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Am 23. Oktober 1956 habe es, nachdem man bereits während des Sommers von Aktivitäten von Schriftstellern und Journalisten in Budapest gehört habe, keine Sendungen im Radio gegeben und entsprechend seien Diskussionen und Gerüchte entstanden. Drei Tage später habe es, ausgehend von einem Marsch der
Schiffabrikarbeiter, eine Versammlung in Balatonfüred gegeben, an welcher der Beschwerdeführer - entgegen dem Wunsch der Beschwerdeführerin - auch teilgenommen habe. Er sei dann überraschend aufgrund eines Aufrufes eines Arbeiters ins 30köpfige Revolutionskomitee gewählt worden, welches bei dieser Gelegenheit entsprechend der Vorgänge im ganzen Land konstituiert worden sei. Aus diesem Komitee habe man ihn in ein sechsköpfiges Gremium für die Führung der Stadt gewählt, und er sei in der Folge mit der Organisation der Stadt - quasi als Gemeindepräsident - beauftragt worden. In der Nacht 3./4. November 1956 habe er Detonationen gehört und darauf einen Telefonanruf von der lokalen Polizei erhalten mit der Information, die Russen hätten Ungarn angegriffen und eine Munitionsfabrik in der Nähe von Balatonfüred sei in die Luft gesprengt worden. Am 8. November, bis zu welchem Tag er im Amt geblieben sei, habe er die Weisung bekommen, die alten kommunistischen Beamten seien wieder in ihr Amt einzusetzen. Er habe darauf seine frühere Tätigkeit in der Bäckerei aufgenommen. Am 20. November habe er bei einer Besorgung in der Stadt von einem Kollegen erfahren, dass er wegen seiner Führungsfunktion im Revolutionsrat verhaftet werden solle. Am gleichen Tag seien sie nach Österreich geflohen. Im nachhinein habe er erfahren, dass der Schuldirektor, welcher eigentlich als Präsident des Revolutionsrates hätte fungieren sollen, dieses Amt dann aber dem Beschwerdeführer überlassen habe, verhaftet worden sei. 1988 sei aufgrund veröffentlichter Geheimakten
bekanntgeworden, dass die Russen allein bis am 22. November 1956 5000 Personen verhaften und an der ungarischen Revolution beteiligte "illegale Gruppen" liquidieren
liessen.
Die Schilderung der Fluchtgründe durch den Beschwerdeführer, bestätigt durch die Beschwerdeführerin, erfolgte ausführlich und widerspruchsfrei. Die Beschwerdeführer erscheinen zudem glaubwürdig, weshalb die vorgetragene Schilderung als glaubhaft gemachter Sachverhalt zu gelten hat. Es ist davon auszugehen, dass die im Rahmen einer Kollektivaufnahme als Flüchtlinge anerkannten Beschwerdeführer auch bei einem Individualverfahren aufgrund des erwähnten Sachverhaltes als Flüchtlinge anerkannt worden wären. Die Vorbedingung, dass eine frühere Verfolgungssituation - das
heisst: begründete Furcht vor politischer Verfolgung - bestanden hat, ist somit erfüllt.
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