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Auszug aus dem Urteil der ARK vom 11. Mai 1999 i.S. M. T. und Familie, Türkei

[English Summary]

Grundsatzentscheid: [1]

Art. 7 AsylG, Art. 3 Abs. 2 AsylV 1: Familiennachzug von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen; anwendbares Recht.

In der Schweiz vorläufig aufgenommene Flüchtlinge können sich für den Familiennachzug nicht auf das Asylgesetz berufen. Eine in dieser Hinsicht unterschiedliche Behandlung zwischen vorläufig aufgenommenen und asylberechtigten Flüchtlingen verstösst nicht gegen die Flüchtlingskonvention. Unter welchen Voraussetzungen vorläufig aufgenommene Flüchtlinge einen Anspruch auf Familiennachzug geltend machen können und ob die massgebliche ausländerrechtliche Bestimmung (Art. 7 der Verordnung über die vorläufige Aufnahme von Ausländern) diesbezüglich mit übergeordnetem Recht vereinbar ist, muss im ausländerrechtlichen Verfahren geprüft werden (Erw. 4).

Décision de principe : [2]

Art. 7 LAsi, art. 3, al. 2 OA 1 : regroupement familial des étrangers admis provisoirement comme réfugiés ; droit applicable.

Les réfugiés admis provisoirement en Suisse ne peuvent se réclamer de la loi sur l'asile pour bénéficier du regroupement familial. A cet égard, traiter différemment les réfugiés admis provisoirement et ceux qui ont obtenu l'asile n'est pas contraire à la Convention relative au statut des réfugiés. Les conditions auxquelles les réfugiés admis provisoirement peuvent faire valoir un droit au regroupement familial et la mesure dans laquelle la prescription applicable en matière de police des étrangers (art. 7 de l'ordonnance sur l'admission provisoire des étrangers) est compatible avec un droit de niveau supérieur doivent être examinées en procédure de police des étrangers (consid. 4).


[1]  Entscheid über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäss Art. 12 Abs. 2 und 6 VOARK.

[2]  Décision sur une question juridique de principe selon l'art. 12, al. 2 et 6 OCRA.


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Decisione di principio : [3]

Art. 7 LAsi e art. 3 cpv. 2 OA 1: ricongiungimento familiare con stranieri ammessi provvisoriamente in Svizzera come rifugiati; diritto applicabile.

I rifugiati ammessi provvisoriamente in Svizzera non possono prevalersi della legge sull'asilo per il ricongiungimento familiare. Un trattamento differenziato dei rifugiati ammessi provvisoriamente da quelli che hanno ottenuto l'asilo non è contrario alla Convenzione sullo statuto dei rifugiati. I presupposti in virtù dei quali i rifugiati ammessi provvisoriamente in Svizzera possono far valere un diritto al ricongiungimento familiare, e se la pertinente disposizione in materia di polizia degli stranieri (art. 7 dell'ordinanza concernente l'ammissione provvisoria degli stranieri) sia compatibile con norme di rango superiore, devono essere esa minati nella procedura di polizia degli stranieri (consid. 4).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

Mit Verfügung vom 25. Januar 1994 wies das BFF das Asylgesuch des Beschwerdeführers ab, stellte jedoch dessen Flüchtlingseigenschaft auf grund subjektiver Nachfluchtgründe fest und nahm ihn als Flüchtling vorläufig in der Schweiz auf. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Mit Verfügung vom 24. Juli 1996 wies das BFF das Asylgesuch der Ehefrau des Beschwerdeführers ab, anerkannte sie aber nach Art. 3 Abs. 3 AsylG als Flüchtling und nahm sie vorläufig in der Schweiz auf. Auch diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Mit Verfügung vom 30. Juni 1997 aberkannte das BFF beiden Be schwerdeführern die Flüchtlingseigenschaft und hob die angeordnete vorläufige Aufnahme auf. Eine gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde wurde von der ARK mit Urteil vom 4. Mai 1998 gutgeheissen (publiziert in EMARK 1998 Nr. 19, S. 164 ff.).

Mit Eingabe vom 10. August 1998 ersuchten die Beschwerdeführer beim BFF um Bewilligung der Einreise für ihre drei in der Türkei lebenden minderjähri-


[3]  Decisione su questione giuridica di principio conformemente all'art. 12 cpv. 2 e 6 OCRA.


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gen Kinder zwecks Familienvereinigung und um Einbezug der Kinder in die Flüchtlingseigenschaft ihrer Eltern.

