1996 / 15 - 130

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Im in der vorinstanzlichen Vernehmlassung erwähnten Urteil EMARK 1995 Nr. 19 stellte die Asylrekurskommission fest, die Mitwirkungspflicht umfasse auch die Pflicht, wahrheitsgemässe und vollständige Angaben zum Sachverhalt zu machen. Wenn ein Asylbewerber seine Identität sowie die frühere Einreichung eines Asylgesuchs verheimliche und dadurch die Behörde daran hindere, die staatsvertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen über die Wegweisung in einen Drittstaat anzuwenden, stelle dies eine grobe und vorsätzliche Verletzung der Mitwirkungspflicht dar. Im entsprechenden Verfahren hatte der Gesuchsteller zwar, wie aus der Zusammenstellung des rechtserheblichen Sachverhalts (EMARK 1995 Nr. 19, S. 190 f.) ersichtlich, tatsächlich im Asylverfahren eine falsche Identität verwendet. Die Verletzung der Mitwirkungspflichten lagen allerdings offensichtlich schwergewichtig nicht in diesem Verhalten, sondern darin, dass der betreffende Gesuchsteller in der Schweiz (zeitlich grösstenteils überschneidend!) zwei Asylverfahren eingeleitet hatte. Nachdem letzteres Verhalten klarerweise eine grobe vorsätzliche Verletzung der Mitwirkungspflichten im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e AsylG darstellte, konnte die Asylrekurskommission konsequenterweise die Frage offenlassen, ob die Verheimlichung der Identität allein im konkreten Fall zur Anwendbarkeit des in Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe b AsylG enthaltenen Nichteintretensgrundes geführt hätte (a.a.O., S. 193). 

Im Urteil EMARK 1995 Nr. 4, S. 36 f., wurde im wesentlichen festgestellt, aus dem Umstand des Einreichens zweier Asylgesuche unter unterschiedlicher Identität sei nicht automatisch zu schliessen, dass im zweiten Verfahren die Identität verheimlicht werde. Wer aber bereits ein Asylgesuch unter anderer Identität gestellt habe, müsse zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um seine echte Identität glaubhaft zu machen. In diesem Verfahren - die unterschiedlichen Identitäten standen aufgrund der erkennungsdienstlichen Behandlung fest - liess die Asylrekurskommission die Frage offen, "ob das Verhalten des Beschwerdeführers eine (gemeint: nach Art. 16 Abs. 1 lit. e AsylG zu ahndende) Verletzung der allgemeinen Mitwirkungspflicht" darstelle (vgl. die entsprechende redaktionelle Urteilsanmerkung; a.a.O., S. 37).

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle das unter EMARK 1993 Nr. 36, S. 250 ff., veröffentlichte Urteil erwähnt, wonach ein Nichteintretensentscheid wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten gestützt auf den vor Inkrafttreten des Bundesbeschlusses über das Asylverfahren vom 22. Juni 1990 auch hierfür massgebenden Artikel 13 Absatz 2 VwVG nur dann gefällt werden dürfe, wenn eine materielle Beurteilung der zu prüfenden Angelegenheit aufgrund der Aktenlage nicht möglich sei.