1995 / 16 - 159

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Wird die Situation in einem Herkunftsland von den zuständigen Behörden als so grundlegend verbessert betrachtet, dass der Widerrrufsgrund von Artikel 1 C Ziffer 5 Absatz 1 FK greift, handelt es sich bei einem solchen länderspezifischen Entscheid um einen generell abstrakten Rechtssatz (vgl. A. Kölz/I. Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S. 133 f.), der zwar als solcher nicht anfechtbar ist, wohl hingegen seine konkrete Anwendung im individuellen Fall. Aus Gründen der (prozessualen) Gleichbehandlung, aber auch der allgemeinen Rechtssicherheit wäre daher nach einer solchen Entscheidung gegenüber allen Flüchtlingen des betreffenden Landes ein Widerrufsverfahren einzuleiten, und nicht nur eine vorgezogene "Zumutbarkeitsüberlegung" anzustellen bezüglich der Frage, ob überhaupt ein Widerrufsverfahren eröffnet werden soll.

Auch der Flüchtling, dessen Flüchtlingseigenschaft entgegen dem generell abstrakten Rechtssatz nicht aberkannt oder dessen Asyl nicht widerrufen wird, hat aus Gründen der Rechtssicherheit ein berechtigtes Interesse an der formellen Feststellung dieser Tatsache. Die Eröffnung eines Widerrufsverfahrens hätte demnach zur Folge, dass dieses mit einer Verfügung zu enden hätte.

5. - Das BFF geht in der angefochtenen Verfügung ohne weitere Begründung davon aus, dass "aufgrund der veränderten Situation in Ungarn" die Bestimmung von Artikel 1 C Ziffer 5 FK erfüllt ist. Die Beschwerdeführer machen jedoch in der Beschwerde geltend, die Verhältnisse in Ungarn seien für sie nicht beruhigend, da für die seinerzeitigen Grausamheiten praktisch niemand zur Verantwortung gezogen worden sei und die damaligen Machthaber ungestört weiterleben und ihre Pension geniessen. An der Instruktionsverhandlung führte der Beschwerdeführer weiter aus, er halte die heutige Regierung nicht für die wahre Vertretung von Ungarn, da bei den Wahlen eine blosse Abmachung zwischen Parteien zu einer falschen Zählweise der Stimmen geführt habe. Ferner seien die Regierungsmitglieder Kommunisten beziehungsweise ehemalige; der jetzige Ministerpräsident, Horn, habe seinerzeit mit der Waffe in der Hand gegen die Revolution gekämpft.

Die Umstände, auf Grund derer Ausländer als Flüchtlinge anerkannt worden sind, können sowohl generell (beispielsweise zufolge allgemeiner Amnestie, rechtsstaatlich funktionierender Staatsorgane, Beachtens der Menschenrechte, allgemeiner physischer und sozialer Sicherheit) wie auch individuell (beispielsweise zufolge einer Rehabilitierung oder der Aufhebung eines Haftbefehls beziehungsweise eines Urteils) weggefallen sein beziehungsweise noch andauern.