Mit Verfügung vom 19. November 1998 wies das BFF das Gesuch um Familienzusammenführung ab und verweigerte den Kindern der Beschwerdeführer die Einreisebewilligung. Es begründete diesen Entscheid damit, dass die Familienzusammenführung mit minderjährigen Kindern gestützt auf Art. 7 AsylG nur möglich sei, wenn unter anderem die Bedingungen erfüllt seien, dass der in der Schweiz lebenden Person nach schweizerischem Recht der Flüchtlingsstatus zuerkannt und Asyl nach Art. 4 AsylG gewährt worden sei. Letztere Bedingung werde implizit aus Art. 3 Abs. 2 der AsylV 1 abgeleitet. Gestützt auf diese Sachlage sei der Familiennachzug der minderjährigen Kinder laut Art. 7 AsylG nicht möglich. Gemäss Art. 7 der Verordnung über die vorläufige Aufnahme von Ausländern könnten die Beschwerdeführer beim zuständigen kantonalen Amt ein Gesuch um Familiennachzug einreichen.

Mit Eingabe vom 21. Dezember 1998 beantragen die Beschwerdeführer durch ihre Vertreterin, die Verfügung des BFF sei aufzuheben und die drei unmündigen Kinder seien in ihre Flüchtlingseigenschaft einzubeziehen. Hierzu sei ihnen die Einreise in die Schweiz zu gestatten. Es sei ihnen die unentgeltliche Rechtspflege mit amtlicher Verbeiständung zu gewähren.

Mit Zwischenverfügung vom 30. Dezember 1998 hiess der Instruktionsrichter das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gut und bestellte Rechtsanwältin H. als amtlichen Rechtsbeistand der Beschwerdeführer.

In der Vernehmlassung vom 12. Februar 1999 beantragt das BFF die Abweisung der Beschwerde.

Die ARK weist die Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

3. a) Die Beschwerdeführer machen in ihrer Eingabe geltend, dass die Kinder, wenn sie sich bereits in der Schweiz befänden, gestützt auf Art. 3 AsylG in Verbindung mit Art. 8 EMRK Anspruch darauf hätten, in die Flüchtlingseigenschaft ihrer Eltern einbezogen zu werden. Dies dürfe auch aus dem grundsätzlichen Urteil der ARK vom 4. Mai 1998 [vgl. EMARK 1998 Nr. 19] abgeleitet werden. Die Beschwerdeführer könnten aufgrund ihrer Gefährdung


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keinesfalls in die Türkei zurückkehren, weshalb sie ihr Familienleben nur in der Schweiz leben könnten. Dieses Zusammenleben solle ihnen nun aufgrund eines von der Lehre als gesetzwidrig eingestuften Verordnungsartikels verweigert werden. Gemäss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wenn die Verweigerung des Familiennachzugs im Lichte des menschenrechtlichen Anspruchs auf Schutz vor Familientrennungen unzumutbar erscheine. Im EGMR-Urteil Gül gegen die Schweiz vom 19. Februar 1996 sei festgehalten worden, dass der Grundsatz des Schutzes der Beziehung zwischen Kind und Eltern als erster und oberster Leitsatz anerkannt worden sei. Ausnahmen von diesem Grundsatz seien nur unter aussergewöhnlichen Umständen möglich. Für die Familie T. sei ein Leben in der Türkei unmöglich. Sie seien als Flüchtlinge anerkannt und verfügten über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht. Die Familie habe gemäss Art. 8 EMRK ein legitimes Interesse an einem gemeinsamen Familienleben. Gemäss Art. 2 AsylG gewähre die Schweiz Flüchtlingen Asyl; es stelle sich die Frage, was dieser Begriff umfasse. Im Asylgesetz würden die Anerkennung als Flüchtling geregelt sowie die Asylausschlussgründe genannt. Das Gesetz stelle für einen anerkannten Flüchtling die Möglichkeiten des Asyls sowie der vorläufigen Aufnahme zur Verfügung, da er nicht mehr in das Verfolgerland zurückkehren könne. Der Begriff Asyl müsse demnach sowohl den Status des Asyls als auch der vorläufigen Aufnahme umfassen. Dafür spreche auch Art. 3 Abs. 3 AsylG, in dem festgehalten werde, dass minderjährige Kinder von Flüchtlingen ebenfalls als Flüchtlinge anerkannt würden. Je nachdem erhielten sie in der Folge Asyl oder würden vorläufig aufgenommen. Wenn Art. 7 Abs. 1 AsylG festhalte, minderjährigen Kindern von Flüchtlingen werde Asyl gewährt, sei von eben dieser Begriffsbestimmung auszugehen. Gegebenenfalls erfolge an Stelle des formellen Asyls eine vorläufige Aufnahme; Art. 7 Abs. 1 AsylG sei in dieser Weise menschenrechtskonform auszulegen. Andernfalls würde dies bedeuten, dass Flüchtlingen, die nie mehr in ihr Heimatland zurückkehren könnten, das Zusammenleben mit ihrer Familie verwehrt werde. Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 verletze insoweit den Anspruch auf das Familienleben und damit Art. 8 EMRK, als die Kantone gestützt auf die restriktive Bewilligungsordnung der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO) den Familiennachzug verweigern, wie dies vorliegend seit nunmehr drei Jahren der Fall sei. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Schweiz es verantworten könne, Kindern, die in der Schweiz als Flüchtlinge anerkannt würden, wenn sie hierher kommen könnten, die Einreise zu verweigern und damit verhindere, dass sie von ihrem Anspruch Gebrauch machen könnten. Die Folge von Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 sei demnach, dass unmündige Kinder, die hier als Flüchtlinge vor-


