1995 / 1 - 12

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Zwangsheiraten, um so die religiöse Minderheit zu schwächen, kommt (vgl. W. Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel und Frankfurt a.M., S. 56). Diese Massnahmen sind in ih-rer Gesamtheit daher auch geeignet, bei der Gemeinschaft der Yeziden einen unerträglichen psychischen Druck zu bewirken. Bei dieser Sachlage ist unerheblich, ob der einzelne Yezide über diese, die ganze Glaubensgemeinschaft betreffenden, Verfolgungsmassnahmen hinausgehende Massnahmen erlitten hat oder solche mit guten Gründen befürchtet; es genügt mit Bezug auf die Yeziden für die Bejahung der Gezieltheit und der Intensität der Massnahme und damit für die Bejahung einer Verfolgung, dass der Betroffene Mitglied dieser Minderheit ist und jederzeit mit dieser Verfolgung zu rechnen hat (vgl. W. Kälin, a.a.O., S. 85).

7. a) Nach dem Gesagten ist hinsichtlich der Glaubensgemeinschaft der Yeziden von einer gezielten Gruppen- oder Kollektivverfolgung auszugehen; mithin ist allein die Zugehörigkeit zu dieser Zielgruppe als Indiz dafür zu werten, dass bei jedem einzelnen Angehörigen begründete Furcht vor Verfolgung vorliegt. Die Anforderungen an die begründete Furcht in einer solchen staatlichen, gezielt und intensiv gegen eine bestimmte Zielgruppe gerichteten Verfolgung sind dadurch herabgesetzt (vgl. A. Achermann/Ch. Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Auflage, Bern und Stuttgart, S. 92). So lässt es die begründete Furcht für eine Asylgewährung auch genügen, wenn Personen verfolgt wurden, die sich in der gleichen Lage wie der einzelne Betroffene befanden; mithin ist nicht nur das individuelle Schicksal zu berücksichtigen, sondern insbesondere sind die objektiven Umstände und das Umfeld gleichermassen miteinzubeziehen. Es kann daher aufgrund der Verfolgung eines Kollektivs - wie vorliegend der Yeziden - durchaus der Schluss gezogen werden, dass der einzelne Angehörige dieser Gruppe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bereits gefährdet ist, bevor beziehungsweise ohne dass er bereits konkreten Massnahmen ausgesetzt war oder ist. Vom einzelnen Betroffenen, sich auf die Verfolgung des Kollektiv Berufenden, ist zu erwarten, dass er seine Zugehörigkeit zu diesem Kollektiv sowie - wobei den individuellen Möglichkeiten des Einzelnen Rechnung zu tragen ist - die Zustände und Verfolgungsmassnahmen zumindest glaubhaft machen kann. Je mehr es sich bei den Zuständen im Verfolgerstaat um allgemeine und öffentlich bekannte Begebenheiten handelt - wie dies vorliegend der Fall ist -, um so weniger muss der Betroffene den Nachweis dafür erbringen (vgl. S. Werenfels, a.a.O., S. 139 und 209 f., W. Kälin, a.a.O., S. 78). 

b) Vorliegend haben die Beschwerdeführer glaubhaft dargetan, der Glaubensgemeinschaft der Yeziden anzugehören. Wie oben dargelegt, ist diese Ge-