend eingeschränkt wurde, dass selbst eine ausführliche psychiatrische Begutachtung sich auf die Angaben der Rekurrentin stützen müsste. Es kommt hinzu, dass den weiteren Ausführungen in der Vernehmlassung der Vorinstanz zu entnehmen ist, dass die gesundheitlichen Schwierigkeiten der Rekurrentin an und für sich unbestritten sind und sich deren Einwände vielmehr dagegen richten, dass die geltend gemachten Vergewaltigungen - wie von den Ärzten festgestellt - mit hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich für diese Schwierigkeiten sein sollen. Nach dem Gesagten bestehen für die Asylrekurskommission keine ernsthaften Einwände gegen die Schlüssigkeit der sachverständigen Feststellungen, welche die Anordnung weiterer, diesbezüglicher Beweismassnahmen respektive ein Abweichen in den vorerwähnten Sachfragen zur Folge hätte. Es ist demnach insbesondere davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet und sie im Falle einer Ausschaffung wahrscheinlich suizidal reagieren würde.