1995 / 18 - 188

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Aus diesen Gründen erscheint es nach Auffassung der Kommission geboten, den genannten Nichteintretenstatbestand bei Verletzungen der Wahrheitspflicht nur mit grösster Zurückhaltung anzuwenden. Das "blosse" Verschweigen einer Tatsache reicht für sich allein nicht aus, die schwere prozessuale Sanktion eines Nichteintretensentscheides zu rechtfertigen. Es dürften dabei, entsprechend dem bereits zitierten Urteil der ARK vom 15. Juli 1994, nur Sachverhalte einer Kumulation von Irreführungen in Frage kommen, welche die Abklärungen effektiv behindern. Andernfalls würde die im vorliegenden Fall vom BFF vertretene Auffassung zu einer undurchschaubaren Vermischung von Artikel 12a und 16 Absatz 1 Buchstabe e AsylG führen. (Es ist im übrigen darauf hinzuweisen, dass auch die Argumentation in der Vernehmlassung des BFF, insb. Ziff. 2, ausdrücklich die Frage der Glaubwürdigkeit beschlägt.) Gegen eine Vermengung der beiden Bestimmungen spricht auch, dass in Artikel 12a Absatz 3 AsylG explizit tatsachenwidrige Vorbringen enthalten sind, weshalb solche auch unter diesen Artikel subsumiert werden sollten. Die Verheimlichung eines Drittstaatsaufenthaltes ist in gewisser Weise vergleichbar mit der Verheimlichung der Identität. Für diesen Tatbestand ist aber - im Gegensatz zur Verheimlichung eines Drittstaatsaufenthaltes - explizit ein Nichteintreten vorgesehen. Es erscheint daher kaum logisch, für die Verheimlichung eines Drittstaatsaufenthaltes - mangels einer gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge - Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e AsylG sozusagen als "Auffangbecken" heranzuziehen.

d) Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass der Beschwerdeführer zwar den Aufenthalt in Deutschland - dessen tatsächliche Dauer in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung ist - verschwiegen und sogar noch nach dessen Aufdeckung auf Vorhalt hin bestritten hat. Dies lässt auf eine gewisse Uneinsichtigkeit schliessen, was unter dem Aspekt der persönlichen Glaubwürdigkeit zu berücksichtigen ist. Indessen hat der Beschwerdeführer dadurch die erforderlichen Abklärungen nicht behindert; er hat es lediglich unterlassen, die Behörde von sich aus auf den genannten Umstand hinzuweisen. Dieses Verhalten ist vorwerfbar, reicht indessen nach dem Gesagten nicht aus, um einen Nichteintretensentscheid nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e AsylG zu begründen. 

e) Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz zu Unrecht auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist. Die Verfügung des BFF ist daher aufzuheben und das BFF ist anzuweisen, das Asylgesuch materiell zu prüfen.