1994 / 17 - 135

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Bruder V. T. sei nach dessen Rückschiebung in die Türkei in menschenrechtswidriger Art und Weise behandelt worden, so dass sein zweites Asylgesuch in der Schweiz schliesslich gutgeheissen worden sei. Aufgrund der in der Türkei in politischen Angelegenheiten praktizierten Sippenhaft sei die Gefährdung der Beschwerdeführerin offensichtlich. In der Eingabe vom 2. April 1993 wird ferner angeführt, dass weitere Brüder im Ausland Asyl erhalten hätten. Sämtliche Familienmitglieder der Beschwerdeführerin seien aufgrund der politischen Aktivitäten der Brüder auf das Aeusserste gefährdet. 

(...) Objektive Nachfluchtgründe nehmen Bezug auf Ereignisse im Heimatland, welche sich erst nach der Ausreise des Ausländers und unabhängig von dessen Verhalten ereignet haben und ihn bei einer Rückkehr in den Heimatstaat in eine asylrelevante Verfolgungssituation bringen würden. Bei diesen Fällen wird bezüglich der Beurteilung der begründeten Furcht vor Verfolgung auf den Zeitpunkt der Entscheidfällung abgestellt (vgl. W. Kälin, a.a.O., S. 131). 

Zunächst stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Ausreise begründete Furcht hatte, in asylrelevanter Weise verfolgt zu werden. (...)

[Ausführungen zum Begriff der "begründeten Furcht".] 

Aufgrund der Aktenlage ergeben sich indessen keinerlei Hinweise dafür, dass die Beschwerdeführerin gestützt auf die erlebten Behelligungen Grund zur Annahme haben musste, künftig Nachteilen im Sinne von Artikel 3 AsylG ausgesetzt zu werden.

Die Beschwerdeführerin hat im Jahre 1988 die Türkei verlassen. Gegen ihren Bruder V. T. wurde 1989 in der Türkei - nach dessen Rückschiebung - Anklage wegen Hilfeleistungen an die PKK erhoben. Insbesondere wurde er verdächtigt, von der PKK zu Spitzelzwecken zurück in die Türkei geschickt worden zu sein. Trotz Freispruch fühlte sich V. T. durch die türkischen Sicherheitskräfte weiterhin observiert, so dass er 1990 sein Heimatland erneut verliess. Dieses Ereignis trug sich erst nach der Ausreise der Beschwerdeführerin zu, weshalb zu prüfen ist, ob damit ein objektiver Nachfluchtgrund für die Beschwerdeführerin begründet wurde. Bei Vorliegen eines objektiven Nachfluchtgrundes wird im Ergebnis Asyl gewährt, wenn die Furcht vor Verfolgung im Zeitpunkt des Asylentscheides begründet ist (vgl. W. Kälin, a.a.O., S. 131). Ein objektiver Nachfluchtgrund wird unter anderem darin gesehen, wenn durch das Verhalten eines Familienmitgliedes die ganze Familie - und