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läufig aufgenommen würden, faktisch an der Grenze ausgesperrt würden, weil der zuständige Kanton die Einreise nicht gestatte.

b) Das BFF führt in seiner Vernehmlassung aus, die rechtliche Situation im Bereich des Familiennachzugs bei in der Schweiz vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen sei aus der Sicht der schweizerischen Gesetzgebung klar geregelt. Im Rahmen seiner Rechtsprechung habe sich das Bundesgericht letztmals in einem unveröffentlichten Urteil vom 15. Dezember 1993 explizit zu dieser Frage geäussert. Es habe damals ausdrücklich auf die gefestigte bundesgerichtliche Rechtsprechung verwiesen, wonach sich aus Art. 7 der Verordnung über die vorläufige Aufnahme von Ausländern kein Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung ableiten liesse. Die Verordnungsbestimmung stehe mit der allgemeinen Ordnung von Art. 4 ANAG im Zusammenhang, welcher der Fremdenpolizeibehörde ein grosses Ermessen einräume. Ein rechtlicher Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung lasse sich demgegenüber unter gewissen Umständen aus Art. 8 EMRK ableiten. Voraussetzung sei jedoch, dass die in der Schweiz anwesende ausländische Person über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfüge. Hierbei handle es sich um ein Tatbestandsmerkmal, das sich nicht auf eine gesetzliche Grundlage stütze, sondern vom Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung Strassburgs entwickelt worden sei. Das Bundesgericht habe weiter ausgeführt, dass ein vorläufig aufgenommener Flüchtling über kein solches gefestigtes Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfüge. Er habe nur einen rein faktischen Anspruch auf Verlängerung der vorläufigen Aufnahme. Der Vollzug der Wegweisung sei nur aufgeschoben, weshalb aus diesem Status kein Anspruch auf Familienzusammenführung abgeleitet werden könne. Die ARK habe diese Rechtsprechung in ihren Entscheiden übernommen und verweise in ständiger Praxis auf diese Auslegung von Art. 8 EMRK. Das BFF erwähnt in diesem Zusammenhang ein Urteil der ARK vom 14. Mai 1996 i.S. U.B.Z., eine Publikation von Ph. Grant (L’art. 8 CEDH, les étrangers et les voies de recours au Tribunal fédéral: entre innovation et cul-de-sac, AJP 3/98, S. 269 ff.) und ein Gutachten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (K. Hullmann/R. Mattern/Ch. Levrat, Rechtsprechung der Asylrekurskommission im Jahr 1995, Bern 1996, S. 26 ff.).

Die in der Beschwerdeschrift gestützt auf A. Achermann/Ch. Hausammann (Handbuch des Asylrechts, 2. Auflage, Bern/Stuttgart 1991, S. 127 f.) geäusserte Kritik an Art. 3 Abs. 2 AsylV 1, der gesetzwidrig sei, und an der im Lichte der Rechtsprechung der Strassburger Behörden angeblich unhaltbaren Praxis des Bundesgerichts, sei zu relativieren: Einerseits kritisierten die ge-


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genannten Autoren die Bestimmung in Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 als gesetzwidrig. Weiteren Publikationen in diesem Bereich seien jedoch keine kritischen Hinweise zum Pauschalverweis von Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 auf die Verordnung über die vorläufige Aufnahme von Ausländern zu entnehmen. Es könne demnach nicht davon ausgegangen werden, dass diese Einschätzung einhelliger Lehrmeinung entspreche, wie in der Beschwerde implizit geltend gemacht werde. Auch die in der Beschwerdeschrift erwähnte Publikation von M. Spescha (Abwehrmentalität und Defizite in der ausländerrechtlichen Bewilligungspraxis, AJP 4/97, S. 479 ff.) und die von diesem zitierte Rechtsprechung (der Strassburger Behörden) im Entscheid Gül gegen die Schweiz könnten zu keiner anderen Einschätzung bezüglich der gerügten Rechtsprechung führen. Es sei diesbezüglich auch festzuhalten, dass einerseits die Rechtsprechung des EGMR nicht als gefestigt betrachtet werden könne, andererseits bestünden zwischen dem Gerichtshof und der Europäischen Kommission für Menschenrechte (EKMR) grundsätzliche Differenzen in der Auslegung und Anwendung von Art. 8 EMRK. Zudem sei im zitierten Urteil die Sachlage insofern unterschiedlich, als Riza Gül in der Schweiz eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei.

