1995 / 24 - 228

previous next

Unter dem Begriff der "Einheit der Familie" ist zu verstehen, dass Familienmitglieder nicht voneinander getrennt werden, sondern faktisch zusammen leben können, und dass der Familie nach Möglichkeit ein einheitlicher Rechtsstatus eingeräumt wird (P. Zimmermann, Der Grundsatz der Familieneinheit im Asylrecht der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz, Berlin 1991, S. 94; S. Werenfels, Der Begriff des Flüchtlings im schweizerischen Asylrecht, Bern u.a. 1987, S. 141, 377; Botschaft zum Asylgesetz vom 31. August 1977, BBl 1977 III 117).

8. - Das Bundesgericht anerkennt in seiner mit BGE 109 Ib 183 ff. eingeleiteten und seither bestätigten Rechtsprechung, dass Artikel 8 EMRK unter gewissen Voraussetzungen einem Ausländer einen - nur unter den Voraussetzungen von Artikel 8 Absatz 2 EMRK beschränkbaren - Anspruch auf eine Anwesenheitsberechtigung in der Schweiz verleiht. Dies ist der Fall, wenn eine Ehe oder ein Elternverhältnis (auch zwischen dem Kind und dem Elternteil, der die elterliche Gewalt und Obhut nicht besitzt) tatsächlich gelebt wird und intakt erscheint und wenn ein Familienmitglied in der Schweiz ein gefestigtes Anwesenheitsrecht - die schweizerische Staatsangehörigkeit, die Niederlassungsbewilligung oder eine Aufenthaltsbewilligung, auf deren Verlängerung ein Anspruch besteht - besitzt (vgl. zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend Artikel 8 EMRK: A. Koller, Die Reneja-Praxis des Bundesgerichts, in ZBl 1985 S. 513 ff.; A. Koller, Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung, in SJZ 1990 S. 353 ff.; P. Kottusch, Zur rechtlichen Regelung des Familiennachzugs von Ausländern, in ZBl 1989 S. 342 ff.; L. Wildhaber/S. Breitenmoser, Kommentierung von Art. 8 EMRK, in: Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Köln u.a. 1992, S. 154 f. N 425 ff.; S. Breitenmoser, Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in der Schweizer Rechtsprechung zum Ausländerrecht, in EuGRZ 1993 S. 537 ff.; P. Mock, Mesures de police des étrangers et respect de la vie privée et familiale, in ZSR 1993 S. 95 ff.). Seit der Revision des Bürgerrechtsgesetzes und der damit verbundenen Teilrevision des ANAG vom 23. März 1990, in Kraft getreten am 1. Januar 1992, gewähren die Artikel 7 und 17 Absatz 2 ANAG einen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Ehepartner eines Schweizer Bürgers oder eines in der Schweiz Niedergelassenen (sowie einen Anspruch für ledige Kinder unter 18 Jahren auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung der Eltern [Art. 17 Abs. 2 ANAG]); weiterhin direkt aus Artikel 8 EMRK ergibt sich, mangels gesetzlicher Regelung im ANAG, der Anspruch des (nicht verheirateten oder geschiedenen) Elternteils auf eine Anwesenheitsberechtigung, der sich auf seine ge-