1993 / 10 - 64

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Mitglieder geschätzt; die Gemeinde hat Geistliche und verfügt auch über ein eigenes Kirchengebäude.

Die Minderheit der syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei ist verschiedenen staatlichen Diskriminierungen ausgesetzt. Sie wird vom türkischen Staat als religiöse Körperschaft nicht anerkannt; ihr Status entspricht lediglich dem der Duldung. Die Haltung des türkischen Staates ist von einer Assimilationspolitik geprägt, wodurch einer christlichen Identität die Grundlage entzogen wird; bis im Juli 1990 war der islamische Religionsunterricht Pflichtfach an den Schulen; die aramäische Sprache ist verboten; Stellen im öffentlichen Dienst oder militärische Führungspositionen sind Christen nicht zugänglich; auch im Militärdienst werden sie aus religiösen Gründen diskriminiert. Von einer eigentlichen unmittelbaren staatlichen Verfolgung kann indessen nicht gesprochen werden. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass der türkische Staat der religiösen Verfolgung der christlichen Minderheit durch Private nicht entgegenwirkt und den Christen gegen kriminelle Uebergriffe keinen Schutz gewährt; an Christen begangene Straftaten werden durch Polizei und Gerichte völlig unzureichend geahndet; im Gegenteil kann sich der Geschädigte, der Anzeige erheben will, dem Risiko weiterer Gefahren ausgesetzt sehen. Auch von privater Seite ausgehende Nachstellungen müssen daher mittelbar dem türkischen Staat zugerechnet werden, da davon ausgegangen werden muss, dass solche privaten Uebergriffe staatlicherseits faktisch geduldet werden, ohne dass ein wirksamer Schutz gewährt würde (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel und Frankfurt am Main, 1990, S. 62f.; A. Achermann/Ch. Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Auflage, Bern und Stuttgart, 1991, S. 84f.).

e) - Die Erwägungen der Vorinstanz - dass die Beschwerdeführer ihr Dorf hätten verlassen müssen, liege zu lange zurück, um asylrechtlich noch in Betracht zu fallen; Nachteile, die sich aus allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingung ergäben, insbesondere die schlechte wirtschaftliche Lage und die Arbeitslosigkeit, seien asylrechtlich nicht relevant - werden nach dem Gesagten den Vorbringen der Beschwerdeführer nicht gerecht. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer und seine Familie die Türkei nicht, wie die Vorinstanz annimmt, wegen Arbeitslosigkeit verlassen haben, sondern sich der über Jahre andauernden Behelligungen wegen zur Flucht entschlossen.