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Demzufolge ist vorliegend zu prüfen, ob die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Vorkommnisse geeignet sind, Furcht vor künftiger Verfolgung zu erwecken. Der Begriff "begründete Furcht" beinhaltet sowohl objektive als auch subjektive Momente. Als Flüchtling gilt in diesem Zusammenhang, wer in einer konkreten Situation, so wie er sie sehen durfte (d.h. objektivierendes Moment), begründeten, das heisst für Dritte nachvollziehbaren Anlass hatte, Furcht (d.h. subjektives Moment) vor Verfolgung zu hegen. Bei der Beurteilung, ob begründete Furcht vorliegt, ist der persönlichen Situation des Asylbewerbers, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen oder politischen Gruppe, seiner eigenen Beurteilung der Lage und seinen persönlichen Erlebnissen Rechnung zu tragen. Gemäss der schweizerischen Praxis sind Befürchtungen, künftig staatlichen Verfolgungsmassnahmen ausgesetzt zu werden, dann asylrelevant, wenn begründeter Anlass zur Annahme besteht, dass sich diese mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit und in absehbarer Zukunft verwirklichen werden. Es genügt nicht, dass bloss auf Vorkommnisse verwiesen wird, welche sich früher oder später eventuell ereignen könnten. Ob im konkreten Fall eine solche Wahrscheinlichkeit besteht, ist aufgrund einer objektivierten Betrachtungsweise zu beurteilen. Dementsprechend müssen hinreichende Anhaltspunkte für eine individuelle und konkrete Bedrohung vorhanden sein, die bei anderen Menschen in vergleichbaren Situationen Furcht vor Verfolgung hervorrufen könnten.

Durch die bewiesene Inhaftierung sowie durch die nach der Freilassung glaubhaft geschilderten Vorkommnisse (Inhaftierungen, Drohungen und Misshandlungen), hat der Beschwerdeführer in Anbetracht des harten Vorgehens der türkischen Behörden gegen kritische Personen objektiv begründete Furcht vor weiteren Verfolgungsmassnahmen. Aufgrund seiner persönlichen Erlebnisse (Inhaftierung; Drohungen der Polizisten; Befragungen, Inhaftierungen und Misshandlungen durch die Polizei) kann dem Beschwerdeführer zugestanden werden, dass er eine objektiv begründete, ausgeprägtere subjektive Furcht vor den türkischen Sicherheitskräften hatte, als andere Personen. Ein objektives Risiko für den Beschwerdeführer, dass er bei einer Rückkehr in die Türkei, aufgrund seiner Vorgeschichte und des Umstandes, dass er von der türkischen Polizei als PKK-Aktivist registriert ist, erneut von den türkischen Sicherheitskräften bedrängt und misshandelt würde, erscheint als gegeben. Diese Einschätzung wird gerade auch durch den Umstand bestärkt, dass der Beschwerdeführer in den türkischen Registern als PKK-Aktivist geführt wird. Es ist davon auszugehen, dass die Behörden dem Beschwerdeführer eine aktive Rolle bei der PKK unterstellen, um unter diesem Vorwand gegen ihn persönlich vorgehen zu können.