Die von P. Mock (Convention européenne des droits de l’homme, immigration et droit au respect de la vie familiale, AJP 5/96, S. 541 ff.) gezogene Schlussfolgerung aus dem Begleitbericht der EKMR zum Urteil Gül, wonach ein Anspruch auf Aufenthaltsregelung aus Art. 8 EMRK unter gewissen Umständen sogar bei Nichtbestehen einer ausländerrechtlichen Regelung des Aufenthalts entstehen könne, bedürfe weiterer Relativierung: Im Bereich des Völkerrechts gebe es keine Bestimmung, die einer sich in einem anderen Staat aufhaltenden Person einen grundsätzlichen Anspruch auf Aufenthaltsregelung erteile. Daher habe sich der EGMR in Fragen der Immigration bisher grosse Zurückhaltung auferlegt. Eine grundsätzliche Abweichung von dieser Praxis hätte zur Folge, dass in sämtlichen Mitgliedstaaten, die die EMRK ratifiziert hätten, den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen zum Aufenthalt von Ausländern eine zusätzliche Regelung beigeordnet würde, die den Familiennachzug ungeachtet von fremdenpolizeilichen Aspekten zulassen würde. Das Bundesgericht habe seine Praxis zur Anrufung von Art. 8 EMRK im Anschluss an das Urteil des EGMR i.S. Gül gegen die Schweiz offensichtlich nuanciert. Es bestünden jedoch keine Hinweise auf eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung, welche vorliegend von Bedeutung wäre; das Bundesgericht habe diese explizit bestätigt. Das BFF führt in seiner Vernehmlassung folgende Bundesgerichtsentscheide zur Stützung seiner Position an: Urteil vom 15.12.1993 [2A.229/1993], BGE 119 Ib 91 ff., Urteile vom 15.1.1996 [2A.209/1995] und


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18.1.1996 [2A.417/1995], BGE 121 V 251, E. 3b und c. Im Weiteren verweist es auf die Kritik von M. Schubarth (Europäische Vielfalt und Strassburger Zentralismus, SJZ 93, 1997, S. 385 ff. und 390 ff.), wonach der EGMR im Bereich des Völkerrechts kein europäischer Verfassungsgerichtshof sei. Die EMRK würde völkerrechtlich verbindliche Mindestgarantien einführen, zugleich aber keine Revision oder Reform der innerstaatlichen Rechtsordnungen verlangen.

Die Asylgewährung in der Schweiz sei eine ausländerrechtliche Besserstellung, die aus Art. 4 AsylG fliesse. Der Umstand, dass die Gesetzgebung mit dem Bundesbeschluss über das Asylverfahren vom 22. Juni 1990 (AVB) den Status des vorläufig aufgenommenen Flüchtlings eingeführt habe, zeige auf, dass eine bewusste Unterscheidung zu denjenigen Flüchtlingen habe erzielt werden wollen, die Asyl erhalten hätten. Die mit dieser Ungleichbehandlung bewirkte Schlechterstellung sei im Rahmen der damaligen Gesetzesrevision als völkerrechtskonform erachtet worden. Das BFF zitiert zum Beleg den erläuternden Bericht zu Art. 3 Abs. 2 der revidierten AsylV 1 vom 22. Mai 1991.

Das BFF verweist abschliessend auf die Bestimmungen im totalrevidierten AsylG, welches zur Volksabstimmung am 13. Juni 1999 ansteht, und des Entwurfs der neuen AsylV 1. Die Familienvereinigung von Flüchtlingen, wie sie bisher in Art. 7 AsylG geregelt gewesen sei, solle neu in Art. 51 AsylG unter dem Titel "Familienasyl" aufgenommen werden. Abs. 5 der vorgenannten Bestimmung verweise bezüglich der Familienvereinigung von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen auf eine noch zu schaffende Verordnung. Somit manifestiere sich auch im revidierten AsylG der gesetzgeberische Wille, die Familienzusammenführung bei vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen von derjenigen bei Flüchtlingen, die Asyl erhalten hätten, abzugrenzen. Der Botschaft vom 4. Dezember 1995 zum totalrevidierten AsylG sei zu entnehmen, dass die vorläufig aufgenommenen Flüchtlinge nicht mehr den strengen Bestimmungen der Verordnung über die vorläufige Aufnahme von Ausländern unterstellt werden sollen. Vielmehr solle der Bundesrat die Möglichkeit erhalten, differenziertere und abgestufte Voraussetzungen für eine Familienvereinigung in der Schweiz aufzustellen. Für die Regelung der Familienvereinigung solle ein Verfahren eingeführt werden, das vom Bund durchgeführt werde. Die Kantone würden jedoch die Möglichkeit erhalten, im Rahmen einer Vernehmlassung spezifische Aspekte, wie sie in der BVO geregelt seien, dem Bundesamt zur Kenntnis zu bringen.


