1993 / 3 - 13

previous next

Aus den Erwägungen:

3. - Der Beschwerdeführer rügt die Verwendung des Empfangsstellenprotokolls zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit und beruft sich dabei auf die entsprechenden Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, GPK (BBl 1990 II 784 f.; vgl. auch BBl 1991 I 293 ff., insb. 299).

Die Befragung zu den Ausreisegründen in der Empfangsstelle dient vorab dem Zweck, festzustellen ob überhaupt ein Asylgesuch vorliegt sowie eine erste Triage zu ermöglichen. Diese Befragung hat daher nur summarischen Charakter, weshalb ihr zweifellos für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Asylgründe nur ein beschränkter Beweiswert zukommt (siehe dazu Achermann/Hausammann, Handbuch des Asylrechts, 2. Aufl. Bern 1991, S. 263 f.). Dies heisst allerdings nicht, dass das Empfangsstellenprotokoll im Rahmen der Beweiswürdigung völlig bedeutungslos ist. In diesem Sinne äussert sich auch Walter Kälin, der sich nicht absolut gegen die Verwendung der Empfangsstellenprotokolle ausspricht, sondern nur dagegen, dass sie allzu sehr gewichtet werden (Grundriss des Asylverfahrens, 1990, S. 253 Fn. 25).
Es ist somit zu differenzieren: Die Kritik der GPK und der beiden Handbuch- Autoren Achermann/Hausammann richtet sich vor allem dagegen, dass Vorbringen deshalb als unglaubhaft abgetan werden, weil sie in der Empfangsstelle unerwähnt blieben oder weil bloss geringe Ungereimtheiten zwischen den Aussagen bestehen. Diese Kritik ist insofern berechtigt, als es angesichts des summarischen Charakters des Empfangsstellenprotokolls nicht angehen kann, blossen Unvollständigkeiten und unwesentlichen Abweichungen zu den späteren Aussagen eine entscheidende Bedeutung beizumessen. Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass Asylbewerber im Rahmen dieser Kurzbefragung grundsätzlich die Möglichkeit oder gar die Pflicht hätten, sämtliche Gründe ihres Asylgesuches abschliessend darzulegen (so bereits die Praxis des EJPD, Entscheid vom 18. September 1989, Rek. 89 4946, wiedergegeben in ASYL 1989/4 S. 18, s. dazu auch ASYL 1990/3 S. 18). Anders verhält es sich jedoch, wenn klare Aussagen in der Empfangsstelle in wesentlichen Punkten der Asylbegründung von den späteren Aussagen in der kantonalen oder der BFF-Befragung diametral abweichen, oder wenn bestimmte Ereignisse oder Befürchtungen, welche später als zentrale Asylgründe genannt werden, nicht bereits in der Empfangsstelle zumindest ansatzweise erwähnt werden. Solche Widersprüche lassen sich in aller Regel nicht mit dem summarischen Charakter der Befragung erklären; es ist daher nicht einzusehen, weshalb sie nicht im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein sollten.