1996 / 1 - 5

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zur Furcht vor künftiger (Reflex-) Verfolgung im Sinne von Artikel 3 AsylG, wenn er in seine Heimatprovinz Gaziantep zurückkehren müsste.)

5. a) Das BFF stellt sich im Zusammenhang mit den dem Beschwerdeführer in seiner Heimatprovinz drohenden Behelligungen im weiteren auf den Standpunkt, der Beschwerdeführer hätte sich dieser Gefährdung durch eine Umsiedlung in eine Grossstadt in der Westtürkei - konkret Istanbul oder Izmir - entziehen können (angefochtene Verfügung, S. 5, viertes Lemma; Vernehmlassung vom 8. März 1994). Der Beschwerdeführer widerspricht dieser Auffassung mit der Begründung, es sei nicht auszuschliessen, dass er in anderen Teilen seines Heimatstaates - namentlich auch in einer Grossstadt in der Westtürkei - aufgrund seiner Herkunft mit behördlichen Beeinträchtigungen zu rechnen hätte, welche ein asylrechtlich relevantes Ausmass annehmen könnten. Im weiteren macht er geltend, die Vorinstanz äussere sich zu Unrecht nicht zur Zumutbarkeit einer allfälligen innerstaatlichen Fluchtalternative, das heisst zur Frage, ob ihm am Zufluchtsort ein menschenwürdiges Leben möglich sei (Eingabe vom 12. April 1994, S. 2).

b) Für die Anerkennung als Flüchtling genügt das alleinige Vorliegen der in Artikel 3 AsylG explizit genannten Voraussetzungen nicht. Als weiteres konstitutives Element der Flüchtlingseigenschaft muss feststehen, dass sich ein von asylrechtlich relevanter Verfolgung Betroffener landesweit in einer ausweglosen Situation befindet. Wirken sich die Benachteiligungen nur lokal, nicht aber im ganzen Staatsgebiet aus, und ist der Heimatstaat in der Lage und willens, dem Betroffenen in anderen Landesteilen wirksamen Schutz vor Verfolgung zu gewähren, so kann dem Asylsuchenden das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative entgegengehalten werden. Diese Konsequenz leitet sich aus dem Flüchtlingsbegriff von Artikel 1 A Ziffer 2 FK ab, wonach Flüchtling jede Person ist, "(...) die sich auf Grund von Ereignissen (...) oder begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung ausserhalb ihres Heimatlandes befindet und dessen Schutz nicht beanspruchen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht beanspruchen will (...)" (Hervorhebung durch die ARK). Aus dieser Bestimmung folgt e contrario, dass kein Flüchtling ist, wer den Schutz seines Heimatstaates in Anspruch nehmen kann (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt am Main 1990, S. 66 f.; Handbuch des UNO-Hochkommissariats über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, nichtamtliche Übersetzung, Genf 1979, S. 26 Randnote 100); dass der Schutz auf dem gesamten Staatsgebiet gewährt werden müsste, wird dabei nicht vorausgesetzt (Kälin, a.a.O., S. 73).