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In Anbetracht der aufgezeigten Rechtslage sehe das BFF keine Veranlassung, auf seinen Entscheid vom 19. November 1998 zurückzukommen.

c) Die Beschwerdeführer entgegnen in ihrer Stellungnahme, die Sichtweise des BFF verkenne, dass ein vorläufig aufgenommener Flüchtling unter dem Schutz der Flüchtlingskonvention sowie von Art. 3 EMRK und Art. 45 AsylG stehe. Er dürfe grundsätzlich nicht in das Verfolgerland zurückgeschickt werden, wobei bei einer allgemeinen Veränderung der Lage im Heimatland für sämtliche Flüchtlinge dieselben Überprüfungskriterien heranzuziehen seien. Die inländische Konstruktion, dass ein gefestigtes Anwesenheitsrecht nur bei Schweizern, Niedergelassenen oder Flüchtlingen mit B-Bewilligung vorliegen solle, widerspreche den Bestimmungen der erwähnten Konventionen. Gerade aus diesem Grund sei wohl im zitierten Art. 51 des totalrevidierten AsylG die "Familienvereinigung von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen" nicht mehr den strengen Bestimmungen der kritisierten Verordnung über die vorläufige Aufnahme von Ausländern unterstellt. Die Familie T. würde diese neuen Voraussetzungen vollumfänglich erfüllen. Im Hinblick auf die politische Entscheidung, die bereits zugunsten des Familiennachzugs für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge gefallen sei, sollte auf die bisherige (völkerrechtswidrige) Rechtsprechung nicht mehr abgestellt werden. Einer völkerrechtskonformen Auslegung des heute geltenden Rechts sollte nichts im Wege stehen.

4. a) aa) Die Voraussetzungen für den Einbezug der Kinder in die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer nach Art. 3 Abs. 3 AsylG wären, dass die Flüchtlingseigenschaft der Einbezieher (der Beschwerdeführer) von der Schweiz anerkannt und ihnen in der Schweiz entweder Asyl oder die vorläufige Aufnahme erteilt worden ist. Zudem müssten sich sowohl die Einbezieher als auch die Einzubeziehenden (die Kinder der Beschwerdeführer) in der Schweiz aufhalten. Dabei können die Einbezieher nur diejenigen Rechte weiter geben, die sie selber haben, das heisst, dass im Rahmen eines Einbezugs neben der Flüchtlingseigenschaft nichts anderes als der dem Einbezieher gewährte Status erlangt werden kann (EMARK 1993 Nr. 24, Erw. 9, S. 170 ff.). Gesuchsteller ist entweder der Flüchtling (Einbezieher) oder derjenige, der sich in die Flüchtlingseigenschaft einbeziehen lassen will (Einzubeziehender).

bb) Voraussetzung für eine Familienvereinigung ist nach dem Wortlaut von Art. 7 AsylG, dass die Flüchtlingseigenschaft der Einbezieher von der Schweiz anerkannt ist. Hinzu kommt, dass die Einbezieher und die Einzubeziehenden durch die Flucht getrennt worden sein müssen und sich in der Schweiz vereinigen wollen, woraus hervorgeht, dass sich die Einbezieher in der Schweiz und


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die Einzubeziehenden im Ausland aufhalten müssen. Resultat der Familienvereinigung in der Schweiz nach Art. 7 AsylG ist die Asylgewährung. Gesuchsteller ist der Flüchtling (Einbezieher) oder derjenige, der sich zwecks Einbeziehung in die Flüchtlingseigenschaft mit dem Flüchtling in der Schweiz vereinigen will (Einzubeziehender).

cc) Für die Einreichung eines Asylgesuchs aus dem Ausland (vgl. Art. 13a und 13b AsylG) ist vorausgesetzt, dass sich die Gesuchsteller (Kinder der Beschwerdeführer) im Ausland befinden, eigene Verfolgungsgründe im Sinne von Art. 3 AsylG geltend machen und zudem eine besondere Nähe zur Schweiz (beispielsweise nahe Angehörige) dartun können. Gesuchsteller ist derjenige, der die Schweiz um Einreise zwecks Anerkennung als Flüchtling und Erteilung des Asyls ersucht.

dd) Vorliegend ist festzustellen, dass die Beschwerdeführer in ihrer an das BFF gerichteten Eingabe vom 10. August 1998 im eigenen Namen - und nicht etwa in Stellvertretung ihrer Kinder - intervenieren und sich lediglich auf Art. 3 Abs. 3 (Begehren um Bewilligung der Einreise in die Schweiz für ihre drei in der Türkei lebenden Kinder zwecks Anerkennung als Flüchtlinge) berufen. Die Kinder betreffende Verfolgungsgründe werden keine geltend gemacht; sie werden auch nicht als Gesuchsteller aufgeführt. Auch in der Beschwerde wird formell und materiell ausschliesslich mit der oben genannten Gesetzesbestimmung und mit Art. 7 AsylG (Familienvereinigung) argumentiert; den Eingaben ist kein Hinweis zu entnehmen, wonach das Gesuch im Namen der Kinder gestellt worden sei oder deren Flüchtlingseigenschaft behauptet werde.

