1996 / 4 - 30

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3. - Weder die Begründung der angefochtenen Verfügung noch die Begründung der Rechtsbegehren in der Rekurseingabe setzen sich mit den Voraussetzungen einer Familienvereinigung von E. E. mit der Familie ihres Bruders S. E. gemäss Artikel 7 Absatz 2 AsylG auseinander; sowohl die Asylverweigerung durch die Vorinstanz wie auch die Beschwerdeschrift zur Begründung des Begehrens, es sei E. E. Asyl zu gewähren, basieren vielmehr auf Ueberlegungen, ob E. E. als syrisch-orthodoxe Christin in ihrer Heimat in begründeter Weise asylrelevante Nachteile habe befürchten müssen.

Der für die Asylrekurskommission massgebliche Streitgegenstand (vgl. Gygi, a.a.O., S. 42 ff., 203 f., 211 ff.) bestimmt sich nicht aufgrund der jeweiligen Begründungen der angefochtenen Verfügung und der Rekurseingabe, sondern aufgrund des Verfügungsdispositivs, soweit es gemäss den Rechtsbegehren bestritten wird (Gygi, a.a.O., S. 44 ff.); an die Begründung der Rechtsbegehren ist die Beschwerdeinstanz nicht gebunden (Art. 62 Abs. 4 VwVG; vgl. Gygi, a.a.O., S. 211 ff.). Massgeblicher Streitgegenstand im vorliegenden Rekursverfahren ist mithin die Asylverweigerung beziehungsweise die Asylgewährung an E. E.; ob diese Frage dabei aufgrund von Artikel 3 Absätze 1 und 2 AsylG - wie in der angefochtenen Verfügung und in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird - oder aber auf Artikel 7 Absatz 2 AsylG - wie nachfolgend geprüft wird - zu beantworten ist, vermag am Streitgegenstand und damit an der Urteilszuständigkeit der Asylrekurskommission nichts zu ändern.

Unerheblich bleibt schliesslich auch, dass es sich bei Artikel 7 Absatz 2 AsylG um eine Norm handelt, die ein Ermessen der Behörde statuiert (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt am Main 1990, S. 156; EMARK 1994 Nr. 7 S. 61; Urteil der ARK vom 9.10.1992, publiziert in ASYL 1992/4 S. 67 f.), da der Asylrekurskommission gemäss Artikel 11 Absatz 3 Buchstabe c AsylG - unter Vorbehalt bestehender Richtlinien und besonderer Weisungen des Bundesrates, die indessen für die in Frage stehende Bestimmung bis anhin nicht existieren - auch die Ueberprüfung der Angemessenheit der angefochtenen Verfügung zustehen würde. Dass die Vorinstanz auf eine Prüfung von Artikel 7 Absatz 2 AsylG überhaupt verzichtet hat, stellt sich im übrigen nicht als eine Frage der Ermessensausübung, sondern vielmehr als eine Frage der Nichtanwendung, und somit der Verletzung, von Bundesrecht dar (vgl. Gygi, a.a.O., S. 292, 296; Saladin, a.a.O., S. 191).

4. a) Artikel 7 Absatz 2 AsylG erweitert die Möglichkeit der Familienvereinigung, die sich im Regelfall einzig auf den Ehepartner und die minderjährigen