1993 / 8 - 49

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6. - Es ist daher im folgenden zu prüfen, wie die vom Beschwerdeführer in der Türkei begangene Straftat im Hinblick auf Artikel 1 F Buchstabe b FK sowie Artikel 8 AsylG zu würdigen ist, und zu klären, in welchem Verhältnis die beiden erwähnten Bestimmungen zueinander stehen.

a) - Gemäss Artikel 1 F Buchstabe b FK sind die Bestimmungen der Flüchtlingskonvention nicht anwendbar auf eine Person, für die ernsthafte Gründe für den Verdacht bestehen, dass sie vor ihrer Aufnahme im Zufluchtsland ein schweres Verbrechen des gemeinen Rechts begangen hat, welches sich in einer Güterabwägung als besonders schweres Verbrechen erweist (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel und Frankfurt am Main, 1990, S. 178ff.; A. Achermann/Ch. Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Auflage, Bern und Stuttgart, 1991, S. 161ff.; W. Kälin, Das Prinzip des Non-Refoulement; Das Verbot der Zurückweisung, Ausweisung und Auslieferung von Flüchtlingen in den Verfolgerstaat im Völkerrecht und im schweizerischen Landesrecht, Bern/Frankfurt am Main, 1982, S. 119ff., 123ff.). Lehre und Rechtsprechung gehen beim - aus dem Auslieferungsrecht stammenden - Begriff des politischen Delikts von der Unterscheidung in absolut politische Delikte, komplex politische Delikte, konnex politische Delikte und relativ politische Delikte aus (vgl. W. Kälin, Grundriss, S. 108; A. Achermann/Ch. Hausammann, a.a.O., S. 162f.; W. Kälin, Non-Refoulement, S. 213ff.). Die in der Beschwerdeeingabe vertretene Auffassung, die Gefangenenbefreiung, an der der Beschwerdeführer beteiligt war, stelle ein absolut politisches Delikt dar, weshalb die damit zusammenhängende Tötung einer Person als konnex politisches Delikt gelten müsse, erweist sich als unhaltbar; absolut politische Delikte sind Straftaten, die sich gegen die politische und soziale Organisation eines Staates richten und als Merkmal des objektiven Tatbestandes den Angriff auf den Staat und dessen grundlegende Einrichtungen beinhalten (vgl. W. Kälin, Grundriss, S. 108; BGE 106 Ib 308, 110 Ib 284f.). Jedoch erscheint eine Qualifikation der gewaltsamen Gefangenenbefreiung als relativ politisches Delikt nicht von vornherein ausgeschlossen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Straftat dann als relativ politisches Delikt zu betrachten, "..wenn die Handlung nach den Umständen, namentlich nach den Beweggründen und Zielen des Täters, einen vorwiegend politischen Charakter hat. Ein vorwiegend politischer Charakter ist anzunehmen, wenn die strafbare Handlung im Rahmen eines Kampfes um die Macht im Staate erfolgte oder wenn sie verübt wurde, um jemanden dem Zwang eines jede Opposition ausschliessenden Staates zu entziehen. Zwischen solchen Taten und den angestrebten Zielen muss eine enge, direkte und