Damit ergibt sich vorab, dass es sich beim Begehren der Beschwerdeführer - auch unter Beachtung des Urteils vom 8. Juli 1997 i.S. A.B. (EMARK 1997 Nr. 15, Erw. 2b, S. 126 ff.), wonach ein Asylgesuch aus dem Ausland, das fälschlicherweise beim BFF eingereicht worden ist, dennoch entgegenzunehmen ist - mangels Geltendmachung eigener Verfolgungsgründe und zufolge ausdrücklicher Berufung auf anderweitige Bestimmungen jedenfalls nicht um ein im Namen der Kinder gestelltes Asylgesuch aus dem Ausland handelt. Mangels Aufenthaltes der Kinder in der Schweiz (Sachurteilsvoraussetzung) liegt auch kein Gesuch nach Art. 3 Abs. 3 AsylG vor.

Zu prüfen bleibt, ob sich die Beschwerdeführer zu Recht unter Geltendmachung der Gesetzwidrigkeit von Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 direkt auf Art. 7 Abs. 1 AsylG berufen können, das heisst ob diese Gesetzesbestimmung auch sinngemäss - nämlich statt auf das gesetzlich vorgesehene Resultat der Asylgewäh-


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rung hin auch im Hinblick auf die Erteilung der (den Eltern bereits erteilten) vorläufigen Aufnahme - angewendet werden kann respektive soll.

b) Während im Asylgesetz keine Bestimmung zu finden ist, die explizit die Familienvereinigung von Angehörigen vorläufig aufgenommener Flüchtlinge regelt, richtet sich gemäss Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 die Familienvereinigung in solchen Fällen nach den in Art. 7 der Verordnung vom 25. November 1987 über die vorläufige Aufnahme von Ausländern genannten Regeln.

aa) Laut Art. 7 dieser Verordnung kann die kantonale Fremdenpolizeibehörde vorläufig aufgenommenen Ausländern den Familiennachzug nach den Art. 38 und 39 BVO bewilligen, wenn sie bereit ist, dem Ausländer vorgängig eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen (Bst. a), das Bundesamt festgestellt hat, dass die Wegweisung des Ausländers längerfristig nicht vollzogen werden kann (Bst. b), und das Bundesamt für Ausländerfragen im Rahmen der Zustimmung nach Art. 13 Bst. f BVO und Art. 36 BVO feststellt, dass keine Gründe zur Einschränkung des Anspruchs auf Achtung des Familienlebens bestehen (Bst. c). Dieser Verordnungsartikel ist als Kann-Bestimmung abgefasst; die drei Bedingungen sind nach grammatikalischer Auslegung als kumulative Voraussetzungen zu verstehen.

bb) Der unter Hinweis auf A. Achermann/Ch. Hausammann (a.a.O., S. 123) vertretenen Auffassung der Beschwerdeführer, Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 verstosse gegen internationales Recht und sei gesetzwidrig, kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Zum einen beinhaltet diese Bestimmung nichts anderes als eine Zuweisung der Thematik "Familienvereinigung von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen" ins allgemeine Ausländerrecht und damit in die Zuständigkeit der entsprechenden ausländerrechtlichen Behörden auf Kantons- und Bundesebene. Unter Vorbe-halt von Art. 13 EMRK bleibt es den Signatarstaaten - in Frage kommen vorliegend die EMRK (Art. 8) sowie die FK (Art. 7 Abs. 1 sowie Empfehlung B zur FK und der Beschlüsse des Exekutiv-Komitees) - grundsätzlich alleine überlassen, die landesinterne Zuständigkeit für den Entscheid über die Geltendmachung von Konventionsansprüchen zu regeln. Wenn gemäss der fraglichen Bestimmung das allgemeine Ausländerrecht als anwendbar bezeichnet wird, mit der Konsequenz, dass die nach diesem Recht für die Behandlung solcher Fälle zuständigen kantonalen und eidgenössischen Behörden sich mit der Angelegenheit zu beschäftigen haben, so sind diese ebenso verpflichtet, die sich für die Schweiz ergebenden internationalen Verpflichtungen


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einzuhalten, wie es die Asylbehörden sind. Sollte sich beispielsweise ein Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK ergeben, steht für die Gesuchsteller der Rechtsweg bis hin ans Bundesgericht offen, womit Art. 13 EMRK Genüge getan wird.

