1995 / 2 - 21

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gen der Kommission bei vergleichbaren Konstellationen in anderen Staaten - etwa bei der Verfolgung durch die im nordöstlichen Teil Sri Lankas die faktische Herrschaft ausübenden tamilischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) - regelmässig zu verneinen. Ein nachvollziehbarer Grund für eine solche Ungleichbehandlung wäre allerdings nicht ersichtlich, beziehungsweise eine solche je nach Herkunftsland der betreffenden Asylbewerber uneinheitliche Rechtspraxis würde als kaum zulässig erscheinen.

Aufgrund der vorstehend dargelegten Lehrmeinungen sieht die Asylrekurskommission zur Zeit keine Veranlassung, von der konstanten bisherigen Praxis der Nichtanerkennung der Asylrelevanz von Verfolgung durch private Dritte im schutzunfähigen Staat abzuweichen. Hingegen erachtet es die Kommission angesichts der in der Praxis (des BFF wie der Asylrekurskommission) diesbezüglich offensichtlich herrschenden Unklarheiten aus Gründen der Rechtssicherheit als geboten, die Frage der quasi-staatlichen Verfolgung nachfolgend grundsätzlich zu beantworten beziehungsweise ihre Praxis in dieser Frage zu verdeutlichen und zu präzisieren:

bb) Die frühere Praxis begründete die Nichtanerkennung der Relevanz quasi-staatlicher Verfolgung offenbar generell mit dem blossen Hinweis, für diese könne der Heimatstaat mangels Schutzfähigkeit nicht verantwortlich gemacht werden (vgl. Kälin, a.a.O., S. 65 f.). Seit der Schweizerische Bundesrat diese Argumentation in einem Aufsichtsbeschwerdeentscheid vom 5. April 1989 in Frage stellte, war die Begründung der (beibehaltenen) Praxis in dieser Frage offenbar uneinheitlich und von Unsicherheiten geprägt (Kälin, a.a.O.; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 85 f.). Die neuere Lehre (zu den nachfolgenden Ausführungen in diesem Abschnitt, vgl.: Kälin, a.a.O., S. 66 ff.; Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 87) weist überzeugend darauf hin, dass sich die Antwort auf die Frage der Relevanz quasi-staatlicher Verfolgung aus der Definition des Flüchtlingsbegriffs der Genfer Flüchtlingskonvention - der für die Auslegung des Landesrechts grundsätzlich massgebenden völkerrechtlichen Grundlage beziehungsweise Vorlage des AsylG (Kälin, a.a.O., S. 28, m.w.H. insbesondere auf die Materialien zum AsylG) - ergibt: Gemäss Artikel 1 A Ziffer 2 FK ist eine Person dann als Flüchtling zu qualifizieren, wenn sie sich aus begründeter Furcht vor politischer oder ähnlicher Verfolgung "ausserhalb ihres Heimatlandes befindet und dessen Schutz nicht beanspruchen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht beanspruchen will". Nach dem klaren Wortlaut dieser Norm fällt demnach die Flüchtlingseigenschaft ausser Betracht, wenn es der betroffenen Person möglich oder zumutbar ist, sich zur Abwehr der Verfolgung unter den Schutz des