1993 / 17 - 106

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17. Auszug aus dem Urteil der ARK vom 28. April 1993
      i.S. S.M., Indien


Grundsatzentscheid: [1]

1. Art. 48 VwVG: Rechtsschutzinteresse bei Weiterführung des Verfahrens aus dem Ausland.

Das Interesse an der Weiterführung des Verfahrens entfällt nicht schon dadurch, dass der Beschwerdeführer ausser Landes oder unbekannten Aufenthaltes ist. Voraussetzung ist allerdings, dass das weiterbestehende Interesse am Verfahren ausdrücklich manifestiert oder zumindest nach den Umständen klar erkennbar ist, der Beschwerdeführer über ein gültiges Rechtsdomizil verfügt und er über diese Adresse erreichbar ist. Die Frage des Rechtsschutzinteresses ist zu unterscheiden von der Frage der allfälligen Verletzung der Mitwirkungspflicht durch Nichtbekanntgabe der Adresse (Erw. 1).

2. Art. 13 und Art. 16 Abs. 2 AsylG: Begriff der Verfolgung.

Es ist bei der Anwendung von Artikel 13 AsylG von einem weiten Verfolgungsbegriff auszugehen, der auch Gründe nach Artikel 3 EMRK oder Artikel 14a ANAG umfasst. Dieser Verfolgungsbegriff ist identisch mit dem Begriff der Verfolgung nach Artikel 16 Absatz 2 AsylG (Erw. 3 b).

3. Art. 16 Abs. 2 AsylG, 2. Satz: Hinweise auf Verfolgung und inländische Fluchtalternative. 

Die Frage einer allfälligen inländischen Fluchtalternative beschlägt nicht die Frage, ob zum vornherein gar keine Verfolgung vorliegen kann, sondern es geht um die Frage, ob allenfalls nach den Umständen in bestimmten Teilen des Landes Schutz vor Verfolgung besteht. Dies bedingt eine materielle Prüfung des Asylgesuchs, was voraussetzt, dass zunächst auf das Gesuch eingetreten wird. Ein Nichteintretensentscheid mangels Anhaltspunkten für Verfolgung im Sinne von Art. 16 Abs. 2 


[1]  Entscheid der Präsidentenkonferenz über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, gemäss Art. 12 Abs. 2 Bst. a der Verordnung über die Schweizerische Asylrekurskommission (VOARK; SR 142.317).