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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 15. Februar 1999 i.S. M. D., Liberia

[English Summary]

Art. 14a Abs. 4 ANAG: Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs.

Grundsätzliche Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs nach Liberia.

Art. 14a, al. 4 LSEE : exigibilité de l'exécution du renvoi.

L'exécution du renvoi au Libéria est en principe raisonnablement exigible.

Art. 14a cpv. 4 LDDS: esigibilità dell'esecuzione dell'allontanamento.

L'esecuzione dell’allontanamento verso la Liberia è di regola ragione-volmente esigibile.

Aus den Erwägungen:

ee) Was die allgemeine Situation in Liberia betrifft, steht fest, dass mit der deutlichen Wahl des ehemaligen Rebellenführers Charles Taylor zum Staatspräsidenten der Bürgerkrieg beendet worden ist. Taylor hat seit seinem Amtsantritt eine Regierung gebildet und ist bestrebt, die Ordnung im Lande wiederherzustellen. Die Lage ist weiterhin ruhig, wenn auch gespannt. Taylor hat noch nicht alle Erwartungen der ECOWAS/USA erfüllt, insbesondere steht der Aufbau einer angemessenen und zuverlässigen eigenen Sicherheitstruppe noch in den Anfängen, obwohl die ECOMOG-Truppen in den letzten Monaten von 11'000 auf 5'000 reduziert wurden. Wie einer Reuters-Meldung zu entnehmen ist, warnt der abtretende Befehlshaber der ECOMOG-Truppen vor einer möglichen Verunsicherung des Landes durch die geheime Präsenz von ca. 10'000 bis 12‘000 nicht entwaffneter Milizen und Banden (von ursprünglich 35‘000). Zwar haben sich die Staatschefs von Liberia und Sierra Leone auf ein gemeinsames Befriedungsprogramm und effiziente Grenzkontrollen geeinigt,


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aber die zukünftige Entwicklung steht und fällt mit der immer noch unentbehrlichen Nahrungsmittel- und Waffenhilfe der internationalen Schutzmächte. Der Verdacht, Präsident Taylor arbeite insgeheim mit der sierra-leonischen Rebellenfront zusammen, konnte durch einen Staatssicherheitsvertrag zwischen beiden Regierungen vorerst entkräftet werden. Es bleibt die Unsicherheit ethnischer Rivalitäten im Land. Die Mandingos stehen weiterhin in Konflikt mit ihren Nachbarethnien in Nimba und Lofa Counties. UNHCR, ECRRP und ECOWAS-Beobachter versuchen jedoch, den ethnischen Konflikt zu entschärfen. Präsident Taylor soll mittlerweile 90% der Armee und Polizei mit eigenen Leuten besetzt haben und auch die Judikative stark beeinflussen ("présidence à l'africaine"). Auf wirtschaftlicher Ebene scheint Liberia seine Billig-Schiff-Transporte wieder aufgenommen zu haben. Um dem Land zur finanziellen und wirtschaftlichen Sicherheit, die es braucht, zu verhelfen, werden laufend Gespräche zwischen der liberianischen Regierung, der Weltbank und der internationalen Währungshilfe (IMF) geführt. Einige kleinere Investitionen sind bereits ins Land geflossen. Die US-Behörden beurteilen die Lage ungeachtet aller Bedenken als ausreichend sicher. Im Verlauf der letzten fünf Monate sind unter der Führung des UNHCR zirka 7'000 Flüchtlinge aus der Elfenbeinküste und aus Guinea in ihre Heimat nach Nimba County – Herkunftsprovinz des Rekurrenten - zurückgekehrt. Seit Beginn des Rückführungsprogramms durch UNHCR und ECRRP sind von den gegen 500'000 in Nachbarländern untergekommenen Flüchtlingen aus Liberia, annähernd die Hälfte freiwillig, wovon ein grosser Teil ohne Hilfe des UNHCR, nach Liberia (davon über 32'000 nach Nimba County) zurückgekehrt. Bei den bisher erfolgten Repatriierungen rechnet das UNHCR damit, dass das Repatriierungsprogramm bis Ende 1999 abgeschlossen sein wird. Dabei wird das Ziel verfolgt, möglichst allen Flüchtlingen die Chance zu geben, nach Hause zurückzukehren und ihnen die zur Reintegration notwendige Unterstützung zu geben oder sie an andere Entwicklungsorganisationen zu vermitteln. Zudem gehört zu einem der wichigsten Ziele des UNHCR die Reintegration der zahlreichen Kinder in die Primar- und Sekundarschule und andere Institutionen. Die Zusammenarbeit des Erziehungsministers mit dem UNHCR sieht vor, entsprechende Pläne für Lehreraus- und weiterbildung auszuarbeiten, um eine Harmonisierung des landesweiten Schulsystem sicherzustellen.

ff) Der Beschwerdeführer ist jung und unverheiratet. Er hat eine siebenjährige Schulbildung. Nebst seiner Muttersprache Mandingo spricht er gut Englisch. Als Dreizehnjähriger ist er wegen des Bürgerkriegs in Liberia zusammen mit 


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seinem Bruder nach Guinea geflüchtet, wo er während fünfdreiviertel Jahren gelebt hat. Dabei hat er sich offenbar ohne grössere Probleme zurechtgefunden. Die oben aufgeführten Faktoren lassen darauf schliessen, dass es dem Beschwerdeführer möglich sein sollte, sich in seiner Heimat Liberia (...) niederzulassen und eine neue Existenz und ein neues Beziehungsnetz aufzubauen. Angesichts der Tatsache, dass bereits zahlreiche Mandingos nach Nimba County zurückgekehrt sind, lässt ebenfalls darauf schliessen, dass eine Niederlassung des Beschwerdeführers in seiner Herkunftsregion zumutbar ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es dort hie und da zu kleineren ethnisch bedingten Auseinandersetzungen kommen kann. Die ARK verkennt nicht, dass die Situation für den Beschwerdeführer nicht einfach sein wird, zumal er von seinen Eltern seit 1990 nichts mehr gehört hat und nicht ohne weiteres angenommen werden kann, dass er das Land, das seine Familie vor dem Bürgerkrieg besessen hat, in seinen Besitz zurückholen kann, um es zu bewirtschaften. Immerhin kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Reintegration weitere Hilfe bei dem im Rückkehrprogramm und im Wiederaufbau in Liberia stark engagierten UNHCR in Anspruch nehmen kann. Vorliegend ist der Vollzug als zumutbar zu erachten, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Liberia einer konkreten Gefährdung ausgesetzt ist.

topprevious


© 04.06.02