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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 23. Oktober 2003 i.S. F.A., Libyen

Art. 3 und 54 AsylG: Flüchtlingseigenschaft und subjektive Nachfluchtgründe.

Abgewiesene Asylbewerber aus Libyen sind im Falle einer Rückkehr aus europäischen Staaten bei der Wiedereinreise allein aufgrund ihres Aufenthaltes im westlichen Ausland keiner systematischen Verfolgung im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt.

Art. 3 et 54 LAsi : qualité de réfugié et motifs subjectifs postérieurs à la fuite.

A leur retour d’Europe, les demandeurs d’asile déboutés originaires de Libye ne sont pas systématiquement exposés à des persécutions au sens de l’art. 3 LAsi du seul fait d’avoir séjourné en Occident.

Artt. 3 e 54 LAsi: qualità di rifugiato e motivi soggettivi insorti dopo la fuga.

I richiedenti l'asilo libici la cui domanda è stata respinta non sono sistematicamente esposti - in caso di rimpatrio dall’Europa - a persecuzioni rilevanti dal profilo dell'art. 3 LAsi per il solo fatto d'aver soggiornato in Occidente.

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Der Beschwerdeführer verliess Libyen am 9. November 1999 und stellte am 15. November 1999 in der Schweiz ein Asylgesuch.

Das BFF stellte mit Verfügung vom 31. Oktober 2001 fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, und lehnte das Asylgesuch ab. Gleichzeitig verfügte es die Wegweisung des Beschwerdeführers aus der Schweiz und ordnete den Vollzug an.

Mit Beschwerde vom 5. Dezember 2001 beantragte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Gewährung von Asyl in der Schweiz; eventualiter sei festzustellen, dass dem


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Beschwerdeführer eine Rückkehr nicht zugemutet werden könne, und es sei ihm deshalb die vorläufige Aufnahme zu gewähren. Der Eventualantrag wurde mit der Gefährdung des Beschwerdeführers durch die libyschen Grenzbehörden bei einer Wiedereinreise begründet.

Die ARK wies die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

4. […]

b) Im Rahmen des Subeventualantrags (Verzicht auf den Vollzug der Wegweisung) wird geltend gemacht, dass libysche Staatsangehörige nach einer längeren Abwesenheit bei der Rückkehr in ihren Heimatstaat gemäss Berichten von amnesty international damit rechnen müssten, inhaftiert und während dieser Haft Menschenrechtsverletzungen einschliesslich Folter ausgesetzt zu werden, weshalb der Vollzug der Wegweisung EMRK-widrig wäre. Da dieses angeblich systematische Vorgehen des libyschen Staates, welches nachfolgend zu prüfen sein wird, aufgrund der Vermutung erfolgen soll, die Rückkehrer hätten sich in Europa exilpolitisch betätigt, sind diese Vorbringen nicht unter dem Blickwinkel der Unzulässigkeit des Wegweisungsvollzugs, sondern unter jenem der - gegebenenfalls zur Anerkennung als Flüchtling und zur vorläufigen Aufnahme als Flüchtling führenden (vgl. Art. 54 AsylG) - begründeten Furcht vor künftiger Verfolgung zu prüfen.

Gemäss Berichten von Menschenrechtsorganisationen, insbesondere von amnesty international (vgl. amnesty international, Jahresbericht 2001, Frankfurt a.M. 2002, S. 368 f.), wurden einige aus anderen Staaten zurückgeschobene Libyer Opfer von gravierenden Menschenrechtsverletzungen. Diese Berichte führten unter anderem dazu, dass libysche abgewiesene Asylsuchende aus europäischen Staaten nur zurückhaltend in ihren Heimatstaat weggewiesen wurden. Aufgrund neuerer Berichte von amnesty international wird erkennbar, dass es sich in den namentlich bekannten Fällen, in welchen die Rückschaffung nach Libyen zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen führte, um Personen gehandelt hat, welche von anderen arabischen Staaten sowie von Pakistan nach Libyen zurückgeschafft wurden; in einem Fall handelte es sich um einen in Grossbritannien anerkannten Flüchtling, welcher durch die saudischen Behörden zwangsweise nach Libyen abgeschoben wurde.

Nach den Erkenntnissen der schweizerischen Behörden kam es bei den bisher  seltenen Rückschaffungen abgewiesener Asylbewerber aus europäischen Staaten  


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zu keinen Ereignissen, welche auf eine systematische oder häufige menschenrechtswidrige Behandlung bei der Befragung durch die Sicherheitsbehörden schliessen liessen. Zwar trifft zu, dass die libyschen Behörden solche Rückkehrer Befragungen unterziehen; diese dienen jedoch gemäss den Behörden zur Verfügung stehenden Informationen vor allem der Herkunftsabklärung, um sicherzustellen, dass es sich nicht um Personen handelt, welche zwar den europäischen Asylbehörden gegenüber als Libyer aufgetreten sind, jedoch aus anderen arabischen Staaten stammen.

Da der Beschwerdeführer über eine libysche Identitätskarte sowie einen Führerausweis verfügt und damit seine libysche Staatszugehörigkeit feststeht, kann das Vorliegen einer begründeten Furcht vor zukünftiger Verfolgung anlässlich der Wiedereinreise verneint werden.

 

 

topprevious


© 11.12.03