1994 / 11 - 90

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dürftig als eine gleichaltrige Schweizerin. Was unter Unmündigkeit im Sinne von Artikel 198 Absatz 2 [a]StGB zu verstehen ist, bestimmt sich deshalb ausschliesslich nach schweizerischem Recht".

ee) - Schliesslich zieht auch die ARK selber zivilrechtliche Institute in der Regel nicht direkt zur Beurteilung von Fragen des öffentlichen Rechts heran. So hat sie beispielsweise in ihren Urteilen vom 28. Juli 1993 i.S. K.S. und vom 24. Juni 1993 i.S. L-K.S. (EMARK 1993 Nr. 33, S. 234 f., und Nr. 34, S. 240 f.) festgestellt, dass bei der Prüfung der materiellen Begründetheit eines Gesuches um Wiederaufnahme eines (zufolge Rückzugs der Beschwerde abgeschlossenen) Verfahrens wegen Willensmängeln die einschlägigen vertragsrechtlichen Grundsätze des Obligationenrechts (OR; SR 220) sinngemäss anzuwenden seien. Die privatrechtliche Lehre und Praxis unterscheide einerseits bei der Frage der Wesentlichkeit des Grundlagenirrtums nach subjektiven und objektiven Gesichtspunkten. Andererseits werde für die Annahme eines wesentlichen Grundlagenirrtums verlangt, dass dieser für die Gegenpartei mindestens erkennbar war. Die ARK gelangte zum Schluss, dass letztgenanntes Kriterium auf die Anwendbarkeit bei zweiseitigen Verträgen zugeschnitten und dessen Anwendung im Verwaltungsverfahren nicht sinnvoll sei; die erstgenannte Unterscheidung erschien ihr indessen auch im damals vorliegenden Fall sachgerecht.

c) - Aus den obenstehenden Erwägungen ergibt sich, dass sowohl Lehre als auch Praxis die Übernahme zivilrechtlicher Einrichtungen tale quale ins öffentliche Recht ablehnen und verlangen, dass sie dem Normzweck der öffentlichrechtlichen Bestimmungen angepasst werden müssen. Diese Betrachtungsweise findet auch im vorliegenden Fall Anwendung.

Artikel 3 Absatz 3 AsylG bezweckt, der gesamten Kernfamilie eines Flüchtlings einen einheitlichen Rechtsstatus zu geben. Es wird dabei abstrakt davon ausgegangen, dass die engsten Angehörigen unter der Verfolgung ihres Ehepartners resp. eines Elternteils mitgelitten haben und ebenso durch die Nachteile betroffen waren (Achermann/Hausammann, a.a.O., S. 124; Werenfels, a.a.O., S. 141 und 379 ff.), wobei es keine Rolle spielt, wenn konkret bekannt ist, dass die Familienmitglieder nicht verfolgt sind (vgl. Entscheid des EJPD v. 12. 9. 1989, VBP 54/1990 Nr. 23, S. 132 ff.; Kälin, a.a.O., S. 29). Es spricht nun nichts für eine Ungleichbehandlung von Flüchtlingskindern, welche nach ihrem Heimatrecht - nicht aber nach schweizerischem Recht - zivilrechtlich handlungsfähig sind, und denjenigen, welche sowohl nach ihrem Heimatrecht als auch nach schweizerischem Recht lediglich beschränkt handlungsfähig sind.