1995 / 6 - 61

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und der Parteistellung beteiligt, weil sie "fernerhin in Wahrung der überantworteten Verwaltungsinteressen tätig" sein muss (vgl. P. Saladin, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Bern 1979, S. 204). Das Vernehmlassungsverfahren ermöglicht somit einerseits der Vorinstanz, sich zu den vorgebrachten Rügen äussern zu können und andererseits dient der Schriftenwechsel der Rechtsmittelinstanz zur richtigen Sachverhaltsabklärung (in diesem Sinne: A. Kölz/I. Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S. 174). Darüberhinaus ermöglicht es der Aufschub des Devolutionseffekts der Verwaltung, bei besseren Erkenntnissen auf ihren Entscheid zurückzukommen und damit im allgemeinen (Verwaltungs-) Interesse unnötige Weiterungen des Verfahrens zu verhindern. Aus dem Gesagten kann somit abgeleitet werden, dass ergänzende Abklärungen der Vorinstanz im Rahmen der Vernehmlassung grundsätzlich möglich und mit Artikel 54 VwVG vereinbar sind. Diese grundsätzlich durch das Ende der Vernehmlassungsfrist begrenzte Möglichkeit der Vorinstanz lebt dann wieder auf, wenn in einer späteren Verfahrensstufe eine weitere - fakultative - Vernehmlassung in Anwendung von Artikel 57 Absatz 2 VwVG eingeholt wird; entsprechend wird auch der bereits eingetretene Devolutionseffekt wieder aufgehoben und dessen Wiedereintritt bis zum Ende der neuen Vernehmlassungsfrist aufgeschoben.

c) Damit ist aber nicht auch gesagt, dass von der Vorinstanz im Rahmen der Vernehmlassung in eigener Regie veranlasste ergänzende Abklärungen in jedem Fall uneingeschränkt und ohne weitere Folgen zulässig sind. Bejaht werden kann dies zunächst sicher für Zusatzabklärungen zu Nebenfragen. Zulässig müssen ergänzende Abklärungen auch sein, soweit sie durch (seit Erlass der angefochtenen Verfügung erlangte) neue eigene Erkenntnisse der Vorinstanz oder durch neue oder gegenüber früher anders gewichtete Vorbringen in der Beschwerde begründet sind. In einem solchen Fall muss es der Vorinstanz möglich und erlaubt sein, als Grundlage für einen sorgfältigen Entscheid über eine allfällige Wiedererwägung im Sinne von Artikel 58 Absatz 1 VwVG ihren Standpunkt mittels eventueller weiterer Abklärungen zu überprüfen. Fragwürdig können Zusatzabklärungen im Rahmen der Vernehmlassung jedoch erscheinen, wenn sie wesentliche Fragen betreffen, welche sich die Vorinstanz offensichtlich schon früher hätte stellen können oder müssen. Liegen nämlich keine gewichtigen Gründe in vorerwähntem Sinne vor, so wird in der Regel aus erfolgten Zusatzabklärungen auf eine vorangegangene Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes zu schliessen sein. Es stellt sich deshalb die Frage, ob in einem solchen Fall wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften eine Kassation zu erfolgen hat.