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für Flüchtlinge verweist jedoch in seiner Vernehmlassung auf die Begründung eines Entscheides des EJPD, worin dieses eine Beschwerde gegen einen Nichteintretensentscheid des Bundesamtes für Polizeiwesen auf ein Wiedererwägungsgesuch derselben Gesuchstellerin ablehnte. Das EJPD erachtete damals die Vorbringen der Gesuchstellerin zwar ebenfalls als neue Tatsachen, lehnte hingegen deren Massgeblichkeit für ein Eintreten auf das damalige Wiedererwägungsgesuch mit der Begründung ab, das Erfordernis der Trennung von den Familienangehörigen durch eine Flucht sei in jenem Fall nicht gegeben. Die Gesuchstellerin sei vielmehr aufgrund eines Familienzusammenführungsgesuchs in die Schweiz eingereist. Diesbezüglich machte diese im Wiedererwägungsgesuch geltend, dass es sich in ihrem Fall nicht um eine sogenannte normale Familienzusammenführung handle. Sie habe seinerzeit vielmehr zusammen mit ihrem Ehemann flüchten wollen, sei aber, da das Fluchtboot derart überladen gewesen sei, in das Wasser gestürzt und habe deswegen unfreiwilligerweise vorläufig in Vietnam verbleiben müssen. Der geschilderte Sachverhalt sei aus den seinerzeitigen Akten der Caritas ersichtlich. Wäre sie nicht aus dem Boot gestürzt, so wäre sie mit ihrem Ehemann in die Schweiz geflohen und die gesetzliche Bedingung der Familienzusammenführung wären heute gegeben.

Diese Sachverhaltsdarstellung wurde von der Vorinstanz weder bezweifelt noch rechtlich gewürdigt. Da die Vorinstanz von der Beweisofferte der Beschwerdeführer, es seien bezüglich der Umstände anlässlich der Flucht des Beschwerdeführers respektive dem gescheiterten Fluchtversuch der Beschwerdeführerin die Akten des betreuenden Hilfswerks beizuziehen, keinen Gebrauch machte, ist davon auszugehen, dass diese Tatsache der Vorinstanz bekannt war. Damit handelt es sich zufolge der Zugänglichkeit der Caritas-Akten um aktenkundige Tatsachen, die, vorausgesetzt sie sind erheblich, das Wiedererwägungsgesuch in diesem Punkt zu einem qualifizierten im revisionsrechtlichen Sinne (Art. 66 Abs. 2 Bst. b VwVG) machen. Die Tatsache ist dann erheblich, wenn im folgenden festgestellt würde, dass das gesetzliche Erfordernis der Trennung durch die Flucht vorliegt.

a) - Vorab ist zu prüfen, was unter dem Begriff "Flucht" im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 AsylG zu verstehen ist. In Frage kämen hier vor allem zwei, nach Ausreisegründen unterschiedene Betrachtungsweisen. Die eine ist, dass mit "Flucht" eine Ausreise aus dem jeweiligen Heimatland gemeint ist, um sich vor Benachteiligungen im Sinne von Artikel 3 Absätze 1 und 2 AsylG in Sicherheit zu bringen. Die andere ist diejenige, dass die Ausreise mit dem Ziel erfolgt, in einem anderen Land Asyl zu erhalten. Zu prüfen ist, ob unter dem