Zum anderen ist hinsichtlich der Frage der Vereinbarkeit von Art. 3 Abs. 2 AsylV 1 mit den gesetzlichen Bestimmungen - insbesondere mit Art. 7 Abs. 1 AsylG - auszuführen, dass in der Expertenkommission, die den Entwurf zum Bundesbeschluss über das Asylverfahren (AVB) vom 25. April 1990 ausgearbeitet hat, eine strikte Leitlinie bezüglich der Rechte von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen eingehalten wurde: Es war das erklärte und kodifizierte Ziel, denjenigen Flüchtlingen, denen wegen Asylausschlussgründen kein Asyl gewährt wurde, nur gerade diejenigen Rechte zuzugestehen, die man ihnen aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention (FK) zugestehen muss. Dieser vom Gesetzgeber übernommene Wille geht aus der Formulierung der Art. 7, 8, 8a und 24-30 AsylG hervor und findet sich wörtlich in der Botschaft zum AVB: "Flüchtlinge, denen aufgrund der Asylausschlussgründe kein Asyl gewährt wird, die aber dennoch in unserem Land verbleiben dürfen, können sich hinsichtlich ihrer Rechtsstellung auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen. (...) Bestimmungen des Asylgesetzes, welche über die Minimalgarantien der Flüchtlingskonvention hinausgehen, sollen jedoch denjenigen Flüchtlingen vorbehalten bleiben, denen die Schweiz Asyl gewährt" (BBl 1990 II 658). Dementsprechend wurden alle Artikel, die Rechte der Flüchtlinge enthalten, auf die Überprüfung der Frage hin durchgekämmt, ob diese Rechte erteilt werden müssen. Bezüglich der Familienvereinigung kamen die Expertenkommission und in der Folge das Parlament zum Schluss, dass dies kein Recht ist, das nach der FK an die Flüchtlingseigenschaft anknüpft. Eine Änderung des Wortlauts von Art. 7 Abs. 1 AsylG hielt man deshalb nicht für nötig, weil in der besagten Bestimmung die Asylgewährung erwähnt wird, womit sich in Kombination mit dem Prinzip, dass von einem Berechtigten nicht mehr Rechte abgeleitet werden können als er selber innehat, klar ergibt, dass der in der Schweiz anerkannte Flüchtling seinerseits in den Genuss des Asyls gekommen sein muss, um diesen Status weitergeben zu können. Dies entspricht auch der geltenden Praxis der ARK (vgl. EMARK 1993 Nr. 24, S. 170 ff., Erw. 9). Hätte man die Familienvereinigung auch für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge im Asylgesetz vorsehen wollen, wäre Art. 7 Abs. 1 AsylG wohl in etwa so formuliert worden: "Ehegatten von Flüchtlingen und ihren minderjährigen Kindern wird Asyl beziehungsweise die vorläufige Aufnahme gewährt, wenn ...". Man war sich dabei sehr wohl bewusst, dass der Anspruch auf Einbezug durch vollzogene (allenfalls illegale) Einreise erzwungen werden kann oder


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dass sich über das Mittel des Asylgesuches aus dem Ausland (vgl. EMARK 1997 Nr. 15, S. 126 ff.) eine Türe öffnen könnte. Dies wurde in Kauf genommen zugunsten des Prinzips, vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen - die man ja nur aus der Verpflichtung zur Einhaltung des flüchtlingsrechtlichen Refoulement-Verbotes in der Schweiz dulden muss - über die asylrechtlichen Bestimmungen nur das zu geben, was man ihnen nicht verwehren darf. Eine direkte Abstützung des Begehrens um Familiennachzug auf Art. 7 AsylG ist den Beschwerdeführern somit verwehrt.

Aus der parlamentarischen Beratung der aktuellen Asylgesetzrevision geht hervor, dass sowohl die Gegner wie die Befürworter einer Ungleichbehandlung davon ausgehen, dass nach geltendem Recht eine Schlechterbehandlung der Flüchtlinge mit vorläufiger Aufnahme gegenüber denen, die Asyl erhalten haben, gewollt war. Der von einer nationalrätlichen Minderheit eingebrachte Antrag auf gesetzliche Einführung der Gleichbehandlung wurde abgelehnt (vgl. Amtl. Bull. Nationalrat 1997, S. 1240 f.), und Art. 51 Abs. 5 des in Revision stehenden Asylgesetzes, welcher dem Bundesrat die Kompetenz zur Regelung der Voraussetzungen des Familiennachzugs vorläufig aufgenommener Flüchtlinge überträgt, blieb bestehen. Der vom Parlament verabschiedete neue Art. 51 Abs. 1 - ob er dann auch in Kraft treten wird oder nicht, wird sich bei der Volksabstimmung über die Gesetzesrevision vom 13. Juni 1999 zeigen - entspricht hinsichtlich der Umschreibung der Zielgruppe (nämlich Ehegatten und Kinder von Flüchtlingen, denen Asyl gewährt worden ist) der bisherigen Formulierung von Art. 7 Abs. 1 AsylG. Der heutige Gesetzgeber, welcher ja weitgehend mit demjenigen von 1990 (AVB) identisch ist, versteht also den geltenden Art. 7 Abs. 1 AsylG in der oben dargelegten Weise. Dass er die Familienvereinigung von vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen neu ins Asylrecht überführen will, zeigt zwar, dass er die bisherige Regelung ändern und wohl auch die restriktive Praxis lockern will, hat aber keinen Einfluss auf die geltende Rechtslage.

