1994 / 12 - 103

previous next

sowie von Walter Kälin als berechtigt und kam zum Schluss, dass "einige Zeit" im Sinne von Artikel 19 AsylG gleichbedeutend sei mit "einige Zeit" im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 AsylG (vgl. Amtl. Bull. des Nationalrates, 1989, S. 570 f.). Die ARK hat diese Frage in ihrer bisherigen Rechtsprechung zu Artikel 19 Absatz 2 AsylG jeweils offengelassen (vgl. u.a. den Entscheid der ARK vom 18. Mai 1993, EMARK 1993 Nr. 29, S. 198 ff.) und festgehalten, dass Artikel 17 AsylV 1, welcher den in Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe b AsylG verwendeten Begriff "einige Zeit" konkretisiere, jedenfalls lediglich eine widerlegbare Vermutung bezüglich des Aufenthaltes eines Gesuchstellers in einem Drittstaat vor seiner Einreise in die Schweiz aufstelle. Da sich der Beschwerdeführer in casu zwar - wie nachstehend aufzuzeigen sein wird - weniger als 20 Tage, jedoch deutlich länger als in den bisher zu beurteilenden Fällen in einem Drittstaat aufgehalten hat und aufgrund der konkreten Umstände nicht offensichtlich ohne Verzug in die Schweiz gelangte, ist die eingangs erwähnte Frage nunmehr zu beantworten.

Auszugehen ist bei der Auslegung des Begriffes "einige Zeit" vom Wortlaut des Gesetzestextes, das heisst vom üblichen Wortsinn der auszulegenden Norm. Die Tatsache, dass vom Gesetzgeber sowohl in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a AsylG als auch in Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe b AsylG dieselbe grammatikalische Wendung gewählt wurde, führt dabei zum Schluss, dass dem Terminus in beiden Bestimmungen die gleiche Bedeutung zukommen sollte. Überdies bedeutet "einige Zeit", obwohl immer in Relation zur jeweiligen Anwendung zu verstehen, nach dem normalen Sprachgebrauch mehr als eine bloss kurzfristige Zeitspanne. Der Wortlaut alleine ist indessen lediglich der Ausgangspunkt, nicht aber die Grenze der Auslegung (vgl. F. Gygi, Verwaltungsrecht, Eine Einführung, Bern 1986, S. 134; P. Saladin/U. Zimmerli, Einführung in das Verwaltungsrecht, Skriptum für eine Vorlesung, Ausgabe 1990, S. 15). Von Bedeutung sind daneben insbesondere auch die Schlüsse, welche sich aus einer systematischen, teleologischen und historischen Auslegung ergeben. Die systematische Auslegung zunächst geht davon aus, dass jeder Rechtssatz einen Bestandteil eines ganzen Gesetzes bildet. Er darf daher nicht isoliert betrachtet und ausgelegt werden, sondern muss in seinem Sinn- und Bedeutungszusammenhang mit dem ganzen Erlass gewürdigt und gedeutet werden. Ein beispielsweise in einem zivilrechtlichen Erlass verwendeter Begriff muss zwar nicht zwingend dieselbe Bedeutung haben, wie eine grammatikalisch gleichlautende Wendung in einem Erlass des öffentlichen Rechts (vgl. u.a. den Entscheid der ARK vom 18. März 1994 i.S. E.C., EMARK 1994 Nr. 11, mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung); wird hingegen innerhalb eines Erlasses ein Begriff mehrmals verwendet, so ist grundsätzlich davon aus-