1993 / 14 - 92

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Nachwirkung (vgl. dazu Alfred Kölz, Intertemporales Verwaltungsrecht, ZSR 102 II S. 175 ff.). Im folgenden ist zu prüfen, inwieweit Raum für eine Nachwirkung des alten Rechts besteht.

b) - Seinem Inhalt nach bildet Artikel 16c AsylG eine prozessuale Norm, die das BFF "in den übrigen Fällen" - also bei Nichtvorliegen von Nichteintretensgründen oder offensichtlich negativer oder positiver Fälle (Art. 16, 16a und 16b AsylG) - zur Vornahme notwendiger zusätzlicher Abklärungen anhält. Das alte Recht regelte in Artikel 16 Absatz 2 aAsylG einen vergleichbaren Verfahrensschritt, indem es bestimmte, dass das BFF den Sachverhalt wenn nötig zusätzlich abzuklären und den Gesuchsteller persönlich zu befragen hat. Somit besteht zwischen der Bestimmung des alten Rechts (Art. 16 Abs. 2 aAsylG) und derjenigen des neuen Rechts (Art. 16c AsylG) inhaltlich eine Übereinstimmung. Artikel 16 Absatz 2 aAsylG verwies für die Befragung vor dem BFF zusätzlich auf Artikel 15 Absätze 3 bis 5 aAsylG. Die derart vorgeschriebene sinngemässe Anwendung von Artikel 15 Absätze 3 bis 5 aAsylG schloss eine Protokollierungspflicht für Befragungen durch das BFF ausdrücklich aus, indem diese Pflicht nur in Artikel 15 Absatz 6 aAsylG für die kantonalen Einvernahmen vorgesehen war. Das alte Recht umschrieb damit in Artikel 16 Absatz 2, auf welche Weise der Sachverhalt bei einer persönlichen Befragung des Gesuchstellers zu ermitteln sei. Hierüber schweigt sich das neue Recht in Artikel 16c aus. Der explizite Verweis auf Artikel 15 AsylG für das Verfahren der ergänzenden Bundesbefragung trat erst mit der Änderung der Asylverordnung vom 1. Oktober 1990 (Art. 16a) und später mit Inkrafttreten von Artikel 16 AsylV 1 in Form einer Ausführungsbestimmung hinzu. Weil dieser Verweis vom Wirkungsbereich der massgeblichen Kollisionsregeln (Absätze 1 und 2 der Schlussbestimmungen zum AVB) im Zeitpunkt ihrer Inkraftsetzung nicht erfasst war, kann er bei der Beurteilung des bestehenden Spielraumes für eine Fortgeltung des alten Rechts nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts nicht dem letzteren zugerechnet werden. Daraus ergibt sich, dass die in Frage stehenden Gesetzesbestimmungen des alten und des neuen Rechts zwar den gleichen prozessualen Vorgang nennen, dies jedoch nicht mit derselben Regelungsdichte tun. Somit kann Artikel 16c AsylG nur beschränkt als das neurechtliche Gegenstück von Artikel 16 Absatz 2 aAsylG bezeichnet werden. Da nun aber - wie im vorliegenden Fall - bei Asylgesuchen vor dem 22. Juni 1990 Artikel 16c AsylG nicht zur Anwendung gelangt, und sich diese Gesetzesbestimmung überdies im Gegensatz zum alten Recht nicht zur Art und Weise der Ermittlung des Sachverhalts im Sinne einer Befragung des Asylbewerbers äussert, ist die Nachwirkung des alten Rechts uneingeschränkt.