1994 / 11 - 86

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besonderen Umstände dagegen sprechen. Es stellt sich dabei jedoch die von den Parteien aufgeworfene Frage, ob sich das Kriterium der Minderjährigkeit nach schweizerischem Recht - wonach die Volljährigkeit abgesehen von Heirat und Mündigerklärung grundsätzlich mit Ablauf des 20. Altersjahres erlangt wird (vgl. Art. 14 und 15 ZGB) -, oder nach dem Heimatrecht der jeweils betroffenen Person bemisst. Die Beantwortung dieser Frage ist insofern von Bedeutung, als die Beschwerdeführerin, wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, nach heimatlichem Recht, nicht aber nach schweizerischem Recht, bereits als volljährig galt, als sie in die Schweiz einreiste (vgl. Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bosnien-Herzegowina, Unterkapitel C, Dritter Teil, Abschnitt I/6(2), S. 62-10). Artikel 3 Absatz 3 AsylG ist somit bezüglich des Begriffes der Minderjährigkeit auslegungsbedürftig.

aa) - Der Wortlaut dieser Bestimmung liefert selber keinen Lösungsansatz. Auch aus den Materialien ergeben sich keine Hinweise auf die Intention des Gesetzgebers: In der parlamentarischen Diskussion wurde im Zusammenhang mit Artikel 3 Absatz 3 AsylG einzig die Frage, ob neben dem Ehegatten eines Flüchtlings auch der unverheiratete Lebenspartner in dessen Flüchtlingseigenschaft einbezogen werden sollte, diskutiert (vgl. dazu das Grundsatzurteil der ARK vom 27. Juli 1993 i.S. H.C., EMARK 1993 Nr. 24, Erw. 8, S. 162 ff.). In der Asylrechtsliteratur wird von den meisten Autoren - mit Ausnahme von A. Gerber/B. Métraux, welche sich mit dem obenerwähnten Entscheid des EJPD vom 6. Oktober 1989 befassen und diesen als ersten und richtigen Schritt in Richtung einer Emanzipation des Asylrechts gegenüber dem internationalen Privatrecht bezeichnen (vgl. A. Gerber/B. Métraux, Le regroupement familial des réfugiés, requérants d'asile et des personnes admises provisoirement; in: W. Kälin [Hrsg.], Droit des réfugiés, Fribourg 1991, S. 99 f.) - auf Werenfels verwiesen, welcher das Problem eingehender behandelt. Er vertritt die Auffassung, dass sich das Erreichen der Volljährigkeit für Ausländer in der Schweiz in der Regel nicht nach schweizerischem, sondern nach Heimatrecht bestimme und hält für Fälle wie den vorliegenden fest: "Wurde ein Flüchtlingskind nach Heimatrecht volljährig, bevor es in die Schweiz einreiste, gilt es in der Schweiz als volljährig, auch wenn es das 20. Altersjahr noch nicht vollendet hat, und es kann sich nicht mehr auf Artikel 3 Absatz 3 AsylG berufen" (Werenfels, a.a.O., S. 385 f.). An gleicher Stelle (a.a.O., Fussnote 27) weist er allerdings darauf hin, dass sich die Materialien und die Praxis bisher mit der Frage der Mündigkeit von Flüchtlingskindern nicht auseinandergesetzt hätten und somit anzunehmen sei, dass einheitlich die Grenze des vollendeten 20. Altersjahres angewandt worden sei. Schliesslich verweist er auf das - im Zeitpunkt der Drucklegung seines Werks noch nicht in Kraft