c) aa) In der kürzlich erschienenen Abhandlung von W. Kälin/M. Caroni (Diskriminierungsverbot und Familiennachzug, in: TANGRAM, Bulletin der Eidg. Kommission gegen Rassismus, Nr. 4, März 1998, S. 31 f.) wird darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung von Flüchtlingen, die Asyl erhalten haben, und solchen, denen nur die vorläufige Aufnahme erteilt worden ist, gewollt hat, da er Ersteren aus humanitären Gründen eine privilegierte Rechtsstellung einräumen wollte, während Letzteren, deren Aufnahme die Schweiz nur notgedrungen aus der Verpflichtung der Einhaltung des Non-refoulement-Prinzips heraus duldet, diese Privilegierung versagt bleibt.


nextprevioustop  1999 / 10 - 073

Die Autoren verneinen eine Diskriminierung und bezeichnen die rechtliche Ungleichbehandlung als im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (insbes. BGE 123 I 19, E. 3c, S. 23) gerechtfertigt. Sie stellen weiter fest, dass die aus dieser Ungleichbehandlung für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge bei der Regelung des Familiennachzugs resultierende Härte dadurch gemildert werde, dass ihres Erachtens "wenigstens bei längerem Aufenthalt Flüchtlingen mit vorläufiger Aufnahme der Familiennachzug gestützt auf die Garantie des Familienschutzes gemäss Art. 8 EMRK gewährt werden müsse".

bb) Auch wenn den in der Literatur vertretenen Auffassungen, dass unter gewissen Umständen auch vorläufig aufgenommene Flüchtlinge einen Anspruch auf Familiennachzug hätten (vgl. dazu die weiteren Literaturangaben in der ausführlichen Vernehmlassung des BFF), zugestimmt würde, und selbst wenn man die Argumentation weitertreiben und die These aufstellen würde, den vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen käme aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz de facto der nämliche Anspruch zu wie ihn die Flüchtlinge mit Asylstatus aufgrund der asylrechtlichen Spezialbestimmung haben, führte dies hinsichtlich der Frage der anzuwendenden Verfahrensbestimmungen und mithin der sie anzuwendenden Behörden zu keinen anderen Erkenntnissen. Solche Überlegungen mögen der zuständigen kantonalen Behörde beziehungsweise ihren Oberinstanzen als Hilfe bei der Entscheidfindung betreffend völkerrechtlichen Anspruch oder allenfalls gebotener Billigkeit dienen, wobei neben Art. 8 EMRK insbesondere die Begünstigtenklausel von Art. 7 FK (die den Signatarstaaten gebietet, Flüchtlingen die Behandlung zuteil werden zu lassen, die sie Ausländern im Allgemeinen gewähren) von Bedeutung sein wird. Welche Instanz über den Familiennachzug zu befinden und diese Prinzipien zu berücksichtigen hat respektive weshalb dies nicht die kantonale Behörde sein dürfe, wird aber damit in keiner Weise bestimmt.

d) aa) Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich zusammenfassend, dass das BFF das auf das Asylgesetz abgestützte Gesuch der Beschwerdeführer um Familiennachzug zu Recht abgewiesen hat. Ob sich für die Beschwerdeführer allenfalls ein Anspruch aus dem Völkerrecht auf Familiennachzug beziehungsweise Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ergibt, wird gegebenenfalls von den Ausländerbehörden zu prüfen sein, welche für die Behandlung eines allfälligen, auf Art. 7 der Verordnung über die vorläufige Aufnahme von Ausländern basierenden Gesuchs um Familiennachzug zuständig sind.

bb) Mit obigen Ausführungen wird im Übrigen nicht gesagt, dass das BFF fortan alle Familienvereinigungsgesuche vorläufig aufgenommener Flüchtlinge


nextprevioustop  1999 / 10 - 074

mittels materieller Abweisung zu erledigen habe. Es wird solche Gesuche künftig formlos (Art. 8 Abs. 1 VwVG) beziehungsweise - falls dies verlangt wird - mittels anfechtbarer Nichteintretensverfügung (Art. 9 Abs. 2 VwVG) an die für das entsprechende ausländerrechtliche Verfahren zuständige kantonale Behörde überweisen können.

topprevious


© 04.06.02