1994 / 17 - 136

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somit auch die sich im Ausland befindenden Familienangehörigen - in Ungnade gefallen ist (vgl. A. Achermann/Ch. Hausammann, a.a.O., S. 111).

Es ist bekannt, dass die türkischen Behörden und insbesondere die Sicherheitskräfte äusserst rigoros gegen Mitglieder der PKK vorgehen. Auch Personen, die in irgendeiner Weise in Verbindung mit der PKK gebracht werden, z.B. wenn sie in Verdacht stehen, deren Mitglieder aktiv oder logistisch zu unterstützen, werden teilweise massiv behelligt. Diese Behelligungen erstrecken sich nicht selten auch auf nahe Angehörige. Auch wenn die Sippenhaft im juristisch-technischen Sinn (als gesetzlich erlaubte Haftbarmachung einer ganze Sippe/Familie für Vergehen einzelner Angehöriger) in der Türkei nicht existiert, ist bekannt, dass "Sippenhaft" (als polizeiliche Repressalien gegen Familienangehörige politischer Aktivisten) in der Form der Reflexverfolgung angewandt wird. Diese Art der "Sippenhaft" im Sinne einer Reflexverfolgung ist insbesondere für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung im Sinne von Artikel 3 AsylG relevant. Der Bruder der Beschwerdeführerin, V. T., ist nach seiner Rückführung in die Türkei im Jahre 1988 in ein Strafverfahren betreffend Unterstützungsleistungen an die PKK verwickelt worden. Aufgrund der besonderen Umstände wurde das Schicksal von V. T. nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der Türkei einer breiteren Oeffentlichkeit bekannt. Allein der Umstand, dass die Beschwerdeführerin mit V. T. verwandt ist, vermag für sich allein zwar noch nicht die Annahme einer begründeten Furcht zu rechtfertigen. Gemäss Angaben der Beschwerdeführerin wohnen zwei ihrer Brüder, beide Schwestern sowie ihre Mutter in der Türkei, wobei alle bis auf eine Schwester im Heimatdorf geblieben sind. Ob diese Familienangehörigen aufgrund ihrer Verwandtschaft zu V. T. in asylrelevanter Weise behelligt worden sind, steht zwar nicht mit Sicherheit fest. Indessen ergeben sich aus den beigezogenen Akten von V. T. Indizien hiefür. Sodann ist festzustellen, dass insgesamt vier Brüder der Beschwerdeführerin seit längerer Zeit im Ausland leben, wovon mindestens einer von den türkischen Behörden mit der PKK in Verbindung gebracht wird beziehungsweise gebracht worden ist. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Türkei durch die dortigen Sicherheitskräfte nach dem Verbleib ihrer Brüder und insbesondere nach demjenigen des Bruders V. T. sowie nach dessen politischen Aktivitäten befragt und auch unter Druck gesetzt würde. Insbesondere scheint es durchaus nachvollziehbar, dass die türkischen Behörden davon überzeugt sein werden, die Beschwerdeführerin sei während ihres Aufenthaltes in der Schweiz in Kontakt mit V. T. gestanden und besitze somit auch - im Gegensatz zu den im Heimatland verbliebenen Geschwistern - Kenntnisse über seine Beziehungen zur PKK. Dies umso mehr,