1996 / 15 - 132

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 ist (BGE 120 II 113 und 116 II 527, je mit weiteren Hinweisen), ergibt einerseits, dass sich der deutsch- und der französischsprachige Gesetzestext inhaltlich nur scheinbar widersprechen: Auch letzterer setzt nämlich für die Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b AsylG offensichtlich ein entsprechendes Ergebnis der erkennungsdienstlichen Behandlung voraus. Der Grund für den gegenüber der deutschsprachigen Fassung zusätzlichen Satzteil "..., notamment par l'examen dactyloscopique" liegt darin, dass die französische Sprache keinen exakt deckungsgleichen Ausdruck für den Begriff "erkennungsdienstliche Behandlung" kennt, weshalb zur Verdeutlichung beispielhaft ("notamment") der "Fingerabdruckvergleich", die in der Praxis zweifellos wichtigste Form der erkennungsdienstlichen Behandlung, angeführt wurde. Von diesen beiden Gesetzesfassungen weicht die italienischsprachige Formulierung hingegen insoweit ab, als sie den Vergleich der Fingerabdrücke "esame dattiloscopico" nicht im Sinne einer beispielhaften Nennung, sondern sprachlich als einzig zulässige Indentifizierungsmassnahme für die Anwendung der interessierenden Nichteintretensbestimmung ("...e tale fatto è provato dall'...") nennt. Die Frage, ob letztere oder die deutsch-/französischsprachige Gesetzesfassung den Willen des Gesetzgebers diesbezüglich präzise wiedergibt, ist im wesentlichen von theoretischem Interesse und kann an dieser Stelle offengelassen werden: Aufgrund der bestehenden technischen Infrastruktur zur automatisierten Überprüfung und Nachforschung daktyloskopischer Daten stellt in der Praxis erfahrungsgemäss der Vergleich der Fingerabdrücke die für den Identitätsvergleich beziehungsweise den Nachweis unterschiedlicher Identitäten einzig relevante Art der erkennungsdienstlichen Behandlung von Asylsuchenden dar.

Die grammatikalische Auslegung von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b AsylG ergibt nach dem Gesagten, dass die Anwendung dieses Nichteintretensgrundes in jedem Fall eine vorgängige erkennungsdienstliche respektive daktyloskopische Feststellung der Falschidentität voraussetzt. Das BFF hat seinen Nichteintretensentscheid im vorliegenden Fall demnach zu Recht nicht auf diese Bestimmung abgestützt.

cc) Beim Betrachten der (abschliessenden) Aufzählung von Nichteintretensgründen in Artikel 16 Absatz 1 Buchstaben a bis e AsylG fällt zunächst die Systematik der Darstellung von Nichteintretenstatbeständen wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten auf: Die Einteilung in "allgemeine" Missachtungen entsprechender Vorschriften einerseits und die Verletzung "spezieller" solcher Pflichten andererseits (vgl. Erwägungen 2.b und 2.e.aa) würde eigentlich eine Darstellung der Nichteintretensgründe erwarten lassen, bei welcher zuerst die