1994 / 11 - 84

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beide Elternteile in die Schweiz gelangen, Asyl erhalten und anschliessend ein Gesuch um Familiennachzug stellen, oder dass die Familie gemeinsam aus ihrem Heimatland ausreist. Das Asylgesetz macht indessen keinen Unterschied zwischen diesen Fällen und dem vorliegenden, in welchem zuerst das Flüchtlingskind und erst später der eigentliche Flüchtling in die Schweiz kommt. Dies wird auch in der Asylrechtsliteratur entsprechend vertreten: Nach Werenfels "(...) spielt (es keine Rolle), ob die Familie gemeinsam in die Schweiz eingereist ist oder nicht.". In einer Fussnote weist er allerdings auf die abweichende Meinung Bersiers hin, welcher eine gemeinsame Ankunft in der Schweiz verlange (vgl. S. Werenfels, Der Begriff des Flüchtlings im schweizerischen Asylrecht, Bern u.a. 1987, S. 381, mit Fussnote Nr. 8). Die Lektüre der zu diesem Zeitpunkt aktuellen ersten Auflage des Werks von Bersier zeigt, dass dieser damals in der Tat die Auffassung vertreten hat, die Familie müsse gemeinsam eingereist sein, indem er schrieb: "Ces règles (gemeint sind Artikel 3 Absatz 3 und Artikel 7 AsylG) désignent les personnes qui, entrées avec le requérant, auront avec lui la qualité de requérant durant la procédure; (...)."(vgl. Bersier, Droit d'asile et statut du réfugié en Suisse, 1. Auflage, Lausanne 1985). In der zweiten Auflage seines Werks ist Bersier indessen von seinem früheren Standpunkt abgewichen und hat sich der Auffassung Werenfels' angeschlossen, indem er die obenerwähnte Passage unter Hinweis auf die Fussnote bei Werenfels wie folgt abgeändert hat: "Ces règles désignent les personnes qui, entrées en Suisse avec le requérant ou s'y trouvant en même temps que lui, auront avec lui la qualité de requérant durant la procédure; (...)." (vgl. Bersier, a.a.O., 2. Auflage, Lausanne 1991, S. 67). Auf Werenfels berufen sich wortgetreu im weiteren auch Achermann/Hausammann (vgl. A. Achermann/Ch. Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl., Bern/Stuttgart 1991, S. 124). Schliesslich vertritt auch Kälin keine abweichende Meinung. Er äussert sich zwar strenggenommen nur zu denjenigen Fällen, in welchen die Familie gemeinsam eingereist ist resp. in welchen die Angehörigen während Hängigkeit des Asylgesuchs einer später als Flüchtling anerkannten Person eingereist sind, nicht aber zum vorliegenden Fall, in welchem die "Begünstigte" bereits vorher in die Schweiz gelangte (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt a.M., 1990, S. 153f.). Daraus kann indessen nicht abgeleitet werden, dass er eine andere Auffassung als die obenerwähnten Autoren vertreten wollte; sein Hinweis auf die ausführlichen Darlegungen von Werenfels in Fussnote 14 auf S. 154 lässt vielmehr den Schluss zu, dass er dessen Überlegungen für zutreffend hält. Die in der Asylrechtsliteratur somit einhellige Auffassung, wonach es bei der Anwendung von Artikel 3 Absatz 3 AsylG nicht auf eine gemeinsame Einreise ankommt, ist - neben der Tatsache, dass ein solches Erfordernis im Gesetz