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aufgrund der damaligen, erst recht aber in Anbetracht der Intensivierung der Verfolgung von PKK-Aktivisten und -Sympathisanten in den letzten Monaten ist für einen objektiven Dritten nachvollziehbar, dass man als Mitglied einer Familie, deren Mitglieder oder einige davon derart intensiv überwacht (Meldepflicht von A. und D.), gefoltert (Folterung aller Familienmitglieder, ausser der Mutter) und wegen politischer Delikte angeklagt (A. und D.) oder bestraft worden sind (H. E., Cousin) zusätzlich zu den eigenen negativen Erfahrungen im Umgang mit den Behörden befürchtet, vielleicht schon beim nächsten Kontakt mit den Behörden in gleicher oder ähnlicher Weise, wie die anderen Mitglieder der Familie oder er vorher selbst, behandelt zu werden. Dies trifft umsomehr zu, wenn, wie vorliegend, ein politisches Datenblatt mit dem Vermerk "unbequeme Person" vorhanden ist und der Beschwerdeführer gemäss Botschaftsauskunft von der Polizei als "Hilfeleistender der PKK" betrachtet wird. Insbesondere ist für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht notwendig, dass der Beschwerdeführer selbst je politisch aktiv gewesen ist, da nicht die politische Gesinnung einer Person, sondern die Motivation des Staates, diese wegen der bei ihr vermuteten politischen Anschauung zu verfolgen, ausschlaggebend für die Entstehung der Flüchtlingseigenschaft ist (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Der Beschwerdeführer müsste bei jeglichem Behördenkontakt, bei der Rückreise erstmals an der Grenze, aufgrund des über ihn existierenden Datenblattes mit schwersten Nachteilen rechnen. Ausserdem ist im allgemeinen davon auszugehen, dass in gewissen Gebieten der Türkei Angehörige von Familien, die, wenn auch nur vermuteterweise mit der PKK sympathisieren, nach einem Vorfall automatisch unter Verdacht stehen, darin verwickelt zu sein oder mehr als andere darüber zu wissen. Darüberhinaus kann es vorkommen, dass auf die ganze Familie Druck ausgeübt wird und diese für Taten eines einzelnen Mitglieds zur Rechenschaft gezogen wird (vgl. EMARK 1993 Nr. 6, Erw. 3b). Berücksichtigt man weiter, dass die türkischen Sicherheitskräfte in letzter Zeit in zunehmendem Masse und auf härtere Weise auch gezielt gegen tatsächliche oder vermeintliche Sympathisanten der PKK vorgehen, sind die Anforderungen an das Glaubhaftmachen der subjektiven Furcht bei Vorliegen der erwähnten Voraussetzungen herabzusetzen. Beim Beschwerdeführer ist eine begründete Furcht vor ernsthaften Nachteilen im Sinne von Artikel 3 AsylG aus den verschiedenen, kumulativ wirkenden Gründen gegeben.